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Kölner Karneval
Jeckes Treiben in Zeiten der Unsicherheit

Kneipen und Straßen sind proppenvoll, zum Schunkeln wird sich beim Nebenmann eingehakt und ab zu ein Küsschen verteilt - jebützt, wie man in Rheinland sagt. Im Kölner Karneval ist eigentlich auch ein Fremder ein Freund.

Von Sarah Zerback | 06.02.2016
    Das Kölner Dreigestirn lässt sich auf der Blauen Montagssitzung im Gürzenich feiern.
    Bis zu 15 Auftritte am Tag: Das Kölner Dreigestirn lässt sich auf der Blauen Montagssitzung im Gürzenich feiern. (Sarah Zerback)
    Das gehört zum Markenkern der tollen Tage zwischen Weiberfastnacht und Karnevalsdienstag - dass es gerade keine Armeslänge Abstand gibt, die man im Alltag ganz intuitiv einhält. In der fünften Jahreszeit feiert die Stadt sich selbst, ob im Straßenkarneval oder teils sehr deftigen Sitzungen der Karnevalsgesellschaften.
    Der Kölner Karneval beginnt an Weiberfastnacht mit dem Countdown am Alter Markt.
    Der Kölner Karneval beginnt an Weiberfastnacht mit dem Countdown am Alter Markt. (Deutschlandradio / Sarah Zerback)
    Bedroht ist diese Unbeschwertheit nun von Angst vor Terror und vor sexueller Gewalt, die nicht neu ist, aber in der Silvesternacht in einer vorher nie dagewesenen Dimension eingesetzt wurde. Große Gruppen von Männern, die Frauen gezielt umzingeln, bestehlen und sexuell bedrängen - seit bekannt wurde, dass sich unter den Beschuldigten viele Nordafrikaner befinden, ist die Debatte umgeschwenkt. Die Herkunft der Täter ist in den Fokus gerückt, viele Flüchtlinge, Muslime und Menschen mit Migrationshintergrund fühlen sich unter Generalverdacht. Eine aufgeladene Diskussion, die sich im Karneval, dem nächsten Großevent nach der Silvesternacht, noch einmal zuspitzt.
    Im Karnevalskurs für Anfänger der Caritas lernen Flüchtlinge, was sie über die tollen Tage wissen müssen
    Bützen, Schunkeln und Kölle Alaaf: Im Karnevalskurs für Anfänger der Caritas lernen Flüchtlinge, was sie über die tollen Tage wissen müssen (Sarah Zerback)
    Um die rund 11.000 Flüchtlinge, die zurzeit in Köln untergebracht sind, auf das laute und exzessive Treiben vorzubereiten, den Kulturschock abzumildern, haben mehrere Organisation die Initiative ergriffen. Mit Broschüren und speziellen Unterrichtsstunden, wollen sie die Menschen integrieren und ihnen außerdem ein paar grundsätzliche Verhaltensregeln mit auf den Weg geben.
    Um das Gefühl der Unsicherheit zu bekämpfen, haben Stadt und Polizei in diesem Jahr außerdem aufgerüstet. Ein neues Sicherheitskonzept soll die Fehler der Vergangenheit vermeiden. Das ist ambitioniert und beruhigt viele Karnevalisten, die sich auch in diesem Jahr den Spaß am Feiern nicht verbieten lassen wollen. Auch wenn klar ist: Wirklich sicher ist im Karneval auch in diesem Jahr nur, dass am Aschermittwoch alles vorbei ist.
    Der Security Point für Frauen wurde an Karneval nicht in Anspruch genommen.
    Der Security Point für Frauen wurde an Karneval nicht in Anspruch genommen. (Deutschlandradio / Sarah Zerback)