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Konzertbetrieb in Corona-Zeiten
DOV plädiert für Sitzpläne im Schachbrettmuster

In NRW dürfen bis zu 1.000 Menschen in ein Konzert, in Bayern meist nur 200. "Mindestens 50 Prozent Auslastung muss möglich sein", sagte Gerald Mertens im Dlf. Mit einem offenen Brief hofft der Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung (DOV), die Ministerpräsidenten zum Umdenken zu bewegen.

Gerald Mertens im Gespräch mit Jörg Biesler | 15.09.2020
Ein Orchester, von schräg oben betrachtet, spielt vor leeren Zuschauerrängen.
Das Kölner Gürzenich-Orchester, wie es im März 2020 vor leeren Zuschauerrängen spielte (Gürzenich-Orchester Köln © Alexander Roll/DuMont)
Die Deutsche Orchestervereinigung (DOV) hat einen offenen Brief an die Ministerpräsidenten der Bundesländer gerichtet. Darin fordert sie, "durch Anpassung der Infektionsschutzverordnungen das Verantwortbare zu ermöglichen und angemessenere Publikumszahlen für Konzerte, Theater und Veranstaltungen zuzulassen".
DOV-Geschäftsführer Gerald Mertens erklärte im Dlf, angemessene Publikumszahlen seien immer dann gegeben, "wenn die Veranstalter gewährleisten können, dass das eingelassene Publikum keine gesundheitlichen Schäden erleidet". Dazu hätten so gut wie alle Theater und Konzertsäle in Deutschland Sicherheits- und Hygienekonzepte erarbeitet.
"Wir sind der Auffassung, dass mindestens 50 Prozent Auslastung möglich sein muss", erklärte Mertens. Dabei sprach er sich für das Schachbrettmuster aus: Ein Platz wird besetzt, der nächste bleibt frei. Und in der Reihe dahinter werden die Plätze hinter den leeren Plätzen besetzt.
Dem Publikum die Angst nehmen
In ihrem offenen Brief schreibt die Deutsche Orchestervereinigung von ihrem Eindruck, dass gerade Kulturveranstaltungen bei der Zulassung von Publikum besonders restriktiv behandelt würden. Während Gerald Mertens mit dem Vorgehen in NRW, Rheinland-Pfalz und Berlin zufrieden ist, kritisiert er die restriktiven Regeln in den anderen Bundesländern - namentlich in Bayern. Dort gelte mit wenigen Ausnahmen nach wie vor eine Obergrenze von 200 Menschen im Publikum - egal wie groß der Saal sei. "Wir halten das nicht für zielführend", so Mertens.
Als positives Beispiel nennt der DOV-Geschäftsführer Rostock, wo man jetzt verschiedene Wege ausprobiert - mit höheren Zuschauerzahlen und Mund-Nasen-Schutz und mit geringeren ohne Maske. "Es muss wirklich flexibler werden", ist Mertens überzeugt.
Eine wichtige Aufgabe sieht Mertens auch darin, dem manchmal älteren Klassik-Publikum die Angst vor Konzerten in Corona-Zeiten zu nehmen. "Da ist eine entsprechende Aufklärung nötig: Dass man wirklich sicher sein kann, dass man ohne Infektionsgefahr zu seinem Platz gelangt und anschließend wieder aus dem Konzertsaal ohne größere Kontakte hinauskommt."
Private Veranstalter vor Problemen
Mit einer Saalbelegung von 50 Prozent ist laut Mertens ein wirtschaftlicher Betrieb bei öffentlichen Veranstaltern möglich. Durch kürzere Konzerte seien sogar zwei Aufführungen pro Tag zu realisieren - und damit sogar insgesamt 100 Prozent Platzangebot mit dem identischen Programm.
Schwierig bleibt seiner Meinung nach aber die Situation der privaten Veranstalter, "die darauf angewiesen sind, 70, 80 oder 90 Prozent der Plätze zu verkaufen. Für diese Veranstalter ist das nach wie vor zu wenig".
Bei den Ministerpräsidenten, die an restriktiven Maßnahmen in ihren Bundesländern festhalten, hofft der DOV-Geschäftsführer mit seinem offenen Brief ein Umdenken zu bewirken. "Dass sie sich an dem orientieren, was in anderen Bundesländern ohne Infektionsgefahr möglich ist."