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Komponist Philip Glass
"Missratene Persönlichkeiten interessieren mich nicht"

Philip Glass schreibt gern Stücke über berühmte Männer wie Albert Einstein oder Abraham Lincoln. Über Trump werde es von ihm keine Oper geben, dafür sei ihm die Zeit zu schade. Heute feiert der erfolgreiche Komponist aus den USA seinen 80. Geburtstag - in der Carnegie Hall in New York.

Von Michael Struck-Schloen | 31.01.2017
    US-Komponist und Pianist Philip Glass am Flügel.
    Der Komponist Philip Glass wird heute 80 Jahre alt. (dpa / picture-alliance / EPA / Miguel Ángel Molina )
    "Oh no, I am not interested in failed personalities, that’s a failed personality."
    Missratene Persönlichkeiten interessierten ihn nicht, sagt Philip Glass. Und Donald Trump sei eine ‒ dafür sei ihm die Zeit zu schade.
    "I wouldn’t risk my time with them."
    Musik: Philip Glass, Glassworks, "Floe"
    Da bricht er wieder durch, der alte Zorn gegen die neurotischen Züge der Macht. In vielen der bislang 25 Opern von Philip Glass gibt es positive Helden, die direkt aus den Geschichtsbüchern auf die Bühne gesprungen sind: Albert Einstein, Mahatma Gandhi, Galileo Galilei, Abraham Lincoln oder Martin Luther King.
    Negative Sicht auf Trumps Amerika
    Aber sie müssen ihre Ideale von wissenschaftlicher Wahrheit, Gewaltlosigkeit oder Gleichberechtigung durchsetzen gegen eine Front aus Ignoranz und Selbstsucht ‒ Unarten, die in Trumps Amerika wieder salonfähig geworden sind. Dennoch sieht Philip Glass für die Künste nicht ganz schwarz.
    Je repressiver die Politik, desto interessanter die Künste! Dabei verweist der Sohn eines Plattenladenbesitzers aus Baltimore auf die fünfziger Jahre, in denen er aufgewachsen ist. Damals gab es die dumpfe, antikommunistische Hexenjagd von McCarthy, aber gleichzeitig die Beatniks, den Rock’n Roll und die verrückten Entwicklungen in Europa.
    Zehn Jahre später saß Glass inmitten seiner Mitstreiter an elektrischen Orgeln und hämmerte das heraus, was sich in den vergangenen zehn Jahren angestaut hatte. Mozart und Mahler, Frank Zappa und David Bowie, Wagner und indische Ragas ‒ alles wird in der Zentrifuge seiner Wiederholungen zum typischen Glass-Gemisch. Der angebliche Minimalist ist in Wahrheit ein Maximalist.
    Musik: Philip Glass, Violinkonzert Nr. 1, 2. Satz
    Glass arbeitete als Taxifahrer und Klempner
    Damals hätte Philip Glass nicht gedacht, dass er mal von der Musik leben könnte. Die Leute bewarfen seine Musiker mit Eiern und Tomaten ‒ eine Blitzkarriere war nicht in Sicht. Glass arbeitete als, Möbelpacker und konnte erst mit 41 Jahren mehr Geld mit Aufführungen seiner Musik verdienen.
    Musikgeschichte schrieb Philip Glass endgültig im Jahr 1976: Beim Avignon Festival kam Einstein On The Beach heraus, eine Oper von fast fünf Stunden Dauer ‒ das zeitgemäße Update von Richard Wagners Gesamtkunstwerk, das diesmal nicht von einem, sondern von vielen Köpfen geschaffen wurde ‒ in diesem Fall zusammen mit dem Bühnenkünstler Robert Wilson und der Choreografin Lucinda Childs. Seitdem hat Glass mit den wichtigsten Künstlern und Literaten seiner Generation zusammengearbeitet: von Richard Serra bis Sol LeWit, von Doris Lessing bis Leonard Cohen.
    Unabhängigkeit sei ihm wichtiger als Erfolg, sagt ausgerechnet einer der erfolgreichsten Neue-Musik-Komponisten der USA.