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Kolumne
Krimis von empfehlenswert bis wertlos und ein Sammelband

Krimis werden nicht gelesen, weil sie spannend sind, sondern weil absehbar ist, was passiert, behauptet der Feuilletonchef der "Zeit" Adam Soboczynski in seinem Buch "Der Tatort und die Philosophie". Ein kluger Sammelband für Rezensent Andreas Ammer. Doch nicht alle diesmal besprochenen Krimis mag er empfehlen.

Von Andreas Ammer | 20.05.2014
    Bücher liegen kreuz und quer übereinander.
    Andreas Ammer hat sich wieder durch einen Stapel Krimis gelesen. (deutschlandradio.de / Daniela Kurz)
    Hallejulia!
    Wir leben in finsteren Zeiten.
    Nur das Licht der heiligen Fernseher durcheilt die Nacht.
    Allsonntags Tatortdauerermittlung.
    Sonst: Schriftsteller die Lügen verbreiten.
    Und Schriftstellerinnen, die scheitern wie sonst nur Verbrecher.
    Da braucht es jemand, der den Weg weist im finsteren Tal.
    Jemand der alles weiß, was in Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart passiert.
    Die Krimikolumne:
    Nur echt mit dem Rezensenten, der heute ganz heilig daher kommt.
    ... der Frieden der Bücher sei mit Euch.
    Wolfram Eilenberger (Hg.): "Der Tatort und die Philosophie"
    Es ist eine weitverbreitete Theorie, dass Krimis gelesen werden weil sie spannend sind. Diesem Vorurteil hat jetzt der Feuilletonchef der "Zeit", Adam Soboczynski, vehement widersprochen. Er behauptet: Krimis faszinieren vor allem, weil es von vorn herein klar ist, was in ihnen passiert. Die Variation des Gleichen ist ungleich interessanter als das ewig Neue. Soboczynski erläutert das angesichts des ungebrochenen Erfolges der ARD-"Tatorte". Zitat:
    "Nun dürfen die Vielfalt der Kommissare, die mannigfaltigen Tötungs- und Ermittlungsarten, die jeweils zeitgenössischen sozialen Bezüge nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Tatort eine zutiefst beruhigende Serie ist. Ihr Erfolg beruht auf dem jede Woche aufs Neue zelebrierten Sieg der Vernunft über die dunkle Gewalt, der Staatsgewalt über die Kriminellen, der Ordnung über die Unsichtbarkeit."
    Damit ist der "Tatort"der Krimikolumne nicht unähnlich.
    Soboczynski's Sätze finden sich in einem überaus intelligenten Buch namens "Der Tatort und die Philosophie", das von Wolfram Eilenberger im Tropen-Verlag herausgegeben wurde und den zutreffenden Untertitel trägt: "Schlauer werden mit der beliebtesten Fernsehserie".
    Womit zwei Morde mit einer Waffe oder zwei Fliegen mit einem Buch erschlagen werden. Zum einen kann jeder nach der Lektüre dieses Buches sich fortan ohne schlechtes Gewissen Allsonntagsabends aufs Sofa hauen. Zum anderen es erklärt es anhand der Fernsehserie reichlich erhellend die eine oder andere sonst nur schwer fassliche philosophische Position.
    Ohne jede ironische Brechung werden in diesem herrlichen Band philosophische Systeme dem Alltagstest des Fernsehkrimis unterworfen. Was weiß Nietzsche über die Tatort-Musik? Wie lässt sich angesichts der seit 44 Jahren immer gleichen Tatort-Länge von 90 Minuten der Zeitbegriff Husserls erläutern? Woher kommt – laut Hannah Arendt – das Böse?
    All das schwer verständliche Gerede von Adorno, McLuhan, Deleuze wird in dem Band drauf hin untersucht, was es uns über Deutschlands populärste Fernsehserie an Erkenntnissen liefern kann.
    Und das ist Einiges!
    ... behauptet unser tief gefallener Rezensent, der sich selbst einmal als promovierter Philosoph versuchte, bevor er mit der Krimikolumne auf ewig in den Untiefen der Populärkultur versank.
    Der "Tatort" eignet sich schon deshalb als Objekt einer solchen Untersuchung, weil in ihm - so der Herausgeber Eilenberger im Vorwort:
    "Die Übel unserer Welt gemeinsam gedeutet, bedacht, besprochen und vor allem: erfolgreich bekämpft" werden. "Über viele Jahrhunderte vollzog sich dieser kollektive Läuterungsprozess am Sonntagmorgen, 10 Uhr, in den Kirchen unseres Landes. Heute geschieht dies mehrheitlich Sonntagabends, um 20 Uhr vor dem Fernseher."
    Halleluja!
    Wenn aber der Tatort wirklich so etwas wie die deutsche Kirche der Neuzeit ist, dann ist der kluge Band "Der Tatort und die Philosophie" nichts weniger als der Katechismus dieser Kirche.
    Jede Glaubensgemeinschaft braucht ihre Heiligen. Im Fall der Krimikolumne können diese vom Glauben abfallen wie etwa Heinrich Steinfest, der inzwischen lieber schöne Romane als schnöde Krimis schreibt oder Kinky Friedman, der sich lieber als Politiker um den Sieg über das Böse in der Welt kümmern will.
    Oder aber sie können auf wundersame Art ihre Kraft mit der Gemeinde teilen, wie etwa Jörg Juretzka oder Dominique Manotti, die beide in diesem Frühjahr wieder Zeugnis ihrer wundersamen Kräfte vorgelegt haben.
    Die Dame zuerst!
    Dominique Manotti: "Ausbruch"
    Dominique Manottis neuestes Mirakelwerk trägt den schlichten Titel "Ausbruch", es wurde ins Deutsche übertragen von der mildtätigen Andrea Stephani und es kommt über die Gläubigen auf dem Weg über den Argument-Verlag und dessen Reihe ariadne-Krimi.
    Gäbe es die Postmoderne noch, so wäre Manottis "Ausbruch" ein Meilenstein. So ist das Buch eben ein kleines Wunder.
    Filippo ist das, was man abschätzig einen "Kleinkriminellen" nennt. Eine arme Sau, die selbst zum Klauen zu blöd ist und deshalb im Gefängnis sitzt. Er hat nie eine Chance gehabt, die er gut hätte nutzen können. Auch hat er nie den Wind der Geschichte um die Ohren blasen hören wie Carlo, sein Mitgefangener in der Zelle im römischen Gefängnis.
    Carlo ist eine zentrale Figur der "Roten Brigaden", jener italienischen Terrororganisation, die Ende der 60er-Jahre in Italien mit dem Spruch "Alle Macht dem bewaffneten Volk" in den Kampf zog und unter andrem für die Entführung Aldo Moros verantwortlich sein soll. Carlo erzählt gerne von diesem Krieg, "seinem" Krieg.
    Manottis Lehrstück setzt in dem Moment ein, als Filippo plötzlich doch eine Chance bekommt. Er ist zufällig im Müllraum des Gefängnisses als der Ex-Rotbrigadist Carlo den titelgebenden "Ausbruch" im Gefängnis-Müllkontainer versucht. Kurzentschlossen springt Filippo hinterher. Nicht unbedingt zur Freude Carlos, der ihn "draußen" dann ziemlich schnell sitzen lässt, während er, der Terrorist, mithilfe von Genossen seine Flucht fortsetzt.
    Wenige Tage später wird Carlo bei einem Bankraub erschossen. Die Überreste der "Roten Brigaden" im Pariser Exil wittern eine Verschwörung oder Verrat. Dem kleinen Filippo aber gelingt es, unterzutauchen. Er nimmt einen nervtötenden Job als Nachtwächter an.
    Bis hierhin eine ganz normale Räuberpistole garniert mit dem immensen historischen Wissen der Manotti und ihrer Liebe zur Geschichte der linken Widerstandsorganisationen, die sie gern in packende Krimis packt.
    Dann aber kommt sie, die geniale Wendung, das "Wunder" das Manottis Krimi "Ausbruch" zur ganz, ganz großen Kunst werden lässt:
    Filippo beginnt, in seinen Nachtschichten zu schreiben. Er schreibt seine Geschichte auf, ein Buch mit dem Titel "Ausbruch", das von seiner Freundschaft mit Carlo, dem Ausbruch, dem Banküberfall und so weiter handelt ...
    Moment! Ich dachte Filippo war bei dem Banküberfall gar nicht dabei?
    Eben! Der Krimi "Ausbruch" handelt also von einem Ausbruch und in dem Buch schreibt dann jemand einen Krimi, der ebenfalls "Ausbruch" heißt, von ebendiesem handelt, ihn aber ganz anders schildert, als er vorher im Buch beschrieben wurde.
    Das Buch wird ein Erfolg!
    Welches jetzt?
    Das von Filippo im Roman auf jeden Fall und das von der Manotti hoffentlich in der wahren Welt.
    Verdient haben es beide.
    Nicht verhehlen möchte unser arbeitsfauler Rezensent auch, dass er Bücher, die ihre Rezension bereits enthalten, besonders hoch schätzt. So heißt es auf Seite 115 von Manottis Buch "Ausbruch " über das Buch "Ausbruch " des Helden, es sei: "effizient wie ein Fausthieb in den Magen. Unbedingt lesen."
    Ich habe dem Urteil nichts hinzuzufügen.
    Jörg Juretzka: "Taxibar"
    Und damit zu einem anderen Heiligen der Krimikolumne, Jörg Juretzka, der mit "Taxibar" schon seinen elften Krimi um den ziemlich durchgeknallten Ermittler Kristof Kryszinski vorlegt. Das Buch ist in der Krimireihe des Rotbuch-Verlages erschienen.
    Mit Kristof Kryszinski ist die Ruhrpott-Fast-Metropole Mülheim vor Jahren blutrot wie ein Wundmal auf der Landkarte der Krimimetropolen erschienen.
    Zuerst aber die schlechte Nachricht:
    Kristof hat seinen Job als Ermittler aufgegeben. Er führt jetzt die Taxibar in Mülheim und hofft auf den verdienten Vorruhestand, wenn er endlich die 20 Kilo Stoff, die er sich an einer fremden Atlantikküste ergaunert hat, verkaufen kann.
    Darauf eine noch schlechtere Nachricht:
    Jörg Juretzka, der in den letzten Jahren mit "Platinblondes Dynamit" und "Schlachtfeld der Liebe" zwei der absurdesten Krimis geschrieben hatte, die jemals zwischen Mülheim und dem Mond erschienen sind, hält sich diesmal zurück. Fast schnörkellos geradeaus wie eine rechte Gerade ist sein Krimi "Taxibar" erzählt. Ein Mann, ein Fall, 20 Kilo. Und Peng!
    Die ganz schlechte Nachricht:
    Kristof ist nicht mal mehr auf der Seite der Guten.
    "Ich dachte immer, Privatdetektive wären auf der Seite des Rechts?", fragt von so viel Amoral verunsichert dann auch eine der Gestalten aus der "Taxibar".
    "Völliger, an den Haaren herbeigezogener, der Phantasie weltfremder Autoren entsprungener Bockmist", antwortet darauf Kristof Kryzynski.
    Der Krimi "Taxibar" von Jörg Juretzka, erschienen im Rotbuch-Verlag, ist nach dem unumstößlichen Urteil unseres Rezensenten, ein grandioser, an den Haaren herbeigezogener, der Fantasie eines weltfremden Autoren entsprungener Krimi.
    Weitere Rezensionen folgen, zuerst aber der Nachrichtenüberblick aus der Vergangenheit, der Zukunft und der Gegenwart der verschrifteten Morde und schlaflosen Nächte.
    Schweden, die Zukunft. Erland Larson und Joakim Larson, die rechtmäßigen, aber ungeliebten Erben des legendären Stieg Larson, haben einen gewissen David lagercrantz, bisher aufgefallen als Ghost-Writer für den Fußballer Zlatan Ibrahimovic, damit beauftragt, die Millenium-Trilogie fortzusetzen. Erscheinungstermin ist der Sommer nächsten Jahres. Die inzwischen von Arbeitslosenunterstützung lebende ehemalige Lebensgefährtin des Mega-Erfolgsautors ist entsetzt und machtlos.
    Unser Rezensent kommentiert:
    Lieber Ibrahimovic beim Fußballspielen zuschauen, als dieses Buch kaufen.
    Sibylle Lewitscharow: "Killmousky"
    Berlin, New York, die Gegenwart. Die derzeit wegen ihrer Meinungsäußerung zur Reproduktionsmedizin umstrittene Büchner-Preisträgerin, Sibylle Lewitscharow, hat allen Ernstes einen Krimi geschrieben. Er heißt nach einem für die Handlung sinnlosen Katzentier "Killmousky"; er ist bei Suhrkamp erschienen und ein rechtes Rätsel: Ist es doch schlechterdings völlig unbegreiflich, wie eine hochgebildete, sprachmächtige Schriftstellerin ein derart atmosphäreloses‚ uninspiriertes Buch schreiben konnte, in dem man ein Visum braucht, um nach Amerika zu fliegen, das aber von der Botschaft als "Schnellvisum" bekommt. Letzteres ist so unwahrscheinlich, wie ersteres unnötig.
    Unser Rezensent kommentiert:
    Künstlerisch so wertlos, weltfremd und anheimelnd wie die Lüftlmalerei, die der Kommissar in einem New Yorker Appartement entdeckt.
    Und so stereotyp wie die finale Erkenntnis:
    "Reiche Amerikanerinnen sind übrigens entweder frigide oder Nymphomaninnen."
    Dies ist allerdings exakt die Reflexionshöhe dieses überaus schlechten Krimis.
    Charles Warren Adams: "Das Mysterium von Notting Hill"
    London, die Vergangenheit. Die Geschichte des Kriminalromans muss neu geschrieben werden. Seit seiner Wiederentdeckung 2012 kann der Roman "Das Mysterium von Notting Hill", zuerst als Fortsetzungsroman 1862 – also ein Vierteljahrhundert vor Sherlock Holmes - erschienen, als erster englischer Detektivroman gelten. Ralph Henderson von der "Abteilung für Private Nachforschungen" der "Lebensversicherungsgesellschaft" versucht durch Quellenlektüre einem Frauenmörder auf die Schliche zu kommen.
    Dieser Roman von Charles Warren Adams ist nun auch bei uns in einer schönen Ausgabe samt Fadenheftung und Lesebändchen in der Reihe "Kometen der Anderen Bibliothek", herausgegeben von Jürgen Kaube erschienen. Übersetzt wurde er von Boris Greff und Matthias Marx, erstmals auf deutsch erschienen.
    Kommentar des Rezensenten.
    Pflichtlektüre! Arno Schmidt hätte daran seine helle Freude gehabt. Sogar ein Doktor Watson tritt kurz auf.
    Algier und Berlin, die zweite Gegenwart: An der Spitze der Krimizeit-Bestenliste steht im Mai und das völlig zu Recht Oliver Bottinis in Algerien spielender Rüstungshandel-Thriller "Ein paar Tage Licht". Für die Ernsthaftigkeit, und den aufklärerischen Furor mit dem Bottini das Thema angeht, spricht allein schon das 40-seitige Glossar, das den Roman samt Karte beschließt. Fulminant und beängstigend.
    So wahr muss ein Krimi sein können.
    Mukoma wa Ngugi: "Nairobi Heat"
    Mukuma wa Ngugi!
    Wie bitte?
    So heißt unser nächster Autor. Sozusagen für Nairobi das, was Bottini für Algerien ist, allerdings ist Ngugi nicht Franke, sondern Schwarzer. Mehr noch: Mukoma ist der Sohn des Schriftstellers Ngugi wa Thiog'o. Kenianer. Wiederum gilt als der führende Schriftsteller Ostafrikas und taucht immer wieder auf den Listen für die Anwärter auf den Literatur-Nobelpreis auf. Seine Werke verfasst der in Amerika lebende Kulturwissenschaftler in seiner Muttersprache Kikuju. Wegen seiner Werke wurde er früher gefoltert und selbst in diesem Jahrtausend in Afrika noch verfolgt und überfallen. Soweit zum Vater.
    Der Sohn ...
    ... wir nennen noch einmal den Namen: Mukoma wa Ngugi ...
    ... hat es in Amerika ebenfalls zum Professor gebracht und neben Essays und Gedichten hat er 2009 begonnen, Krimis zu schreiben. "Nairobi Heat" heißt sein Debüt. Es ist jetzt in einer Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch von Rainer Nitsche bei Transit erschienen und ein Glücksfall von einem Buch.
    Kurioserweise erinnert "Nairobi Heat", obwohl es in den Slums der kenianischen Metropole spielt, am ehesten an einen fulminanten Schweden-Krimi:
    Die Handlung ist so geschickt konstruiert, rätselhaft und fremd, wie man es von einem richtig guten Krimi erwarten kann, darüber hinaus interessiert den Autoren ...
    ... und damit auch bald den Leser ...
    ... das afrikanische Ambiente genau so viel wie der Fall. "Nairobi Heat" ist ein Buch über das Leben als Schwarzer in einer weißen Welt. Ein Buch über Kenia obendrein.
    Statt in dunkle Seiten der Psyche taucht man in dunkle Seiten des Erdballs hinab. Immer gut geleitet von dem farbigen Ermittler Ishmael Fofona, der selbst von Amerika nach Nairobi geschickt wird, um den Mord an einer jungen blonden Weißen in Wisconsin aufzuklären, die im Cheerleaderkleid tot auf den Stufen eines schwarzen Professors aufgefunden wurde, der sich vehement gegen den Völkermord in Ruanda engagiert hatte.
    Klingt komisch, ist aber völlig logisch.
    Ist spannend und lehrreich und fremd und faszinierend ...
    ... und was einem Rezensenten sonst noch für Worte einfallen, wenn er einen Krimi unbedingt loben will.
    Der Titel beschreibt mit seinen zwei Wörtern recht exakt, was in dem Buch passiert: Eine Stadt, ein halber Kontinent erscheint vor den Augen, gefiltert durch einen amerikanischen, durch Thrillerelemente erhitzen Blick auf eine kalte grausame Welt. Nairobi Heat!
    Gutes Buch, sehr guter Krimi,
    ... besser als jede Afrika-Doku obendrein. Ishmael Fofona ist der legitime Erbe des tief schürfenden Kurt Wallanders. Außerdem ist das Buch voll mit Musik, und das ist immer schön, behauptet unser Rezensent zu Mukoma wa Ngugis "Nairobi Heat", erschienen im Transit Verlag.
    Und darauf Musik!
    V.M. Giambanco: "13 Tage"
    Einen haben wir noch, einen für alle die, denen die Tipps aus dieser Kolumne zu theoretisch, zu drogenabhängig oder zu terroristisch sind:
    Ein Krimi aus der Welt des literarischen Investments. Wo Lizenzen von Erstlingswerken um die Welt transferiert werden. Werke, in denen auf vielen hundert Seiten von jungen amerikanischen Polizistinnen und grausamen Tragödien in verschlungenen Handlungsverläufen und brutalen Taten erzählt wird, die weit in die Vergangenheit reichen.
    Die Mörder hinterlassen in solchen Büchern den ermittelnden Polizisten gerne kleine Hinweise. Sie ritzen die Worte "13 Tage" in den Türstock und die Bücher, in deren ihren Taten hinterher ermittelt wird, erscheinen dann bei Knaur und spielen ihr Geld ein. Im Fall von "13 Tage" heißt die international neu aufgebaute Autorin V.M Giambanco. Sie lebt in London, schreibt über Seattle und früher war sie Filmcutterin, das hat ihren Schreibstil flott filmisch gemacht. Übersetzerin: Elke Link. Das Buch hat 570 Seiten.
    Dies sind zwar nach Meinung unseres Rezensenten ein paar Dutzend zuviel, aber soviel Umfang verlangt eben der Markt und der Großverlag, wenn er ein Buch weltweit verkaufen will. "13 Tage" ist ein Krimi wie ein ihn all die mögen, denen die sonst in dieser Kolumne besprochenen Bücher zu verschroben, zu fremd, zu originell sind. "13 Tage" ist dagegen Masse: Schmöker und große Intrige und Massenkompatibel wie ein Double-Cheese-Double-Beef-Double-Bacon-Burger.
    Allerdings mit Mozzarella statt Edamer, denn die Autorin V.M. Giambanco ist immerhin ursprünglich Italienerin.
    Aber in Wahrheit ebenso wenig heilig wie diese Krimikolumne, denn für sie gilt am Ende wie von Alters her das alte, aber brutale Spiel.
    Besprochene Bücher:
    Charles Warren Adams, "Das Mysterium von Notting Hill", Andere Bibliothek
    Oliver Bottini, "Ein paar Tage Licht", DuMont
    Wolfram Eilenberger (Hg.), "Der Tatort und die Philosophie", Tropen
    V.M. Giambanco, "13 Tage", Knaur
    Jörg Juretzka, "Taxibar", Rotbuch
    Sibylle Lewitscharow, "Killmousky", suhrkamp
    Dominique Manotti, "Ausbruch, ariadne krimi", Argument-Verlag
    Mukoma wa Ngugi, "Nairobi Heat", Transit