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Körper: Steinbrück ist richtiger Mann in der richtigen Zeit

Die Themen Wirtschaft und Finanzen seien bei Peer Steinbrück "gut aufgehoben", sagt Fritz-Rudolf Körper. Der Sprecher des Seeheimer Kreises ergänzt, dass der frisch gekürte Kanzlerkandidat zwar einst für die Deregulierung der Finanzmärkte war, aber seine Positionen inzwischen revidiert habe.

28.09.2012
    Friedbert Meurer: Unterstützung erfuhr Peer Steinbrück schon vor der Entscheidung vom Seeheimer Kreis, von den eher Konservativen in der SPD. Fritz-Rudolf Körper ist einer ihrer Sprecher. Guten Tag, Herr Körper.

    Fritz-Rudolf Körper: Guten Tag, Herr Meurer.

    Meurer: Wie finden Sie denn die Entscheidung, dass Peer Steinbrück Kanzlerkandidat wird und dass es überhaupt schon jetzt entschieden wird?

    Körper: Die Entscheidung ist in der Tat vom Zeitpunkt her eine Überraschung. Wir hatten einen anderen Zeitfahrplan. Aber was eingehalten ist: Es ist eine gemeinsame Entscheidung der Betroffenen, nämlich auch eine gemeinsame Entscheidung, dass Herr Steinmeier verzichtet und Herr Steinbrück zur Verfügung steht.

    Meurer: Freuen Sie sich, dass es so gekommen ist?

    Körper: Ich persönlich glaube, dass das eine gute Entscheidung ist, weil Herr Steinbrück der richtige Mann in der richtigen Zeit ist, was die Auseinandersetzung im Hinblick auf die Bundestagswahl anbelangt, denn Themen wie Wirtschaft, Finanzen, auch die Frage, wie wir uns in Europa einlassen, glaube ich, sind bei Herrn Steinbrück sehr gut aufgehoben, und ich hoffe insbesondere, dass es gelingt, dass er nicht nur Kandidat, sondern dass er nach der Bundestagswahl in der Tat Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland wird.

    Meurer: Wird man ihm aber jetzt vielleicht nachsagen, Herr Körper, dass Steinbrück deswegen jetzt Kanzlerkandidat wird, weil Steinmeier, der Fraktionsvorsitzende, aus welchen Gründen auch immer, privat, beruflich, Nein gesagt hat?

    Körper: Ich gehe davon aus, dass diese Entscheidung gemeinsam getroffen worden ist, also im Dialog der drei Betroffenen, Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück, und ich bin fest davon ausgehend, dass das eine Teamentscheidung ist, und deswegen will ich über Gründe in der einen oder anderen Richtung nicht spekulieren.

    Meurer: Wäre Frank-Walter Steinmeier aber vielleicht der Partei doch eher zu vermitteln gewesen als der manchmal ruppige Peer Steinbrück?

    Körper: Ich denke, dass diese Frage jetzt nicht ansteht. Die Betroffenen haben für sich jeweils die Entscheidung getroffen und ich denke, was Herrn Steinbrück anbelangt, ist insbesondere die Vermittlung von der Themenlage her geeignet, weil ich glaube, insbesondere in der Auseinandersetzung mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel ist es notwendig, auch hier sehr deutliche klare Kante inhaltlich zu zeigen und dass das Prinzip der Beliebigkeit, was diese Bundeskanzlerin prägt, dass dieses Prinzip auch demaskiert wird.

    Meurer: Nur in Sachen Europolitik, Herr Körper, hat die SPD ja bei nahezu jeder Abstimmung immer mitgezogen und die Kanzlerin unterstützt. Wie kann denn da eine Kontroverse entstehen im Bundestagswahlkampf?

    Körper: Wenn Sie beispielsweise sehen, wie die Haltung der Bundeskanzlerin auf dieser Zeitstrecke ist, dann stellen Sie fest, dass das nicht von klaren Prinzipien geprägt ist. Wir hatten an der einen oder anderen Entscheidung in Bezug auf Europa im Grunde genommen gar keine andere Wahl, aus den übergeordneten Gesichtspunkten diese Entscheidungen so zu treffen, weil wir letztendlich diese Europapolitik nicht mit Innenpolitik verwechselt haben, und deswegen bin ich bisher über unser Abstimmungsverhalten absolut zufrieden und ich denke, dass wir weiterhin versuchen, gemeinsam in Europa, aber auch mit unseren europäischen Nachbarn das Schiff Europa in eine gute Zukunft zu lenken.

    Meurer: Wird man Peer Steinbrück unter die Nase reiben, dass er als Bundesfinanzminister zwar nach allgemeinem Dafürhalten erfolgreich war, aber bis 2008 der Deregulierung der Finanzmärkte das Wort redete?

    Körper: Es gibt bestimmte Faktenlagen, die sind nicht wegzudiskutieren, dass wir 2008 diesbezüglich oder bis 2008 eine entsprechende Entscheidungssituation hatten, die da so zu entscheiden gewesen sind, wie Sie sie umschrieben hatten. Aber ich denke, es ist auch wichtig, dass man eine Haltung an den Tag legt, nämlich indem man seine Entscheidungen überprüft, und wenn man zu anderen Ergebnissen kommt, jetzt beispielsweise, dass Deregulierung an der einen oder anderen Stelle absolut falsch gewesen ist, denke ich, dass macht einen nur stärker, nicht schwächer.

    Meurer: Steinbrück gilt als wirtschaftsfreundlich. Wie groß ist Ihre Sorge - die Frage stellen sich viele -, dass die Linke in der SPD sich nicht vorbehaltlos hinter Peer Steinbrück stellen wird?

    Körper: Wenn man die inhaltlichen Positionen von Peer Steinbrück kennt, dann, denke ich, ist es in der Zukunft so, dass die SPD geschlossen hinter dem Kandidaten Peer Steinbrück steht, denn ich will das ganz offen bekennen: Nur wenn es uns gelingt, die Reihen auch inhaltlich zu schließen, dann werden wir einen guten Bundestagswahlkampf machen, und da brauchen wir alle und ich glaube, wir werden entsprechend überzeugend wirken.

    Meurer: Steinbrück hat ausgeschlossen, dass er als Minister in ein Kabinett Merkel noch mal eintreten wird. Wenn er nach Berlin geht, als Kanzlerkandidat - und davon kann man ja jetzt ausgehen -, dann wird er nach Berlin nur dann gehen als Kanzler, hat er gesagt. Finden Sie das richtig, dass er sich da so festgelegt hat?

    Körper: Das finde ich richtig, dass er sich so festgelegt hat. Unser Ziel kann es nicht sein, als Juniorpartner in eine Koalition mit der CDU/CSU zu treten. Deswegen ist es für uns auch wichtig, perspektivisch andere Optionen zu haben. Das ist ganz wichtig und deswegen, glaube ich, muss unser Ziel sein, dass die SPD in eine starke Position hineinkommt und dass es mehrheitlich unter anderen Optionen gelingt, Mehrheiten zu haben, und ich will nicht verhehlen, dass wir die Zielsetzung haben, eine rot-grüne Bundesregierung wieder zu installieren.

    Meurer: Fritz-Rudolf Körper, Sprecher des Seeheimer Kreises in der SPD, bei uns heute Mittag im Deutschlandfunk. Herr Körper, danke und auf Wiederhören!

    Körper: Auf Wiederhören!

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