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Konsumklima
"Kein großer ökonomischer Kick durch den Weltmeister-Titel"

Es wurde mehr gegrillt, mehr getrunken und mehr ausgegangen - vier Wochen Fußball-Weltmeisterschaft haben einzelnen Branchen Mehrumsätze eingebracht. Auf das Konsumklima insgesamt hat der Weltmeistertitel wenig Einfluss, sagte Rolf Bürkl von der Gesellschaft für Konsumforschung im DLF. Hoffnung verspreche allerdings der "vierte Stern".

Rolf Bürkl im Gespräch mit Birgid Becker | 14.07.2014
    Fans der deutschen Mannschaft in Sao Paulo fiebern mit während des Finales um die Fußball-Weltmeisterschaft.
    Auch Fanartikel wurden besonders nachgefragt. (picture alliance / EFE / Carlos Villalba Racines)
    Birgid Becker: Deutschland ist Fußball-Weltmeister. Das Land feiert, zumindest der fußballbegeisterte Teil davon, und der ist im Moment recht groß. Und wenn nun die Wirtschaft zur Hälfte aus Psychologie besteht, dann müsste es doch am Tag nach dem Tag gestern einen richtig gehenden Kick für die Ökonomie geben. Ist das so? Das habe ich Rolf Bürkl von der Gesellschaft für Konsumforschung, der GFK gefragt.
    Rolf Bürkl: Ich gehe nicht davon aus, dass wir einen großen ökonomischen Kick durch den Weltmeister-Titel erfahren werden, denn die Stimmung, gerade die Konsumstimmung in Deutschland ist derzeit doch schon besonders hoch und da ist nicht mehr sehr viel Spielraum nach oben, um die Stimmung noch zu verbessern. Es wird sicherlich generell die Stimmung im Land jetzt eine Zeit lang sehr euphorisch sein, aber die Auswirkungen auf das Konsumverhalten und auf das Konsumklima werden doch eher marginal sein.
    Becker: Wenn Sie jetzt zurückblicken – die GFK misst ja in regelmäßigen Abständen das sogenannte Konsumklima, also die Kauflaune, oder auch die Geschäftserwartungen der Unternehmen. Wenn Sie nun zurückblicken, gab es solche isolierten Ereignisse, bei denen man sagen konnte, ja, das hat Kauflaune und Geschäftserwartungen nachhaltig nach oben getrieben oder nach unten gedrückt? Gibt es so was?
    Bürkl: Es gab schon immer mal auch wieder Ereignisse, die die Konsumstimmung positiv beeinflusst haben. Das war vor allem auch dann der Fall, wenn die Konsumstimmung relativ schlecht war. Wenn wir ein sehr niedriges Niveau der Verbraucherstimmung hatten, dann waren die Effekte doch eher zu messen und auch signifikant, auch bei so guten Ereignissen wie der Fußball-Weltmeisterschaft. Aber oft messen wir natürlich auch bei anderen Ereignissen, wenn es zum Beispiel zu Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank kommt. Die haben oft größere Auswirkungen dann auch auf das Konsumverhalten.
    Becker: Aber wenn wir schon oben sind, meinen Sie, dann wird die Luft dünn, auch fürs Konsumklima, auch für die Geschäftserwartungen?
    Bürkl: Wir haben bereits ein sehr hohes Niveau, was die Konsumstimmung betrifft. Das Konsumklima, auch die Einkommenserwartungen, die Konsumneigung ist auf einem überaus hohen Niveau und da bleibt nicht mehr sehr viel Spielraum für eine weitere Erhöhung. Deshalb sind auch die Möglichkeiten, dass es hier noch zu einem weiteren signifikanten Anstieg kommt, doch sehr begrenzt.
    Komsumklima ist schon sehr hoch
    Becker: Nun kam es ja, auch wenn Deutschland nicht Weltmeister geworden wäre, wenn es Platz zwei geworden wäre, immerhin dazu, dass wir einen ganzen Monat lang dabei waren. Bei einem früheren Ausscheiden wäre die ganze WM-Begeisterung ja viel schneller vorbei gewesen. Was können solche vier Wochen im Konsum ausmachen? Ist das messbar?
    Bürkl: Das ist in einigen speziellen Branchen sicherlich auch messbar. Es wurde ja auch bereits gemessen, zum Beispiel in der Getränkeindustrie, all die Sachen, die mit Grillen zu tun haben, wenn Public Viewing ist. Dann gewinnen solche Branchen wie die Getränkeindustrie, wie Knabbereien zum Beispiel und alles, was mit dem Grillen zu tun hat. Das ist dann hier im Vorteil.
    Becker: Das sind dann auch die Branchen, die besonders laut „Danke, deutsche Elf" sagen dürften?
    Bürkl: Die werden sich in erster Linie sehr herzlich dafür bedanken und vor allem auch im Bereich der Sportartikel-Industrie diejenigen, die die Trikots, die National-Trikots vertreiben. Da könnte jetzt natürlich, wenn jetzt der vierte Stern draufkommt auf die Trikots, noch ein zusätzlicher Schub einsetzen. Das wäre auch ein Bereich, der sicherlich noch etwas profitieren dürfte.
    Becker: Rolf Bürkl war das von der Gesellschaft für Konsumforschung, der GFK.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.