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Kommunen wollen ihre Wertstoffhöfe retten

Die Rohstoffe der Zukunft liegen auf dem Müll: Seltene Erden, Edelmetalle und viele andere nützliche Dinge finden sich in Produkten, die heute noch allzu häufig achtlos weggeworfen werden. Die Wirtschaft hat dies erkannt, um die Erlaubnis, attraktive Abfälle zu sammeln, streiten sich kommunale und private Entsorger. Der Bundestag debattiert heute ein neues Kreislaufwirtschaftsgesetz. Es soll die Voraussetzung schaffen für eine Wertstofftonne anstelle der althergebrachten gelben Tonnen und Säcke. Und es soll dazu beitragen, dass die Sammelquoten erhöht werden - doch das ist gar nicht so einfach.

Von Tonia Koch | 28.10.2011
    Viele Bundesländer sind gegen eine einheitliche Wertstofftonne. Sie setzen auf das Umweltbewusstsein ihrer Bürger. Diese sollen ihre Wertstoffe, darunter alte Computer, Fernseher oder auch Elektrokleingeräte, die noch viel zu oft im Restmüll landen, weiterhin auf den Wertstoffhöfen abliefern. Die kommunalen Entsorger wollen nicht gesetzlich verpflichtet werden, Wertstofftonnen aufzustellen, sagt Heribert Gisch, Geschäftsführer des EVS, des Entsorgungsverbandes Saar:

    "Die Tonne ist gut und richtig, aber sie darf nicht durch den Gesetzgeber als einzige Form festgelegt werden, sondern vergleichbare qualitative Erfassungssysteme sollen genauso die Möglichkeit haben, und da wir im Saarland auf genau diese Form aufgrund der süddeutschen Erfahrungen gesetzt haben, sind wir sehr froh darüber, dass diese Variante jetzt vom Gesetzgeber ermöglicht werden soll."

    Die kommunalen Entsorger können sich aber erst sicher sein, dass sie ihre Wertstoffhöfe retten können, wenn im kommenden Jahr ein Gesetz ausformuliert ist, dass die Entsorgung von Wertstoffen von Plastik über Metall bis hin zu Elektroschrott regeln soll. Der Vorteil der Wertstoffhöfe gegenüber der Tonne liege in der Sortenreinheit, so die Befürworter der Zentren. In Ormesheim einem von 20 EVS-Wertstoffzentren im Saarland weist Conny Zimborsky den Kunden den Weg. Container mit Kühlschränken, daneben ein anderer mit Fernsehern und Computern:

    "Der steht nicht ganz eine Woche und ist zu drei vierteln voll in etwa."

    Die ausgedienten Telekommunikationsgeräte bringen Gewicht auf die Waage und sorgen so für lukrative Verwertungserlöse. Mit einer Wertstofftonne könnte nur ein kleiner Teil des Elektroschrotts erfasst werden, erläutert der Abfallexperte des EVS, Ralph Kien:

    "Was sie mit Sicherheit bekommen können, sind kleinere Geräte, aber das ist nur ein kleiner Teil der Menge, die an Elektroaltgeräten anfällt. Also, insbesondere Kühlschränke oder Unterhaltungselektronik passen nicht in die Tonne und von daher wird es dann ein Problem werden, diese Mengen zu erfassen, wenn man kein System anbietet wie die Wertstoffhöfe."

    Noch steht jedoch nicht fest, womit eine Wertstofftonne zukünftig überhaupt befüllt werden darf. Die derzeit auch im Saarland laufenden Testversuche mit den Wertstofftonnen schließen Elektrogeräte wie Toaster, Kaffeemaschinen oder Handys ausdrücklich mit ein. Das Umweltbundesamt hingegen empfiehlt die Tonne für Plastik und Metall aber ohne Elektroschrott. Einig ist man sich jedoch bereits auf europäischer Ebene, dass die Sammelquote kräftig steigen soll, auf 65 Prozent der in Verkehr gebrachten Elektro- und Elektronikgeräte. Das entspräche in etwa 13 bis 14 Kilogramm pro Kopf und Jahr, rechnet der Entsorgungsverband vor. Davon ist man noch ein gutes Stück entfernt.

    "Also wir liegen mit 7,8 Kilogramm pro Einwohner und Jahr deutlich über den derzeit im Gesetz vorgesehenen 4 Kilogramm, die derzeit im Gesetz vorgesehen sind, von daher stehen wir sehr gut da."

    Im Moment stagnieren die Mengen und deshalb zweifelt der saarländische Entsorgungsverband daran, ob er die Sammelquote von 65 Prozent mit dem herkömmlichen Bringsystem erreichen kann, zumal sich das Europaparlament damit nicht zufriedengeben will und noch weitaus ambitioniertere Sammelziele formuliert. Ein parallel laufendes Holsystem will der EVS aus Kostengründen nicht etablieren. Deshalb müssten für die Bürger Anreize geschaffen werden, sagt EVS-Geschäftsführer Gisch:

    "Wir denken darüber nach, ob es darstellbar ist, dass wir das Sammelengagement unserer Bürger auch dadurch belohnen, dass wir sie an den Erlösen irgendwie beteiligen."