Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

Kontoeröffnung
Legitimierung per Videoschalte

Wer ein Konto eröffnen möchte und dazu nicht in die jeweilige Bank kommen kann, muss ein Formular ausfüllen und seine Identität bei der Post bezeugen lassen - durch Vorlage des Ausweises. Doch die Zeiten ändern sich: Die überwiegend online tätige Bank ING Diba führt jetzt ein Verfahren ein, bei dem man am Rechner sitzen bleiben kann.

Von Michael Braun | 09.09.2014
    Er ist zwar pingelig, aber der Bundesfinanzminister hat doch ein offenes Ohr für neue Techniken. Wer ein Konto eröffnet, muss sich ausweisen, und zwar persönlich. Das schreibt das Geldwäschegesetz vor. Aber die persönliche Identifizierung muss nicht in der Bankfiliale stattfinden. Bisher gab es als Ersatz für die persönliche Begegnung das Postident-Verfahren: Ein Mitarbeiter der Post prüfte Personalausweis und Foto und stellte fest, dass der Ausweisinhaber tatsächlich vor ihm stand, sammelte die notwendigen Unterschriften ein und schickte alles zur Bank. Das geht jetzt auch über das Internet:
    "Die Videolegitimation funktioniert total einfach. Die Verbindung ist übe Internet und Webcam. Und dann haben Sie einen tatsächlichen, persönlichen Ansprechpartner, mit dem Sie das Gespräch führen und der Ihnen genau sagt, was Sie zu tun haben, damit das gut funktioniert."
    Sagt Katharina Herrmann, Vorstandsmitglied der Direktbank ING-DiBa. Wer ein Konto bei einer womöglich fern sitzenden, aber über Internet leicht erreichbaren Bank eröffnen will, muss also nicht mehr zur Post, sondern kann sich vom heimischen PC aus oder über das Smartphone identifizieren.
    Per Smartphone oder PC
    Neben einer stabilen Internet-Verbindung und einer Webcam ist eine aktuelle Version des Firefox-, Chrome- oder Opera-Browsers nötig. Bei denen ist eine im Hintergrund benutzte Technik integriert, eine WebRTC-Funktionalität, die Realtime-Kommunikation unterstützt. Über diese Verbindung wird ein externer Dienstleister der Bank angewählt. Der guckt sich den potenziellen Bankkunden an, stellt Fragen zur Person, lässt sich den Ausweis in die Kamera halten, der Kunde muss ihn kippen, damit das Hologramm erkennbar wird – was bei einer Fotokopie des Ausweises nicht funktionieren würde. Die Bankenaufsicht Bafin hat in einem Rundschreiben an die Finanzwelt kundgetan, dieses Verfahren sei erlaubt. Das Bundesfinanzministerium, teilte die Bafin mit, habe das Geldwäschegesetz so ausgelegt,
    "dass unter bestimmten Voraussetzungen auch dann von einer "persönlichen Anwesenheit" auszugehen ist, wenn die am Identifizierungsverfahren Beteiligten zwar nicht physisch, aber im Rahmen einer Videoübertragung visuell wahrnehmbar sind sowie gleichzeitig eine sprachliche Kontaktaufnahme möglich ist und in diesem Zusammenhang eine Überprüfung der Identität des Vertragspartners anhand eines Identifikationsdokuments vorgenommen werden kann. In diesem Fall werde ungeachtet der räumlichen Trennung eine sinnliche Wahrnehmung der am Identifizierungsprozess beteiligten Personen ermöglicht, da sich die zu identifizierende Person und der Mitarbeiter im Rahmen der Videoübertragung "von Angesicht zu Angesicht" gegenübersitzen und kommunizieren."
    Erste große Direktbank
    Die ING Diba ist die erste große Direktbank, die das Verfahren einführt. Die kleine Süd-West-Kreditbank war im April die erste. Sie hatte Vorbehalte bei Kunden gespürt, die den fremden Mitarbeiter des Callcenters nicht über Webcam ins Wohnzimmergucken lassen wollten. Doch der Bildausschnitt der Webcam ist klein. Und wenn, wie geplant, weitere große Institute wie die DKB Bank und die Comdirect, noch in diesem Jahr einsteigen wollen, dürften die Vorbehalte schwinden, hofft die Branche. Die Sicherheit des Verfahrens sei gegeben, sagt ING-Diba-Vorstand Katharina Herrmann:
    "Ja. Sicherheit ist natürlich für uns ein superwichtiger Aspekt. Das wird einerseits sichergestellt, dass der Personalausweis nah in die Kamera gehalten wird. Und zum Beispiel auch gekippt wird, damit man sieht, ob es sich wirklich um einen Original-Ausweis handelt. Und zum anderen sind diese Mitarbeiter speziell ausgebildet und achten auf ganz verschiedene Aspekte, um wirklich sicherzustellen, dass die Person, die sich dort identifiziert, auch identisch ist mit der Person auf dem Ausweis."
    Die Bankenaufsicht hat dazu in ihrem Rundschreiben klare Dokumentationspflichten formuliert: Im Rahmen der Videoübertragung seien.
    "Fotos / Screenshots anzufertigen, auf denen der Vertragspartner sowie Vorder- und Rückseite des von diesem zur Identifizierung verwendeten Ausweisdokumentes und die darauf jeweils enthaltenen Angaben deutlich erkennbar sind. Der Kunde hat ferner während der Videoübertragung die vollständige Seriennummer seines Ausweisdokuments mitzuteilen. Das Gespräch zwischen dem Mitarbeiter und dem Vertragspartner ist zudem akustisch aufzuzeichnen."
    Zum bisherigen PostIdent-Verfahren hätte die Bankenbranche auch deshalb gerne eine Alternative, weil es vielen onlineaffinen Kunden zu lästig ist. Da könnte ja Geschäft verloren gehen.