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Kommentar
Nicht der Wunschtrainer

Niko Kovac wird neuer Trainer beim FC Bayern München und tritt die Nachfolge von Jupp Heynckes an. Lange taten sich die Bayern schwer, einen geeigneten Trainer zu verpflichten. Am Ende schien Niko Kovac beinahe alternativlos zu sein. Nun steht der vor einer großen Herausforderung.

Von Matthias Friebe | 13.04.2018
    Frankfurts Trainer Nico Kovac gibt Anweisungen.
    Frankfurts Trainer Nico Kovac gibt Anweisungen. (dpa/Arne Dedert)
    Die perfekte Lösung, der Wunschtrainer ist Niko Kovac sicher nicht für den FC Bayern München. Die 1a-Option konnte der Rekordmeister für den Cheftrainer-Posten nicht präsentieren. Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge schafften es nicht, den im Herbst aus der Fußball-Rente geholten und jetzt erneut viel umjubelten Jupp Heynckes zu überreden, noch eine weitere Saison dranzuhängen.
    Trainer Jupp Heynckes steht am Spielfeldrand und dirigiert seine Mannschaft von der Seitenauslinie.
    Fc Bayern-Trainer Jupp Heynckes (dpa)
    Thomas Tuchel, für seine fachliche Kompetenz international geschätzter Ex-BVB-Trainer, hat den Bayern einen Korb gegeben und wechselt an die Seine zu Paris St. Germain anstatt an die Isar. Und weil es für die Bayern dieses Mal ein deutschsprachiger Trainer werden sollte, nach dem das Experiment mit dem Italiener Carlo Ancelotti gescheitert war, wurde der Druck irgendwann enorm groß.
    In München gilt immer: Mia san mia
    So groß, dass am Ende die Kovac-Verpflichtung beinahe alternativlos war. Hoffnungsvolle Nachwuchs-Stars wie Julian Nagelsmann im Sommer nicht zu bekommen, Kandidaten mit dem passenden Profil für die Bayern rar gesät. Deshalb also Niko Kovac, eine durchaus Bayern-typische Entscheidung. Denn, wenn nichts mehr geht, gilt in München immer: Mia san mia.
    Im Klartext: Es muss wenigstens jemand sein, der weiß, wie der FC Bayern tickt, der den Klub und dessen Mentalität kennt. Und so verwundert es kaum, dass genau das heute auch in den Vordergrund gestellt wurde bei der Bekanntgabe. Kovac sei das, was man jetzt brauche: jemand, der die DNA des Vereins ganz genau kenne.
    Die Bayern-Spieler Hasan Salihamidzic, Niko Kovac und Samuel Kuffour jubeln bei Spielschluß am 08.09.2001 im Dortmunder Westfalenstadion. 
    Hasan Salihamidzicund Niko Kovac kennen sich schon aus ihrer Zeit als Spieler bei den Bayern. (dpa)
    Nur ist das wirklich ein Kompliment, eine Auszeichnung für einen Trainer? Wenn man als wichtigstes Pfund, als stärkstes Argument präsentiert, er sei ein Kenner des Vereins? Wohl kaum. Natürlich betonte Sportdirektor Hasan Salihamidzic, Kovac arbeite modern und innovativ und er passe sich den Strukturen an.
    Hier kann man erneut aufmerken. Das ist den Bayern schließlich auch wichtig, er passt sich dem mia san mia an. Er dreht den Verein nicht mehr von links auf rechts und wieder zurück, wie es früher einmal Louis van Gaal oder Pep Guardiola versucht haben. Ein moderner Fußball-Trainer muss viel mehr können als taktische Systeme perfekt anzuwenden, als motivierende Ansprachen halten und das Training abwechslungsreich zu gestalten.
    Der Maßstab ist die Champions League
    Er braucht andere Qualitäten. Vielleicht die wichtigste bringt Niko Kovac mit. Er kann mit Spielern umgehen, hat ein Gespür für die Menschen in der Mannschaft. Kovac kann ein Team führen, auch wenn es, so wie in Frankfurt und bald in München, sehr heterogen zusammengesetzt ist.
    Aber als Bayerntrainer hat er nicht nur eine Reihe hochdekorierter, zum Teil auch sehr selbstbewusster Stars zu bändigen, sondern auch eine Vereinsspitze mit Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, die gerne ihren Senf zum Tagesgeschäft dazugibt. Maßstab ist in München nicht die Bundesliga und der deutsche Meistertitel. Den haben die Bayern gerade zum 6. Mal in Folge gewonnen und das gilt beinahe als selbstverständlich. Der Maßstab ist die Champions League, Europas Spitze.
    Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge und Präsident Uli Hoeneß auf der Tribüne im Gespräch.
    Karl-Heinz Rummenigge und Präsident Uli Hoeneß mischen sich gerne ein. (imago sportfotodienst)
    Und damit sind wir bei der großen Frage, kann Niko Kovac dem großen Druck standhalten und die Erwartungen des Rekordmeisters erfüllen? Ein Trainer, der in seiner Trainer-Karriere nie mit einer Doppelbelastung und dem dichten Kalender aus Bundesliga und Champions-League-Spielen umgehen musste? Noch dazu ein Trainer, der noch nie eine Mannschaft trainiert hat, die in der Königsklasse angetreten ist.
    Ein Mann, der bisher mit ganz anderen Herausforderungen und Gegebenheiten umgehen musste. Der Heynckes-Nachfolger 2018 ist nicht der Heynckes-Nachfolger 2013. Pep Guardiola hat es damals zwar nicht auf den Champions-League-Thron geschafft, er hat die Mannschaft aber sportlich weiter entwickelt. Ob Niko Kovac das gelingt, ist die große Frage der nächsten Saison.