Dienstag, 23. April 2024

Archiv


Kostenfalle Klimawandel

Umwelt. - Am Dienstag ging in Würzburg die Tagung zu Ende. Zwei Tage lange erörterten Experten auf Einladung der Länder Baden-Württemberg und Bayern sowie des Deutschen Wetterdienstes neue klimatologische Fakten und angemessene Konsequenzen. Der Trend sei klar, so unterstrichen Experten mit Nachdruck: die durchschnittlichen Temperaturen steigen kontinuierlich an und ziehen dabei besonders den Winter in Mitleidenschaft. Überdies bereitet die Verschiebung der Niederschläge ebenfalls in die Wintermonate den Fachleuten Sorgen.

04.05.2004
    Dass es sich beim Klimawandel mitnichten um ein Gespenst der Statistik handelt, wissen Klimaforscher in Süddeutschland nur allzu gut. Anhand ihrer eigenen Messdaten können sie ablesen, dass die mittlere Jahrestemperatur in den vergangenen 76 Jahren um rund ein Grad Celsius anstieg. Dies mag auf den ersten Blick wenig beeindrucken, aber der Teufel verbirgt sich auch hier in statistischen Feinheiten. So verzeichnen einige Messstationen im sonst eisigen Wintermonat Dezember einen durchschnittlichen Anstieg der Temperaturen von bis zu 2,8 Grad Celsius. Die Niederschläge dagegen blieben annähernd auf konstantem Niveau. Allerdings habe es auch hier deutliche Verschiebungen hin zu einer Zunahme im Winter gegeben, konstatierten Fachleute in Würzburg. So verzeichneten Klimatologen eine Steigerung bei so genannten Starkregen mit einer Dauer von 24 Stunden und mehr. Ebenso mehrten sich kritische Wetterlagen, die Hochwasser begünstigen.

    Dabei rechnen Wissenschaftler mit einer Fortschreibung dieser Trends. Zwar seien die regionalen Klimamodelle, die für exakte Prognosen nötig seien, noch nicht genau und aussagekräftig genug, und auch globale Simulationen würden ständig weiter entwickelt. Dennoch gehen die Experten fest von einer weiteren Temperaturzunahme von bis zu zwei Grad Celsius bis zum Jahr 2050 aus. Drastisch fallen auch die Orakel zu künftigen Niederschlagsmengen aus: sie sollen im gleichen Zeitraum um 30 Prozent ansteigen. Auswirkungen wird dies zwangsläufig auf zukünftige Hochwasser haben. Ihre Schwere wird in so genannten Jährlichkeiten klassifiziert, also in welchen zeitlichen Abständen sich ein Hochwasser von gegebenem Ausmaß wiederholt. "Die Hochwasser geringerer Jährlichkeiten - also etwa von Zehn- bis Zwanzigjährlichen - werden um bis 40 Prozent zunehmen. Besonders schwere Hochwasser werden nach unserem Erkenntnisstand davon aber nicht betroffen sein", berichtet Bernd Kratzenberger von der Landesanstalt für Umweltschutz des Landes Baden-Württemberg.

    Im Gegensatz zu früheren Treffen forderten Experten jetzt auch Konsequenzen angesichts der manifesten Klimaveränderungen. So preschte Baden-Württemberg vor und empfiehlt die Einführung eines so genannten Klimaveränderungsfaktors, der bei Hochwasserschutz-Bauwerken zukünftig berücksichtigt werden soll. Gebäude wie Deiche und Rückhaltebecken sind auf bestimmte Durchflussmengen ausgelegt. Der neu einzuführende Parameter stellt erhöhte Anforderungen an diese Bauten, die entsprechend angepasst werden sollen. Im Fall des Neckars würde dies bedeuten, dass Gebäude, die vor einem Extremhochwasser Schutz bieten sollen, 15 Prozent mehr Durchfluss verkraften können müssen. Offen ist dagegen, wie hoch die zu erwartenden Kosten aus dieser Neukalkulation ausfallen werden. So stellte das Land Bayern bislang jedoch bereits 2,3 Milliarden Euro für solche Zwecke in den kommenden 15 Jahren zur Verfügung. Ob das ausreicht, erscheint fraglich angesichts von Studien, die den hohen Aufwand bei der Nachrüstung bestehender Bauten belegen.

    [Quelle: Hellmuth Nordwig]