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Kontaktbeamte in Schwerin
Ansprechpartner für alles

Unbezahlte Strafzettel, Graffitis an der Schule - aber auch Intensivtäter unter Jugendlichen: Wenn die Kontaktbeamten der Polizei in Schwerin auf die Straße gehen, begegnen sie vielfältigen Problemen. Für die Anwohner sind sie zu wichtigen Ansprechpartnern geworden. Doch ein Wunsch bleibt noch übrig.

Von Silke Hasselmann | 22.02.2018
    Der Polizei-Kontaktbeamte Maik Schmidt fährt am Mittwoch (09.11.2011) im Rahmen seines Streifendienstes mit dem Stadtbus der Linie 2 durch Neubrandenburg.
    Etwa zehn KOBs - bürgernahe Kontaktbeamte - sind zur Zeit in Schwerin unterwegs, sie sollen das "Ohr an der Masse" haben (dpa / Jens Büttner)
    "Wollen wir?"
    "Auto hab' ich."
    "Mütze nicht vergessen!"
    Sonst zumeist allein in ihren jeweiligen Stadtgebieten unterwegs, verlassen die Kontaktbeamten Stephan Dingler und Thomas Böhm das Polizeihauptrevier Schwerin heute für eine gemeinsame Tour.
    "So, auf in den Stadtteil 'Waldeslust'!", sagt Polizeihauptkommissar Dingler und meint die Plattenbau-Siedlung Mueßer Holz, für die sein Kollege zuständig ist. Der sagt an:
    "Otto-von-Guericke-Straße, ED-Maßnahme angeordnet."
    Erkennungsdienstliche Maßnahmen und sieben Tage Erzwingungshaft für jenen Mann, mit dem Kontaktbeamter Thomas Böhm schon mehrmals erfolglos Kontakt aufnehmen wollte. So steht es in jenem Schriftstück, das sein Innenstadt-Kollege nun überfliegt.
    "Also wir haben als Kontaktbeamte die Haftbefehle auf dem Tisch, bei denen es letztlich um Erzwingungshaftbefehle geht. Da sind schlicht und ergreifend Strafzettel nicht bezahlt worden. Hier, unter anderem, liegt jetzt ein Haftbefehl vor gegen einen Bewohner aus dem Stadtteil Mueßer Holz. Der muss ein bisschen Geld bezahlen und soll gleichzeitig zu einer erkennungsdienstlichen Maßnahme mitgenommen werden. Das heißt, wenn wir den antreffen, kommt er dann mit und Fingerabdrücke werden genommen. Fotos werden gemacht. Das ist jetzt sozusagen unser Ziel."
    Stadtteil mit 10.000 Anwohnern
    Auf dem Weg dahin erzählt Thomas Böhm über diesen, seinen Stadtteil, in dem 10.000 Menschen leben, darunter viele Hartz IV-Empfänger und zunehmend Migranten und Asylbewerber. Der Polizist biegt ab. Zwischenziel nämlich: die Förderschule "Am Fernsehturm"
    "Hier bin ich, sind wir viel unterwegs in den Klassen. Machen ein bisschen Präventionsarbeit. Jetzt bin ich hier, weil gestern alles beschmiert wurde. Da gibt es eine Strafanzeige wegen Sachbeschädigung Graffiti. Die ganze Turnhalle, die Schulfassade, und hier hinter ist auch eine Baustelle. Da sind einige Baustellenobjekte beschmiert worden. Das ist Kinderhand, das sieht man. Aber die Schadenshöhe ist natürlich immens."
    "Wenn man Rat braucht, kommt er"
    Die beschmierten Fassaden sind nicht das einzige Problem, über das Schulleiterin Anett Schulz mit ihrem Kontaktbeamten Thomas Böhm spricht, denn:
    "Wir kennen uns jetzt auch schon über Jahre und wenn man mal Rat braucht, dann kommt er. Da reicht ein Anruf, und das fängt an bei Elternbeschwerden, bei Schülern, die auffällig werden im Freizeitbereich. Umgang mit Drogen steht bei uns ganz oft auf der Tagesordnung. Und da ist er dann immer als Rechtsbeistand für mich an meiner Seite. Früher sagte man 'Mein Freund und Helfer'. Und so sehen ihn auch die Schüler."
    Einige Jugendliche sind ein Dauerproblem
    In der Otto-von-Guericke-Straße hinterlässt wenig später Polizeihauptmeister Böhm zum dritten Mal seine Visitenkarte an der Tür ohne Namensschild. Der Säumige möge sich dringend melden. Geld oder Knast? Keines von beidem, auch heute nicht.
    Also Ortswechsel. Es geht in die Innenstadt, wo der 40-jährige Stephan Dingler Ansprechpartner für rund 30.000 Bewohner und die Touristen ist. Und auch für Sicherheitsdienste wie jenem im Schlosspark Center. Größtes Problem dort seit einiger Zeit: die ausländischen Jugendlichen, die sich oft in großen Gruppen im Kaufhaus treffen, um dank des kostenlosen WLAN-Angebotes per Smartphone und Internet zu kommunizieren. Ausweiskontrolle.
    "Redet mal bitte Deutsch, wenn ich dabei bin, damit ich euch verstehe."
    "Kann ich mal wissen, wozu Sie meinen Ausweis brauchen?"
    "Weil ich wissen will, wie alt Sie sind, weil Sie rauchen."
    In fünf Tagen werde er 18, sagt der Afghane in sehr gutem Deutsch. Die Polizisten erklären den Jungs, wo sie die Zigarettenstummel hinzuwerfen haben und verabschieden sich mit einem warnenden 'Bleibt sauber!' Kein Wunder, haben sie doch zwei sogenannte Intensivtäter in der Gruppe erkannt. Jungs, die immer wieder durch Schlägereien, Messerstechereien oder kleinkriminelle Taten in Schwerin auffallen und ein Dauerproblem auch für die Kontaktbeamten der Schweriner Polizei darstellen.
    Wichtiger Ansprechpartner
    Unterdessen hat Ehepaar Barholz die Kontaktbeamten erkannt und ihnen das Problem mit einem besonders zerstörungswütigen 13-Jährigen aus der Nachbarschaft geschildert. Was zu DDR-Zeiten der ABV - der Abschnittsbevollmächtigte - war, sei seit einigen Jahren in Meck-Pomm der Kontaktbeamte: KOB. Nur ohne die damalige politisch-ideologische Färbung, lobt Frau Barholz:.
    "Erst mal muss ich sagen: Man hat einen Ansprechpartner. Oft ist es auch so, dass die Probleme, die vor Ort auftauchen, gleich geklärt werden können."
    "Einer der wichtigsten Menschen, die es überhaupt in so einem Wohnviertel gibt. Sehr wichtige Leute, ehrlich."
    "Es ist schade, dass es zu wenige von denen gibt."