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Kopieren und Kaffeekochen im Praktikum - nein danke!

Manchmal erleben Schüler und Studenten während ihres Praktikums eine böse Überraschung. Firmen setzen Praktikanten als billige Arbeitskräfte ein. Bei der Jugend des Deutsches Gewerkschaftsbunds können Praktikanten Firmenwertungen abgeben.

Von Norman Laryea | 10.09.2010
    Über ein Praktikum in den Traumjob finden – nicht wenige Studenten haben diese Hoffnung und werden später bitter enttäuscht. Statt mehr über das Berufsleben zu lernen, stehen dann Überstunden, miese Bezahlung und Kaffee kochen auf dem Programm. Bekannt wurde so etwas früher höchstens privat durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Auf der Internetseite des Deutschen Gewerkschaftsbunds, DGB, ist es jetzt öffentlich. In insgesamt 14 Kategorien können Praktikanten hier ihren Betrieb bewerten. Sabrina Klaus-Schelletter von der DGB-Jugend, nennt einige Beispiele:
    "Es sind Angaben zur Firma, so etwas wie: Name, Sitz und auch Branchenzugehörigkeit. Und dann fragen wir sehr systematisch ab. Wie zufrieden sind die Praktikanten mit dem Gelernten? Gibt es eine Betreuung, eine Person die sich um den Praktikanten kümmert? Und der Rest ist eine Gesamtnote ähnlich wie in Schulen und ganz zum Schluss ist dann der Raum für freie Kommentare. "

    Und vor allem diese "freien Kommentare” haben es manchmal in sich. Auf wenigen Zeilen entlädt sich hier mitunter der geballte Praktikumsfrust. Wie etwa in diesem Beitrag:

    "Das "Praktikum" hatte nichts mit einem Praktikum zu tun. Ich war dort ausschließlich eine billige Arbeitskraft. Gelernt habe ich nichts, nur ausgeholfen. Ursprünglich sollte es ein Praktikum in der Organisation und Künstlerbetreuung sein. Am Ende habe ich alles gemacht - vom Kaffee kochen über Bühnenauf- und -abbau bis Putzen. Das war mit Abstand das schlechteste Praktikum, das ich jemals gemacht habe."

    Eine von insgesamt 2000 Bewertungen, die auf dem Praktikumsportal zu finden sind. 1700 Firmen wurden auf diese Art mittlerweile unter die Lupe genommen. Dabei kommen nicht alle Unternehmen schlecht weg. Positive und Negative Einträge halten sich in den meisten Branchen in etwa die Waage. Ausnahme ist die Werbebranche. Hier kommen die Unternehmen meistens schlecht weg. Ein Zustand, der die Werber oft selbst kreativ werden lässt.

    "Es ist immer unmittelbar auf eine negative Bewertung, dass dann zehn positive Bewertungen folgen. Alle im "sehr gut” mit "ja” beantwortet. Und die Texte hören sich an wie Werbetexte. Sehr freundliches Klima, sehr großräumig. Man liest es und hat den Eindruck: Es ist eine Werbeagentur. Und ganz oft eben auch noch die E-Mail-Adresse der Firma, die das absendet."

    Diese "kreative Eigenwerbung” wird von der DGB-Jugend schnell aus dem Netz genommen. Aber nicht nur mit solchen Methoden gehen Firmen gegen das Portal vor. Manchmal werden auch rechtliche Schritte angedroht. Weil die meisten Praktikanten es nicht auf einen Rechtsstreit ankommen lassen wollen, werden in einem solchen Fall die Bewertungen meistens von der Seite genommen.

    "Und wir sperren aber auch alle Bewertungen, die damit zusammenhängen. Wenn die Firma vorher positiv bewertet wurde, sperren wir nicht nur die Negative, sondern komplett alle und es ist natürlich für eine Firma nicht unbedingt positiv, wenn da steht: 'Diese Bewertung wurde auf Wunsch der Firma gesperrt'. Das ist natürlich für alle diejenigen, die das lesen, sollte das ein deutliches Signal sein."

    Es lohnt sich also schon vor dem Praktikum einen prüfenden Blick auf das Unternehmen zu werfen. Im Optimalfall kann man dann später über Erfahrungen berichten, die so klingen wie dieser Homepage-Eintrag.

    "Ich bin bei meinem Praktikum wirklich in einem supertollen Team gelandet. Waren alle sehr freundlich und hilfsbereit. Und auch die Aufgaben haben mir sehr viel Spaß gemacht."

    Praktikums-Scanner der DGB-Jugend