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Kommunikation
Probleme bei Telefonnetzumstellung

Die Umstellung der Telefonnetze von analog auf digital gestaltet sich anscheinend schwieriger als gedacht. Zudem versuchen Telefonanbieter gerade jetzt, Verbraucher aus ihren alten Verträgen zu drängen. Kunden sollten sich davon aber nicht verunsichern lassen, sagte Verbraucherschützerin Katja Henschler im DLF.

Katja Henschler im Gespräch mit Stefan Römermann | 10.07.2015
    Analoges Telefonieren mit Wählscheibe wird bald der Vergangenheit angehören.
    Eigentlich sollten die meisten Kunden von der Umstellung der Telefonnetze auf digitale IP-Technik nichts merken - aber es gibt Probleme. (imago/Westend61)
    Stefan Römermann: Eigentlich sollten die meisten Kunden von der Umstellung der Telefonnetze auf digitale IP-Technik nichts oder, ich sage mal, fast nichts mitbekommen. Der wichtigste Unterschied: Das Telefon wird zukünftig nicht mehr direkt in die klassische Telefonbuchse gestöpselt, sondern in den Internet-Router oder das DSL-Modem. Dieser Kasten wandelt dann die Signale von alten analogen Telefonen um in kleine Datenpakete und verschickt sie dann digital über das Telefonnetz.
    Ob das in der Praxis wirklich so läuft, darüber spreche ich jetzt mit Katja Henschler, Telekommunikationsexpertin bei der Verbraucherzentrale Sachsen. Frau Henschler, Sie machen ja momentan eine Umfrage zu der Umstellung der Telefonnetze. Gibt es denn da schon erste Ergebnisse? Läuft das alles tadellos?
    Katja Henschler: Tadellos läuft das leider nicht, muss man sagen. Die Umfrage endet heute und wir hatten eine sehr, sehr rege Beteiligung der Verbraucher. Es gab eine Menge, die uns gesagt haben, bei uns ist die Umstellung schon gelaufen. Allerdings ist der neue Anschluss nicht so reibungslos wie vorher.
    Es gibt Ausfälle des Anschlusses, minutenweise, stundenweise oder auch ganze Tage.
    Römermann: Wie muss ich mir das vorstellen?
    Henschler: ... , dass ich zum Beispiel den Hörer abhebe und gar nicht telefonieren kann und dann vielleicht mehrere Versuche starten muss, warten muss, bis ich telefonieren kann, oder Unterbrechungen der Telefonate.
    Ausfälle der Anschlüsse werden auch berichtet, dass wirklich der Anschluss über eine längere Zeit von Tagen oder Wochen überhaupt nicht funktioniert.
    Römermann: Sind das Probleme, die es früher im analogen Telefonnetz auch gegeben hat, oder war das da eher die Ausnahme?
    Henschler: Das war die allerhöchste Ausnahme. Die analoge Technik war ja vergleichsweise simpel und solche Ausfälle waren einfach mit der Technik gar nicht denkbar.
    Hausnotruf nur über Mobiltelefon möglich
    Römermann: Welche Kunden müssen denn jetzt besonders aufpassen? Wo sind Probleme zu erwarten bei der Umstellung auf die digitale Technik?
    Henschler: Ein richtiges Problem haben diejenigen, die über einen Hausnotruf verfügen, aus bestimmten Gründen, weil sie öfter auf Hilfe angewiesen sind.
    Diese Hausnotruf-Systeme, die im Moment installiert sind, funktionieren nur mit der analogen Technik. Hier muss sich jeder einzelne Betroffene, so ist im Moment der Stand, um einen neuen Anbieter für sein Hausnotruf-System bemühen.
    Die Telekom zumindest übernimmt es nicht, die Hausnotrufe umzustellen, neue Systeme zu installieren. Für diejenigen Verbraucher gibt es richtig zu tun.
    Römermann: Was ist mit den Leuten, die da Hilfe brauchen? Wo kriegen die die?
    Henschler: Die muss man im Moment auf ein Mobiltelefon verweisen.
    Nichtaus der Fassung bringen lassen
    Römermann: Okay, das ist natürlich nicht so schön. - Ich habe gehört, dass Kunden auch massiv gedrängt werden, auf neue Verträge umzusteigen. Was steckt da dahinter?
    Henschler: Wir erleben es und hören es aus Schilderungen der Verbraucher zurzeit sehr häufig, dass die Telekom zuhause bei den Verbrauchern anruft, für neue Verträge wirbt, den Abschluss bewirbt und sagt, dass die Umstellung sehr bald ins Haus steht, und man ja gar nicht weiß, was danach kommt, dass es dann vielleicht teurer wird oder bestimmte Technik dann nicht mehr zur Verfügung steht.
    Es wird viel getan, um die Verbraucher jetzt in neue Verträge zu drängen. Wir raten den Verbrauchern, sich überhaupt nicht hier aus der Fassung bringen zu lassen, sondern laufende Verträge einfach zu Ende laufen zu lassen, sei es noch ein Jahr oder ein anderthalbes.
    Die Verträge haben eine Laufzeit und keiner kann mich vorher aus einem Vertrag herausdrängen. Verbraucher sollten die Ruhe bewahren.
    "Niemand wird ohne Telefonanschluss dastehen"
    Römermann: Aber dann stehe ich doch am Ende ohne Telefonanschluss da. Was mache ich dann?
    Henschler: Ohne Telefonanschluss wird wahrscheinlich niemals jemand dastehen, denn natürlich ist die Telekom ja daran interessiert, die Kunden an sich zu halten. Und wenn der Vertrag dann irgendwann auszulaufen droht, dann wird die Telekom ganz sicher vorher rechtzeitig informieren, dass der Anschluss ausläuft, und auch neue Verträge anbieten, neue Anschlussoptionen, und dann wird auch jeder, der es möchte, zu diesem Zeitpunkt einen neuen Vertrag bekommen.
    Römermann: Ganz kurz zum Schluss: Die Umfrage läuft noch bis heute Abend. Wer kann daran teilnehmen und wo finde ich die Umfrage?
    Jeder kann mitmachen
    Henschler: Es kann jeder daran teilnehmen, bei dem eine IP-Umstellung bevorsteht, oder der sie schon hinter sich hat, und die Umfrage findet man auf den Internetseiten der Verbraucherzentralen. Die kann man ganz leicht im Internet finden oder über Verbraucherzentrale.de.
    Römermann: Katja Henschler, Telekommunikationsexpertin bei der Verbraucherzentrale Sachsen. Vielen Dank für das Gespräch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

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