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Konzertierte Aktion gegen Hurrikans

Meteorologie. - Wie jeden Sommer läuft derzeit an der US-Ostküste die Hurrikan-Saison. Solche Wetterphänomene lassen sich zwar weder beeinflussen und schon gar nicht abstellen, wohl aber untersuchen. Und so startet die US-Raumfahrtbehörde Nasa an diesem Wochenende ein sechswöchiges Experiment, in dessen Verlauf sie den Hurrikanen mit Satelliten und Flugzeugen zu Leibe rücken will.

Von Guido Meyer | 13.08.2010
    Die Routine ist stets die gleiche: Alle Jahre wieder sagen Meteorologen gebetsmühlenartig eine "ungewöhnlich starke Hurrikan-Saison" voraus – einerseits wegen vermeintlicher Erwärmung der Meere, andererseits, weil es im Vorjahr eben keine Hurrikans gegeben hat. Dummerweise halten sich die jedoch weder an den Klimawandel noch an die Vorjahresbilanz: In den letzten Jahren hat es so wenige Hurrikans gegeben wie nie. Es bleibt schwierig, solche Wetterphänomene vorherzusagen.

    "Das ist so wie bei einem Schmetterling, der mit einem Flügelschlag das Wetter irgendwoanders auf der Welt ändern kann. Genauso verhält es sich beispielsweise mit Gewittern innerhalb eines Wirbelsturms. Sie sind chaotisch und damit in Modellen nur schwer zu beschreiben. Kleine Ungenauigkeiten führen dann leicht dazu, dass die gesamte Prognose unzutreffend wird. Das sehen wir ja leider ständig bei den amerikanischen Wettervorhersagen."

    Scott Braun ist Meteorologe am Goddard-Raumfahrtzentrum der US-Weltraumbehörde Nasa in Greenbelt im US-Bundesstaat Maryland und für Hurrikan-Modelle zuständig - ein undankbarer Job. Denn die Wissenschaftler sind derzeit überfordert: Weder können sie vorhersagen, wann und wo ein Tropischer Sturm entsteht, noch wann und warum daraus ein Hurrikan wird.

    "Wir wissen nicht, ob die weitere Entwicklung eines Hurrikans von den atmosphärischen Bedingungen seiner Umgebung abhängt oder von Prozessen in seinem Innern. Oder vielleicht von beidem. Dominiert die eine Entwicklung die andere? Wir haben keine Ahnung. Oft beobachten wir schwere Gewitter um das Auge des Hurrikans herum, unmittelbar bevor der Sturm stärker wird. Wir können aber nicht sagen, ob diese Zunahme an Gewittern den Wirbelsturm anwachsen lässt, oder ob umgekehrt die Zunahme der Hurrikan-Stärke zu mehr Gewittern in seinem Innern führt."

    Fragen über Fragen, die die Nasa nun mit Satelliten aus Erdumlaufbahnen und Forschungsflugzeugen lösen will. Drei Maschinen aus Kalifornien, Texas und Florida sollen dazu starten, sobald sich im westlichen Atlantik, vor der US-Ostküste, ein tropischer Sturm gebildet hat. Grip nennt sich diese gemeinsame Überwachungsaktion aus der Luft und aus dem All; das steht für "Genesis and Rapid Intensification Processes" – Prozesse der Entstehung und rasanten Intensivierung von Stürmen also werden der Fokus der Beobachtungen sein, die auch mit unbemannten Flugzeugen durchgeführt werden sollen.

    "Unsere Drohnen vom Typ Global Hawk werden erstmals sowohl um als auch in ein tropisches Tiefdruckgebiet fliegen, das ganze für 18 bis 20 Stunden. So werden wir die längsten bislang am Stück durchgeführten Messungen über die Entwicklung eines Wirbelsturms erhalten. Da die Flugzeuge vom Typ Global Hawk in einer Höhe von mehr als 5000 Metern fliegen werden, können wir solche Tiefs damit vorzüglich von oben beobachten."

    Gerald Heymsfield ist Experte für die Verfolgung von Wolken mittels Radar, ebenfalls am Goddard Space Flight Center. Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Regenmenge, Blitze, Wolkenstruktur und Ozeantemperatur – dies sind die Faktoren, die die Flugzeuge und Satelliten kontinuierlich beobachten sollen, um so den Prozess der Entstehung von Hurrikans nachvollziehen. Die Versuchsreihe soll nach sechs Wochen, Ende September, enden.