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Koch-Brüder
Milliardäre mit politischem Einfluss und rechtem Erbe

Jane Mayer beschreibt ihrem Buch "Dunkles Geld - Die verborgene Geschichte hinter dem Aufstieg der radi­kalen Rechten" die Macht der Koch-Brüder. Charles und David Koch stehen Koch Industries vor und stecken viel Geld die US-Politik, in Kandidaten, Verbände und Denkfabriken. Sie sind gegen Steuern und Umweltauflagen, gegen Klimaschutz und für freies Unternehmertum.

Von Andreas Horchler | 22.01.2016
    Dem Zirkel der Superreichen um Charles Koch geht es nicht nur um Wahlen. Sie wollen Einfluss darauf nehmen, wie Amerika denkt. Sie investieren Milliarden. Aufstieg und Prägung der Familie begannen vor über 80 Jahren. Jane Mayer:
    "Frank Koch, der Patriarch der Familie, war Experte für Ölraffinerien. Er und sein Freund William Rhodes Davis wollten 1934 und 35 eine solche Raffinerie in Deutschland bauen. 1933 war Adolf Hitler Kanzler des Dritten Reichs geworden. Also waren sie im Dritten Reich aktiv. Für die Genehmigung mussten sie bei Hitler persönlich vorsprechen. William Rhodes Davis begrüßte ihn mit dem Hitlergruß. Am Ende erhielten sie grünes Licht für ihr Projekt und durften eine Ölraffinerie in Hamburg bauen."
    In sechs Jahren Recherche fand Mayer heraus, dass die Hamburger Raffinerie Flugbenzin für Hitlers Luftwaffe produzierte. Die Anschuldigungen seien verwerflich und falsch, reagierte Koch Industries auf das Buch. Gerade die konstruierte Verbindung zum nationalsozialistischen Deutschland stehe für die niedrigste Form des Journalismus.
    Das Wertesystem vom Vater übernommen
    Aus Archivunterlagen werde deutlich, dass der Vertrag über die Hamburger Raffinerie fast sechs Jahre vor Kriegsbeginn unterzeichnet wurde und das andere Firmen wir Coca Cola, Ford oder IBM anders als Koch auch während des Zweiten Weltkrieges noch Geschäfte mit den Nazis machten.
    David Koch, der jüngere der Brüder, die über ein weltweit agierendes Unternehmensgeflecht mit 100.000 Beschäftigten gebietet bekennt: Er habe sein Wertesystem vom Vater übernommen und sei diesen Werten und Überzeugungen sein ganzes Leben lang gefolgt.
    Dieses konservative Wertesystem brachte die Brüder aus Kansas dazu, in bis dahin unbekanntem Ausmaß politischen Einfluss zu nehmen. Auf Politiker, Kandidaten, über Think Tanks, die Medien. Kopf der politischen Maßnahmen ist Charles Koch. Er will den Staat zurückdrängen, tritt für geringe Steuern und eine Ölindustrie ein, die sich ohne gesetzliche Auflagen frei entfalten kann. Schließlich besteht das Geschäft von Koch Industries bis heute im Kern aus Öl, Pipelines und Raffinerien. Den Vorwurf, verschleiert dreistellige Millionenbeträge für politische Lobbyarbeit auszugeben, weist er zurück.
    Bei den Spenden gehe es nicht um dunkle Kanäle. Alles ist dokumentiert. Das Geld geht entweder an die Organisations-Komitees oder die Kandidaten. Alles, was an die Stiftungen geht, sei öffentlich bekannt. Aber viele der Spender wollen die Reaktionen nicht auf sich nehmen, die Attacken, die Morddrohungen.
    Der Multimilliardär sieht sich als Opfer. Er ist ein Täter, schreibt Jane Mayer. Einer, der zusammen mit anderen superkonservativen, superreichen Amerikanern das Land an sich reißen will, Andersdenkende ausspioniert und bedroht.
    Fast 900 Millionnen Dollar für den Wahlkampf
    Die Brüder aus Kansas geben im aktuellen Wahlkampf mehr Geld für republikanische Kandidaten aus als die Partei selbst. Fast 900 Millionen Dollar haben die beiden Männer und ihre konservativen Freunde veranschlagt, um eine Politik nach ihren Vorstellungen durchzusetzen. Trotzdem bezeichnet sich Charles Koch im US-Fernsehen nicht als Republikaner:
    "Ich würde mich als klassischen Liberalen bezeichnen", sagt er. "Ich sehe das so: Die Demokraten fahren mit 160 Sachen über die finanzielle Klippe in eine kaputte Gesellschaft, die Republikaner fahren nur 110."
    Im Kern bleibt es für Jane Mayer dabei. Zwei der reichsten Männer der Welt, deren Reichtum unter anderem eine Wurzel im nationalsozialistischen Deutschland hat, wollen die politische Landkarte Amerikas nach ihren Vorstellungen gestalten:
    "Für viele Amerikaner ist es sehr beunruhigend, dass die idealistische Vorstellung 'eine Person, eine Stimme' von 400 der reichsten Menschen des Landes ausgehebelt werden könnte, die den nächsten Anführer aussuchen. Ganz egal, welcher politischen Richtung sie angehören. So funktioniert die Demokratie einfach nicht."