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Koch, Kellner und Künstler zugleich

In der Kölner Innenstadt, wo zeitgleich auch die Designschau "passagen" läuft, präsentiert René Stessl sein "1hourrestaurant". Die Idee des österreichischen Künstlers: Der Gast diniert eine Stunde, parallel dazu fotografiert er zwei bestimmte Momente.

Von Claudia Cosmo | 16.01.2012
    "Wenn man hier diese ganze Situation anschaut, auch die Wand, der Kerzenständer, der hier ist, das ist streng genommen Design, aber dann zusammen mit dem Kochen und mit den Gästen wird es dann zur Kunst."

    René Stessl steht vor seinem improvisierten Restaurant, das er genau vor einer großen Glasfront in der Kölner Galerie Teapot aufgebaut hat. Sein sogenanntes "1hourrestaurant" besteht aus zwei dekorierten Pappwänden, einem marokkanischen Teppich, zwei schwarzen Stühlen und einem schwarzen Tisch, auf dem für ein Drei-Gänge-Menü eingedeckt ist. Neben der Installation steht eine Sackkarre. Damit zog René Stessl drei Monate lang durch New York, wo ihm die Idee zu seinem ungewöhnlichen Projekt eingefallen ist.

    "In New York und auf der Straße verwende ich so eine Sackkarre, auf der Karre haben dann die Sessel und der Tisch Platz und das Essen transportier ich dann hier in meinem Rucksack in diesen ebenfalls schwarzen Thermobehältern hier in der Galerie habe ich eine kleine Küche und koche alles frisch, da merkt man schon den ersten Schritt weg von der ursprünglichen Idee weg, das Ding auf der Straße zu machen und ich musste mir überlegen, wozu das Ganze?"

    In New York bezahlten die Passanten für Stessls improvisiertes Restaurant, das den jeweiligen Gästen für eine Stunde zur Verfügung steht. In der Kölner Galerie Teapot ist das Restaurant ebenfalls eine Stunde geöffnet, aber kostenlos. Für René Stessl, der in seinem Heimatland Österreich zum Koch ausgebildet wurde, dient sein "1hourrestaurant" im Galeriekontext als "Werkzeug der Annäherung", wie er sagt. Mittels seines kulinarischen Projekts versucht Stessl, seinen Gästen über die inszenierte Restaurantsituation so nah wie möglich zu kommen und einen kleinen Ausschnitt ihrer Persönlichkeit freizulegen.

    Dazu porträtiert der Künstler die Essenden mit der Kamera und hält dabei zwei bestimmte Momente fest.

    "Die zwei Momente, die ich nehmen werde, sind der erste Moment, wo der Gast den Geschmack bewusst wahrnimmt und der Zweite wird sein ganz am Ende vom Essen, wo er das Besteck weglegt und fertig ist. Ich glaube, dass die Eröffnung und der Schluss einer geschmacklichen Reise eine Tür aufmacht ganz weit hinein in den Menschen, der da eben isst, ich möchte den Menschen pur in seiner Zufriedenheit erwischen."

    Die jeweiligen Porträts werden später in eine künstlerische Arbeit umgesetzt. Die Galeristin Petra Martinetz ist nicht nur von René Stessls Fähigkeiten als Künstler überzeugt.

    "Wir lieben gutes Essen und wir wissen, dass das Essen super ist. Und dadurch ziehen wir auch mal ein ganz anderes Publikum. Wir wissen überhaupt nicht, wie viele Leute kommen, ob überhaupt das jemand mitbekommt. Aber das ist ja das Spannende an der Sache, an dieser Aktion, dass keiner so richtig weiß, was passieren wird."

    Beim "1hourrestaurant" muss man auf jeden Fall schnell sein. Wer zuerst da ist, bekommt einen Platz. Täglich: Einmal um 13 Uhr und einmal um 19 Uhr. Denjenigen Gästen, die zuerst da sind, serviert René Stessl ein Drei-Gänge-Menü. Aber das 1hourrestaurant soll mehr sein als eine Kunstaktion. Rene Stessl empfindet es auch als einen Akt der Nächstenliebe:

    "Wenn du Liebe gleichwertig verbreiten möchtest, dann werde nicht Priester, Guru oder Buddha, sondern Koch! Weil da hast du die Möglichkeit, jedem Menschen das Gleiche mit der gleichen Liebe zu geben."