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Koalitionsverhandlungen
Zähes Ringen auf den letzten Metern

Auch am voraussichtlich letzten Tag der Koalitionsverhandlungen quietscht es noch zwischen Union und SPD, unter anderem bei Arbeitsrecht, Gesundheitspolitik und dem Dauerthema Geld. Die Nacht wird wohl noch einmal lang für die Verhandler.

Von Katharina Hamberger | 06.02.2018
    Der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz spricht zu Beginn der Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD vor der CDU-Parteizentrale.
    SPD-Chef Martin Schulz sagte zur Beginn den Endspurts der Koalitionsverhandlungen, "dass wir gut beraten waren, uns Reservetage einzuräumen". (dpa-Bildfunk / Kay Nietfeld)
    Oft fährt CDU-Chefin Angela Merkel an den wartenden Journalisten vorbei direkt in die Tiefgarage. Heute allerdings nicht. Als sie am Vormittag vor die Mikrofone tritt, sagt die geschäftsführende Regierungschefin:
    "Wir sind jetzt in der entscheidenden Phase der Koalitionsverhandlungen. Das spürt, glaube ich, jeder."
    Auch SPD-Chef Martin Schulz scheint ähnliche Gefühle wie die CDU-Chefin zu haben:
    "Ich glaube, dass wir heute den tag der Entscheidung darüber haben werden, ob die drei Parteien, CDU, CSU und SPD eine gemeinsamen Koalitionsvertrag abschließen, auf dessen Grundlage eine stabile Regierung für die Bundesrepublik Deutschland gebildet werden kann", so Schulz.
    Und die CSU findet nochmal eine ganz eigene Umschreibung für Bedeutung des heutigen Verhandlungstages. Generalsekretär Andreas Scheuer und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt:
    Scheuer: "Als alter Basketballer würde ich jetzt mal sagen: It’s Crunchtime, also die entscheidende Phase."
    Dobrindt: "Alle sind jetzt gefordert sich aus ihren Schützengräben rauszubewegen. Eingraben geht jetzt nicht mehr. Und ja, die Stunde der Wahrheit, die naht."
    Zwei Tage sind Union und SPD bereits über dem ursprünglichen Termin, zu dem sie fertig sein wollten – und nutzen damit die beiden für den Notfall eingeplanten Puffertage.
    Verhandeln, bis es quietscht
    "Wir sehen heute, dass wir gut beraten waren, uns Reservetage einzuräumen, weil auch für die Unionsparteien ersichtlich wurde, dass man diese Tage braucht und sie deshalb braucht, weil man eine seriöse Grundlage bilden will für die zukünftige Regierung", sagte SPD-Chef Schulz. Der sich, wie die meisten Verhandlungsteilnehmer optimistisch gibt.
    Und das, obwohl nach mehr als einer Woche noch einige Baustellen offen sind. Neben der Außenpolitik stehen noch die Gesundheitspolitik und das Arbeitsrecht auf der Tagesordnung. Vor allem bei diesen beiden Punkten ist das passiert, was SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles auf dem Parteitag der Sozialdemokraten schon angekündigt hatte: "Wir werden verhandeln, bis es quietscht auf der anderen Seite."
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt zu den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD in der CDU-Parteizentrale.
    Merkel stimmte Dienstag früh auf "schmerzhafte Kompromisse" ein (dpa-Bildfunk / Kay Nietfeld)
    Nun quietscht es auf beiden Seiten. Die SPD will für eine Weichenstellung in Richtung Bürgerversicherung kämpfen und für die Abschaffung sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge, die Union hält von beidem nicht viel. Vor allem gegen eine Bürgerversicherung wehren sich CDU und CSU vehement.
    Allerdings ist auch klar, dass ein Kompromiss so gestaltet sein muss, dass er die SPD-Basis überzeugen kann. Denn die soll noch über einen möglichen Koalitionsvertrag abstimmen. Einfach wird der heutige Tag also für beide Seiten nicht:
    "Jeder von uns wird schmerzhafte Kompromisse noch machen müssen. Dazu bin ich auch bereit, wenn wir sicherstellen können, dass die Vorteile zum Schluss die Nachteile überwiegen", meint CDU-Chefin Merkel.
    Auch Dauerthema Geld steht noch an
    Neben den sozialpolitischen, großen Themen geht es auch noch um das Dauerthema Geld, also die Frage, wie viel diese Koalition tatsächlich ausgeben können wird. Ebenso soll festgelegt werden, wie die Ministerien zugeschnitten werden – und welche Partei sie bekommen soll.
    Einige der Verhandlungsteilnehmer, wie CSU-Generalsekretär Scheuer rechnen deshalb damit, dass man heute nicht schnell zu einem Ende kommt:"Die Nacht wird lang."