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Konkurrenzkampf zulasten der Kunden

Sparkassen und Volksbanken werben mit einem dichten Netz von Geldautomaten in ganz Deutschland. Dass auch Kunden von Direktbanken an ihren Automaten mit der Kreditkarte Geld abheben können, ärgert sie. Nun wird der Streit auf dem Rücken der Kunden ausgetragen.

Von Annette Eversberg | 12.08.2013
    Greven ist ein kleiner Ort mit rund 35.000 Einwohnern im Münsterland. Die Volksbank liegt mitten in der Einkaufszone. Wer hier mit der Visa-Card Bargeld aus dem Geldautomaten ziehen will, tut das vergeblich. Er muss zu einer anderen Bank gehen. Volksbank-Vorstand Dietmar Dertwinkel nennt den Grund:

    "Grundsätzlich haben wir festgestellt, dass unsere Kunden mit EC-Karten ausgestattet sind und auch mit EC-Karten das Bargeld verfügen. Die Kreditkarte per se ist erst für den bargeldlosen Zahlungsverkehr eigentlich notwendig. Und so haben wir gesagt, wenn unsere Kunden es nicht nutzen, schalten wir die Geldautomaten für Kreditkarten nicht mehr frei, weil unsere Kunden mit EC-Karten verfügen und Kreditkarten zur Bargeldverfügung überhaupt nicht nutzen."

    Von der Sperrung sind nicht nur die Volksbankkunden vor Ort in Greven betroffen. Auch alle Kunden einer Direktbank wie der Ing-Diba-, der Comdirect oder der DKB, die ausschließlich oder überwiegend mit ihrer Kreditkarte Geld am Automaten abholen. Bisher kamen Klagen vor allem über Sparkassenfilialen. Denn insgesamt 80 Sparkassenfilialen bundesweit haben ihre Automaten für die Kreditkarten der Direktbanken gesperrt. Alexander Baumgart, Pressesprecher der ING-DiBa-Bank.

    "Wenn ein Kunde uns meldet, dass die Visakarte an dem Geldautomaten abgewiesen worden ist, prüfen wir das zunächst. Wenn tatsächlich sich herausstellt, dass die Visakarte gesperrt worden ist, schreiben wir in der Regel das betroffene Institut an und fordern es auf, die Sperrung aufzuheben. Wir beziehen uns dabei auch auf ein Urteil des Oberlandesgerichts München aus dem Jahre 2010, das der Sparkasse Ingolstadt untersagt hatte, die Visa-Card von Kunden von Direktbanken für ihre Geldautomaten zu sperren."

    Ruhe ist seit diesem Urteil nicht eingekehrt, sondern man scheint nach Lücken zu suchen, das Urteil zu umgehen. Die Sparkassen und auch die Volksbanken, sind nach wie vor nicht bereit, Direktbankkunden ihre bundesweit rund 43.000 Geldautomaten uneingeschränkt zur Verfügung zu stellen. Wie vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband und auch vom Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken zu hören ist. Die Direktbanken sind inzwischen ernst zu nehmende Konkurrenten. Allein die ING-DiBa, die Comdirect und die DKB haben durch ihre kostengünstigen Angebote bereits 13 Millionen Kunden gewonnen. Etwa halb so viel wie die Kunden der Volksbank. Die Kosten für Bargeldabhebungen mit der Visa-Card übernehmen die Online-Banken für ihre Kunden. Die Volksbank Greven will mit der generellen Sperrung ihrer Geldautomaten in der Grevener Innenstadt für Kreditkarten den Vorwurf umgehen, man benachteilige Kunden der Direktbanken. Dietmar Dertwinkel übt aber Kritik an den Gebühren, die seine Bank von Visa Deutschland erhält.

    "Es ist so, bei einer Barverfügung bekommen wir von der Visa rund einen Euro an Gebühr. Und das deckt einfach die Kosten für Kauf, Unterhalt, Befüllung etc. nicht."

    Visa teilt zur Geldautomatensperrung der Volksbank Greven mit, dass der Streit zwischen Sparkassen, Volksbanken und Privatbanken – so wörtlich - "aktiv über Visa Europe" ausgetragen werde und verlangt weiter: "Kartentransaktionen müssen transparent, schnell, sicher und bequem für den Endkonsumenten sein." Dietmar Dertwinkel verweist auf einen Geldautomaten der Volksbank am Flughafen Münster-Osnabrück, an dem man weiter kostenlos Bargeld abheben kann.

    "Dazu haben wir uns verpflichtet. Das tun wir auch. Von daher bleiben wir bei dem Standpunkt, eine Kreditkarte ist zum bargeldlosen Zahlungsverkehr da. Und glauben uns auf der richtigen Seite, dass wir das, was wir mit der Visa vertraglich geregelt haben, auch einhalten."

    Anabel Oelmann, Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen kritisiert das Vorgehen der Volksbank Greven als verbraucherfeindlich.

    "Hier wird dieser ganze Kampf zwischen Online-Banken und Filialbanken wirklich auf dem Rücken der Verbraucher ausgetragen. Es ist für mich als Verbraucher, wenn ich an einem Geldautomaten stehe, keine Lösung zu wissen, dass ich ein Taxi zum Flughafen nehmen könnte. Und wir haben auch andere Beispiele in anderen Regionen, wo beispielsweise auf kleinen Inseln im norddeutschen Bereich, der einzige Geldautomat auf dieser Insel so betroffen ist, und die Kunden dort gar kein Geld bekommen können mit ihrer Kreditkarte."

    Die Kreissparkasse in Greven hat keine Sperrung ihrer Geldautomaten für Kreditkarten geplant. Auch die Commerzbank hat auf Anfrage mitgeteilt, dass - so wörtlich – "Kunden von Direktbanken mit ihrer Kreditkarte an Geldautomaten der Commerzbank kostenlos Geld abheben" können.