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Jamaika-Sondierungen
Showdown in Berlin

Die Jamaika-Gespräche gehen in die entscheidende Verhandlungsrunde. Nach wie vor fehlt bei zahlreichen wichtigen Punkten noch eine Übereinstimmung. Eine Verlängerung der Sondierungen soll es definitiv nicht geben.

Von Paul Vorreiter | 16.11.2017
    Luftballons in den Jamaika-Farben fliegen am 18.10.2017 in Berlin bei der Parlamentarischen Gesellschaft. Union, FDP und Grüne beginnen hier die Sondierungen für eine Jamaika-Koalition. Die Organisation "Mehr Demokratie" demonstrierte mit der Aktion für bundesweite Volksentscheide im Koalitionsvertrag.
    Jamaika-Sondierungen in Berlin (Kay Nietfeld/dpa)
    Heute soll es so weit sein. Die Sondierungen von CDU, CSU, FDP und Grüne sollen zum Abschluss kommen. Doch bis es so weit ist, "Da ist noch ganz schön viel wegzuschaufeln", meint jedenfalls CSU-Landesgruppenchef, Alexander Dobrindt kurz nach Ende der Sondierungsrunde zu Klima und Finanzen. Er verwies auf viel Gesprächsbedarf - auch das habe die Gespräche so lange werden lassen und manche Frage offen gelassen.
    Gerade wenn es ums Geld geht, gehe es schließlich um Grundsätzliches: "Für uns ist wichtig, dass der ausgeglichene Haushalt, die Schwarze Null nicht infrage gestellt wird und dann muss man sehen, was man mit den Möglichkeiten dann an Maßnahmen verwirklichen kann, da gibt es bei den Parteien unterschiedliche Prioritäten und so etwas bei begrenzten Finanzvolumen zusammen zu kriegen ist eine große Herausforderung."
    Finanzen als Streitpunkt
    Beim Thema Finanzen war lange Zeit nicht klar, wie groß der Spielraum für die Parteien überhaupt ist. Die Jamaika-Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen gehen inzwischen von bis zu 40 Milliarden aus, die in den kommenden vier Jahren ausgegeben werden könnten.
    Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner kommt zur Fortsetzung der Sondierungsverhandlungen zwischen CDU, CSU, FDP und Bündnis90/Die Grünen am 30.10.2017 in der Deutschen Parlamentarische Gesellschaft in Berlin an.
    Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner bei den den Sondierungsverhandlungen. (dpa-Bildfunk / Michael Kappeler)
    FDP-Chef Christian Lindner sagte, man sei bei den Finanzen einen wesentlichen Schritt weitergekommen. Seine Partei hatte sich zuletzt vor allem darum gestritten, wie der Solidaritätszuschlag abgeschafft oder zumindest abgeschmolzen werden kann; Steuererhöhungen schließen die Liberalen aus.
    Keinen Durchbruch bei Klima und Energie
    Grünen-Verhandler Jürgen Trittin ist mit Blick auf die FDP erneut deutlich geworden: "Die FDP hat bis heute keine einzige Idee, wie sie diese Entlastung gegenfinanzieren will. Wir haben in einigen Punkten versucht, die Dissense einzugrenzen, aber es ist viel offen geblieben, was auch damit zu tun hat, dass die Vorstellungen von CSU und CDU in vielen Punkten nicht einig sind, das gucken wir uns morgen an, weil am Ende muss ein Strich drunter gezogen werden."
    Einen Strich drunter ziehen - das müssen die Chefverhandler inzwischen unter Einiges. Die Liste ist lang: Am Abend gab es beim Thema Klima und Energie keinen Durchbruch. Hier bleibt die Frage offen, wie viele Tonnen klimaschädliches Co2 die möglichen Jamaika-Koalitionäre einsparen wollen und wie viele Kohlekraftwerke dafür vom Netz genommen werden müssen.
    Einigung zum Familiennachzug steht nach wie vor aus
    In der Zuwanderung steht die Einigung zum Familiennachzug von eingeschränkt schutzbedürftigen Flüchtlingen nach wie vor aus. Beim Thema Europa: Wie großzügig sollen die Mitgliedsländer der EU strauchelnde Krisenstaaten finanziell auffangen?
    Ob sich alle diese Fragen in der zu erwartenden Nachtsitzung ultimativ ausräumen lassen? Der Tagesplan heute ist jedenfalls gestopft voll. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer: "Wir haben als CSU am Vormittag die internen Runden, die CDU auch, dann gemeinsam mit CDU und CSU und dann gehen wir am Mittag in die weiteren Verhandlungen."
    Der Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir, und die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sprechen am 14.11.2017 vor den Sondierungsgesprächen von CDU, CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin zu den Journalisten.
    Der Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir, und die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. (dpa / Kay Nietfeld)
    Verlängerung ist nicht vorgesehen
    Dann soll die Entscheidungsrunde aus Spitzenpolitikern der vier Parteien im Haus der Parlamentarischen Gesellschaft, gleich neben dem Reichstagsgebäude, zusammenkommen. Am Abend sollen die mehr als 50 Unterhändler über den Stand der Dinge informiert werden. Anschließend dürften die entscheidenden Gespräche im kleinen Kreis der Verhandlungsführer fortgesetzt werden.
    Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer will nicht in die Verlängerung gehen. Der "Rheinischen Post" sagte die CDU-Politikerin: Wenn man nach drei Wochen Verhandlungen nicht sagen könne, dass man ein stabiles Regierungsbündnis miteinander eingehen kann, dann helfen auch drei weitere Tage nicht weiter.
    CDU und CSU wollen an diesem Wochenende schon über die Ergebnisse der Sondierungen beraten. Ob das klappt, wohl auch von Witterungsbedingungen abhängig. Manch einer unter den Sondierern sieht bei den Verhandlungen einen Hurricane aufziehen: Grünen-Chef Cem Özdemir rätselt, wer das sein könnte: "Lassen Sie mich raten. Der Vorname heißt Andreas und der Nachname Scheuer. - Sie liegen falsch - Echt, der war es nicht? Der Kubicki? Gut - dann lassen wir ihn im Hurricane alleine stehen".