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Körperspende
Vermächtnis für die Wissenschaft

Medizinstudierende kennen den Anblick, manche fürchten ihn: Auf Metalltischen liegen präparierte Leichen, deren Brustkorb und Bauchdecke offen sind. Die Menschen auf den Tischen haben sich zu Lebzeiten entschieden ihren Körper zur Verfügung zu stellen. Warum tun sie das?

Von Kathrin Baumhöfer | 24.06.2020
Ein frisch präpariertes Herz mit dem Draht eines Schrittmachers
Ein frisch präpariertes Herz mit dem Draht eines Schrittmachers (Deutschlandradio / Kathrin Baumhöfer)
Zentrum Anatomie, Universität zu Köln, Kursus der Makroskopischen Anatomie, Tag 14.
"Herausnahme des Herzens. Entfernung des subepikardialen Fettgewebes und Präparation der Herzkranzgefäße am ganzen Herzen. Inspektion des leeren Herzbeutels, dann dessen Entfernung. Präparation der Leitungsbahnen des hinteren Mediastinums: Venae subclaviae, Venae brachiocephalicae, Venae cavae, Truncus pulmonalis, Arcus aortae, Ligamentum arteriosum."
Die Studierenden stehen an Metalltischen – zehn davon gibt es in diesem Saal, vier weitere in einem Saal dahinter – jeder von ihnen trägt einen weißen Kittel und blaue Gummihandschuhe. Auf dem Tisch ein Leichnam, dessen Haut größtenteils abpräpariert ist, auch im Gesicht. Die Augen sind geschlossen, alle Körperhaare abrasiert, Brustkorb und Bauchdecke geöffnet. Die Lunge fehlt, man sieht Herzbeutel, Zwerchfell, darunter Leber und Darmschlingen. Bis zur Hüfte steckt der Körper in einer Plastikhülle, damit er nicht austrocknet. Mann oder Frau – zu erkennen ist das so nicht.
Vermächtnis für die Wissenschaft
Diese Menschen sind Körperspender, haben sich also zu Lebzeiten dazu entschlossen, ihren Körper dem Universitätsklinikum "zu wissenschaftlichen Zwecken" zur Verfügung zu stellen und das in einer letztwilligen Verfügung festgelegt. In Köln – aber auch etwa an der Charité in Berlin - tun das pro Jahr etwa 100 Menschen. Seit dem Wegfall des Sterbegeldes im Jahr 2004 werden mit der Vereinbarung Kosten für die Bestattung fällig. Dieser Betrag variiert je nach Institut und liegt meist zwischen 1.000 und 1.400 Euro, zahlbar im Voraus nach der getroffenen Vereinbarung über die Körperspende. Martin Scaal, leitender Anatom der Universität zu Köln:
"Eine Körperspende ist sozusagen ein Vermächtnis, wo Menschen ihren Körper der Wissenschaft – in dem Fall eben der Universität zu Köln – vermachen. Sie erklären in einem Schriftstück, dass sie nach ihrem Tod hier in die Anatomie kommen möchten und da der Forschung und Lehre dienen möchten."
Elvira Schorn hat sich bereits vor mehr als 20 Jahren dazu entschlossen und von Anfang an über ihre Entscheidung gesprochen:
"Aber ich bin wirklich auf Kritik gestoßen. Also die sagten: Elvira, wie kannst du nur? Und warum? – Ich kann nur sagen, das ist eine Entscheidung, die muss jeder mit sich selber treffen. Ich möchte nach meinem Tod noch sagen können: Du hast ein gutes Werk getan, du hast der Menschheit noch irgendwie geholfen. Das ist für mich eine innere Befriedigung, die mir persönlich auch guttut."
Konkrete und unkonkrete Vorstellungen
Auch Eva Langer ist Körperspenderin. Sie, ihr Mann Bernhard und ihre Tochter Sabine sind zum Campus der Charité gekommen. Sie alle haben die Verfügung zur Körperspende unterschrieben.
"Weil ich finde, dass die Studenten die Möglichkeit haben müssen, tatsächlich an einem Objekt auszuprobieren, wo die Organe liegen beispielsweise. Oder wenn ein Organ entfernt werden muss, wie man das Messer ansetzt, was man machen kann. Und das kann man eigentlich nur, wenn man einen Körper zur Verfügung hat, den man sozusagen auseinandernehmen kann und daran arbeiten und studieren kann."
Sabine Langer hat eine konkrete Vorstellung:
"Mein Wunsch wäre, dass es der Sportmedizin dient. Ich bin ehemalige Tänzerin und würde mich sehr freuen, wenn man aus orthopädischen Erkenntnissen heraus den nächsten Generationen von Sportlern und Tänzern vielleicht Dinge ermöglichen kann, wie sie besser trainieren können, schonender mit ihrem Körper trainieren können, weil man eben sehen kann: Ah, da ist dies und das abgenutzt und hmm, das sieht aber gar nicht mehr gut aus. Das wäre ein persönlicher Wunsch von mir."
Autorin: "Haben Sie eine Vorliebe?"
Bernhard Langer: "Na, ich würde mich überraschen lassen. Nein, ich denke, aus medizinischer Sicht werden die Leute schon das machen, was sie brauchen und Vorstellungen in der Richtung habe ich überhaupt nicht."
Kein Körper ist wie der andere, sagt Martina Plaschke, Leiterin des Instituts für Körperspendewesen an der Charité.
"Natürlich hat jeder Mensch im Prinzip die gleichen Organe, aber die sehen anders aus, sie liegen anders, die Gefäße verlaufen anders, die Nerven zweigen sich minimal anders auf, und diese räumliche Anschauung und auch dieses Anfassen: Etwas begreifen, etwas verstehen, das hat auch was mit Anfassen zu tun. Und da ist der Präparierkurs unentbehrlich."
Die Studierenden stehen an Metalltischen und beugen sich über das Präparat. An jedem Tisch steht ein Skelettmodell.
Medizinstudierende beim Präparierkurs (Deutschlandradio / Kathrin Baumhöfer)
Im Präparierkurs
"Ist das hier der Sinus obliquus?"
"Nee, da kommt man ja nur dran, wenn man schon was freigeschnitten hat."
"Der Obliquus ist hinter den Venen."
"Ja, passt ja. Hier ist die Vena cava superior."
"Die ist voll dünn. Ich hatte mir die viel dicker vorgestellt."
"Pass auf deinen Finger auf!"
"Ich seh das, ich seh das."
"Oh Gott."
Der Körper blutet nicht. Er wurde für die studentische Ausbildung in Formalin und Alkohol konserviert. Diese Behandlung verändert das Aussehen des Körpers: Er sieht jetzt etwas gelblich-bräunlich aus; außerdem hat die Fixierung das Gewebe verfestigt. Falten sind verschwunden. Und er ist kalt. Zwischen dem Tod des Körperspenders und der Arbeit am Präparier-Tisch liegen bis zu zweieinhalb Jahre. Am ersten Tag des Kurses ist der Leichnam äußerlich unversehrt. Ein schwieriger Moment für viele angehende Medizinerinnen und Mediziner:
"Der erste Tag, wo die Leiche abgedeckt wird, das ist für alle ein bisschen befremdlich, auf jeden Fall. Ich glaube, da waren auch alle noch relativ scheu."
"Ich fand auch, der schwerste Schritt war wirklich, die Haut zu entfernen. Also erstmal, weil es natürlich ganz am Anfang war. Und dann, weil es ... es ist ja der tote Mensch, den man dann so anblickt."
Die erste Konfrontation mit dem Tod
Das ändert sich während der Arbeit, erzählt Martin Scaal:
"Die Studenten sind meistens sehr gefasst und konzentriert und versuchen, sich auch in dieses wissenschaftliche Denken hineinzufinden. Dann fordern wir die Studenten auch auf, erstmal den Leichnam so auf sich wirken zu lassen. Um eben auch diesen Aspekt des Todes ein bisschen wahrzunehmen, der vielleicht bei vielen noch nicht so da war. Das ist ein wichtiger Punkt, dass diese Kurse nicht ersetzt werden können von einem virtuellen Körper zum Beispiel. Denn die Konfrontation mit der Sterblichkeit ist für einen Arzt eine wichtige Erfahrung. Und das ist dann das erste Mal im Studium."
Die Medizinethikerin Annette Dufner von der Universität Bonn spricht von einer grenzüberschreitenden Erfahrung.
"Es muss ein sehr einschneidendes Erlebnis sein, mit einem menschlichen Leib ein so instrumentelles Verhältnis einzugehen. Es ist etwas, was im normalen Leben niemals passieren kann, selbst wenn man mit dem Tode konfrontiert ist. Man zerlegt keinen menschlichen Leib. Das gibt es nicht. Das ist … im Grunde genommen die Übergriffigkeit schlechthin."
Bewusstsein und Leib
Für Elvira Schorn ist der eigene Tod das Ereignis, das diese Übergriffigkeit aushebelt:
"Wenn ich die Augen zugemacht habe, denke ich ja nicht mehr. Ich meine, wenn man stirbt, gehen einem wahrscheinlich diese Gedanken ... Was wird jetzt danach mit dir passieren? Aber im Nachhinein, sag ich mal ganz ehrlich: Wat soll et?"
Auch Sabine und Bernhard Langer haben sich darüber Gedanken gemacht.
Sabine: "Die Menschen, die weggegangen sind, die leben ja in uns weiter. Wir vergessen sie nicht, wir erinnern uns an sie, sei es beim Strandspaziergang, sei es bei ganz alltäglichen Momenten. Das ist doch das, wo eine Seele – wenn man das so sagen will – weiterlebt. In den Leuten, die an sie denken."
Bernhard Langer: "Also, ich bin der Meinung, dass es da keine Seele mehr gibt, die da irgendwohin schwebt. Ich denke mal naturwissenschaftlich und die Geburt ist am Anfang und der Tod ist am Ende, und damit ist die Sache auch erledigt für mich."
In Kühlräumen wie diesem werden die gespendeten Körper aufbewahrt. Die Schilder benennen die Reihenfolge des Eingangs und das Jahr
In Kühlräumen wie diesem werden die gespendeten Körper aufbewahrt. Die Schilder benennen die Reihenfolge des Eingangs und das Jahr (Deutschlandradio / Kathrin Baumhöfer)
Die Medizinethikerin überrascht das nicht. Annette Dufner führt das darauf zurück, dass die Idee, Leib und Seele seien zwei verschiedene Instanzen, weit verbreitet sei.
"Ja, die Sache ‚Wenn ich tot bin, bin ich tot‘, das legt nahe, dass sich jemand primär mit seinem Bewusstsein identifiziert, nicht mit seinem Leib. Und wenn das Bewusstseins-Licht erloschen ist, dann ist auch das Ich zu Ende gegangen. Würde jetzt jemand sagen ‚Ich möchte keine Körperspende machen, weil ich besorgt bin um meine Seele‘, würde mich das eher überraschen, weil dieser Dualismus eben überraschend erscheinen lassen würde, wenn jemand glaubt, dass die Fortexistenz der Seele an die Fortexistenz eines intakten Leibes geknüpft sein muss", sagt Annette Dufner.
Der Körper als Leihgabe Gottes
Das war nicht immer so, sagt der Religionswissenschaftler Michael von Brück, der an der Ludwig-Maximilians-Universität in München gelehrt und mehrfach über Sterben, Tod und Jenseits publiziert hat. Sowohl Christentum als auch Judentum und Islam gehen grundsätzlich davon aus, dass der Körper unversehrt bleiben soll. Der Gedanke: der Körper als eine Leihgabe Gottes, über den man nicht verfügen darf. Nach den Worten des Religionswissenschaftlers kann dieser Aspekt aber einem anderen untergeordnet werden, der höher eingestuft wird, beispielsweise dem Schutz und der Erhaltung von Leben. Demnach wäre in liberalen Kreisen von Judentum, Islam und Christentum eine Körperspende zu vertreten, weil sie Medizinern die Voraussetzungen vermittelt, Leben zu erhalten und zu retten – immer unter der Prämisse, dass ein kommerzielles Interesse ausgeschlossen ist. Allerdings kann keine der Religionen in Fragen der modernen Medizinethik auf Aussagen von Propheten oder Schriften zurückgreifen, sodass viele unterschiedliche Meinungen existieren, betont von Brück. In der Praxis ist es deshalb oft entscheidend, ob sich jemand eher einer liberalen oder einer konservativen Strömung seiner Religion zuordnet.
"Man muss eine gewisse Distanz behalten"
Operationen – auch größerer Art – sind kein Hinderungsgrund für eine Körperspende. Die Krankengeschichte offenbart sich während der Präparation, auch das ist Gegenstand der Ausbildung.
"Oh! Ah! Ah ja! Ein Herzschrittmacher!"
"Kannst du den durchschneiden?"
"Ja, müssen wir ja."
In diesem Fall trägt der Körperspender einen Herzschrittmacher; das Kabel macht während der Präparation Probleme:
"Zieh!"
"Das kannst du doch nicht mit dem Skalpell, oder? Ok, anscheinend trotzdem."
"Die Klinge ist auf jeden Fall gleich hinüber."
"Nee, kannst du nicht."
"Doch!"
"Nee, das funktioniert nicht, das zieht sich nur lang."
"Wir haben doch die Schere!"
"Ich hab eine Schere."
"Ahhh!"
Die Studierenden kennen Geschlecht und Alter des Leichnams, den sie präparieren, der Rest bleibt anonym – auch für den Dozenten, sagt Martin Scaal:
"Selbst ich weiß die Namen nicht. Ich könnte das natürlich erfragen, wie die Namen sind, aber ich möchte das auch gar nicht wissen. Weil, sie müssen auch als Dozent dann eine gewisse Distanz behalten. Und um diese wissenschaftliche Distanz zu halten, ist es gut, glaube ich, nicht zu wissen, wer es ist."
Die Distanz finden
Und doch gibt es während der Präparation immer wieder Momente, in denen dieser wissenschaftliche Blickwinkel gebrochen wird.
"Also irgendwie... krass, dass man ein Herz in der Hand hält, das mal in einem Menschen geschlagen hat. Es kommt einem viel größer vor, als man sich das vorgestellt hat, also, ich zumindest. Schon faszinierend."
Abgelehnt hat deshalb noch keiner, sagen die Anatomen:
"Also, man denkt ja dann immer, es müsste allen schlecht werden und sie müssten umfallen", sagt Martina Plaschke. "Also ab und zu sackt der Blutdruck mal ab bei einigen wenigen. Aber das liegt dann meistens auch gar nicht an dem Körperspender oder der Situation; sondern aus lauter Angst, dass es ihnen schlecht wird, haben sie dann nichts gegessen und getrunken und dann noch diese Anspannung dazu, und dann fallen sie dann einfach um. Aber das passiert einmal und dann is’ aber auch gut."
Martin Scaal: "Ich habe schon Gespräche geführt mit Studenten, die Schwierigkeiten hatten, wo ich dann auch versucht habe, sie davon zu überzeugen, dass es der Wille des Menschen ist, der da liegt, dass er von ihr seziert wird. Und dass man auch ein bisschen Zeit braucht."
Entweder Körperspende oder Organspende
Grundsätzlich gilt: Wer sich zu einer Körperspende entschließt, kann nicht gleichzeitig Organspender sein, erklärt Martina Plaschke von der Charité:
"Also, sie können Organspender sein, das hätte dann immer Priorität. Aber wenn die Organspende aufgrund der Todesart gar nicht infrage kommt, dann würden sie Körperspender sein. Weil, wenn Organspende gemacht wird, kann keine Körperspende mehr erfolgen. Dann sind ja lebenswichtige Organe entnommen, die wir ja gerade lehren wollen."
Anders als bei Spenderorganen gibt es bei Körperspenden keinen Mangel. Die Universität Jena etwa schließt sogar – "aufgrund der in den letzten Jahren stark gestiegenen Bereitschaft", wie es auf der Internetseite heißt - seit 2007 keine neuen Vereinbarungen mehr ab. Unter den Körperspendern scheint ein Dilemma nicht präsent.
Sabine Langer: "Also, alles, was man irgendwie spenden kann, spende ich: ich bin Blutspenderin, ich in der DKMS-Spenderdatei aufgenommen, ich bin Organspenderin und, ja, jetzt auch Körperspenderin und ich würde das auch versuchen, den Leuten vorsichtig nahezulegen."
Eva Langer hat ihre Entscheidung mehr für die Körperspende als gegen eine Organspende getroffen:
Eva Langer: "Ich könnte mir vorstellen, dass man demjenigen sagt, wenn er so sehr dagegen ist: Er möchte gerne, wenn er mal krank wird, so gut behandelt werden und so gut operiert werden. Und das kann nur ein Arzt erlernen, wenn er Körper zur Verfügung hat, an denen er das üben kann."
In Köln gibt es Bedarf nicht nur für die Ausbildung der Studierenden, sondern auch für die Forschung und für Fortbildungen von Medizinerinnen und Medizinern, sagt Martin Scaal:
"Die Klinik hat eine sehr große Nachfrage nach unseren Körperspendern. Und das ist nicht nur die Unfallchirurgie, mit der wir hauptsächlich zusammenarbeiten. Wir arbeiten auch mit der HNO zum Beispiel zusammen. Die bieten auch Kurse an, zum Beispiel für Chirurgie der Ohrspeicheldrüse, für Chirurgie des Kehlkopfes, die sie bei uns machen, also mit unseren Körperspendern, und auch von anderen Fächern: Neurochirurgie, Kinderklinik, Kinderchirurgie, jetzt gerade neu ein wichtiges Thema, das wir gerade etablieren. Die Nachfrage ist groß und wir sind froh, dass wir auch genügend Körperspender haben in Köln."
Nachdem der Tod festgestellt wird
Stirbt ein Körperspender, wird der Tod durch einen Arzt festgestellt und der Leichnam von einem Bestattungsunternehmen zusammen mit den erforderlichen Papieren abgeholt, in die jeweilige Anatomie gebracht und untersucht. Wichtig ist hier, vor allem ansteckende Infektionen wie Tuberkulose, Hepatitis und HIV auszuschließen. Ist der Körper für den Präparationskurs bestimmt, wird er konserviert; sollen etwa Operationen geübt werden, wird er eingefroren.
Einige Universitäten wie die Charité in Berlin, aber auch etwa diejenigen in Freiburg und Rostock, haben eine Altersgrenze für eine Registrierung als Körperspender eingeführt; sie liegt bei 50 Jahren oder darüber. Der Körperspender kann seine Entscheidung jederzeit widerrufen, ohne dafür Gründe zu nennen. Das passiert, den Angaben zufolge, eher selten; in Köln etwa liegt diese Zahl im einstelligen Bereich. Familie Langer ist überzeugt, für sich die richtige Entscheidung getroffen zu haben:
Eva Langer: "Wenn wir das hier so machen, wie wir das vereinbart haben, dann möchte ich, dass am Tag, wo der Tod eintritt, wird man sich verabschieden können. Und die anderen Familienangehörigen haben über meinen Körper kein Mitspracherecht. An dem Tag, wo derjenige verstorben ist, kann man sich verabschieden, die Familie zusammen nehmen, das erklären, und dann ist die Sache erledigt."
Sabine Langer: "Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich akzeptiere sofort, wenn jemand sagt, aus Glaubensgründen: Ich mag das nicht, ich kann es mir nicht vorstellen. Ich finde, man sollte sich da einfach gegenseitig akzeptieren. Jeder hat dazu eine andere Einstellung."
Individuelle Bestattung?
Nach Abschluss des Präparationskurses wird der Körper eingeäschert. Die Möglichkeit einer individuellen Bestattung bleibt häufig bestehen. Zuvor wird an den Universitäten der Körperspender gedacht. In Berlin ist diese Feier weltlich, in Köln hat Scaal einen ökumenischen Gottesdienst eingeführt.
Martin Scaal: "Das ist sozusagen der Abschluss. Dann ist der Mensch eben kein Präparat mehr, sondern ist wieder ein Mensch, der verstorben ist und der jetzt bestattet wird. Gerade, wenn es um den Tod geht, ist ja auch die Reflexion eines Jenseitsgedankens manchmal hilfreich. Und das ist damit vielleicht besser möglich als mit einem rein weltlichen Gedenken."
Der Präparationskurs prägt
Für die Studierenden, sagt er, sei der Präparationskurs prägend – über ihre berufliche Laufbahn hinaus. Mit Blick auf die Möglichkeit, etwa virtuelle Modelle zu verwenden, vermutet auch Medizinethikerin Annette Dufner eine weiter reichende Bedeutung:
"Da kann man schon auch die Frage aufwerfen, ob nicht eine der Funktionen dieses Kurses darin besteht, die Studierenden dazu zu bringen, Teile der Medizingeschichte selbst noch einmal zu durchleben. Und das würde dem Kurs dann den Charakter eines Initiationsritus verleihen, vielleicht zu kurz gegriffen, das als bloße Lehrveranstaltung aufzufassen."
Der Charakter der Grenzüberschreitung bleibt dabei erhalten. Für die Anatomen in Köln und Berlin, Martin Scaal und Martina Plaschke, wird er zum entscheidenden Aspekt, wenn es um die Frage geht, ob sie sich selbst zu einer Körperspende entschließen würden.
Martin Scaal: "Ja, die Frage muss man sich, glaube ich, schon stellen, wenn man damit arbeitet. Aber ich würde das nicht machen. Wenn ich mich jetzt hier in Köln spenden würde, würden mich ja die Kollegen und Mitarbeiter hier erkennen, und das würde ich nicht wollen. Da ist die Anonymität nicht mehr gegeben. Und es ist natürlich auch an anderen Instituten so, dass mich da zumindest die professoralen Kollegen da erkennen würden. Und das wäre für mich ein zu großer Eingriff in die Intimsphäre."
Martina Plaschke: "Ich schließe es für mich aus. Ich war auch nie im Zweifel, mach ich‘s oder mach ich‘s nicht, sondern eigentlich war ich immer dagegen, dass ich das selbst mache. Wahrscheinlich, weil man da auch zu sehr damit befasst ist und das nicht so gerne möchte, dass man dann hier auch im Präpariersaal liegt. Ich will vor allen Dingen auch nicht feuerbestattet werden. Ich möchte eine Sargbeisetzung, und das geht bei Körperspendern nicht."