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Kramp-Karrenbauer in der Kritik
Nur die Facette einer parteiinternen Diskussion

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat durch Äußerungen über die Homo-Ehe heftige Reaktionen ausgelöst. Im Internet versucht sie nun klarzustellen, was sie tatsächlich gesagt und gemeint hat. Im Kern ist dies aber eine Diskussion, die vor allem ihre Partei, die CDU, mit sich führen muss.

Von Katharina Hamberger | 04.06.2015
    Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) gestikuliert.
    Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) (picture-alliance / dpa / Oliver Dietze)
    Annegret Kramp-Karrenbauer versucht, nun selbst die Wogen zu glätten. Auf ihrer Facebook-Seite schreibt sie: Sicher hätte manche bewusste Fehldeutung ihres Interviews Menschen persönlich verletzt. Deshalb könne sie auch die emotionalen Reaktionen verstehen.
    Diese Reaktionen wurden durch ein Interview der saarländischen Ministerpräsidentin in der "Saarbrücker Zeitung" ausgelöst. Darin sagte sie zur Definition der Ehe, als Verbindung zwischen Mann und Frau, wenn man diese öffne in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, seien andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen.
    Es folgten heftige Reaktionen im Netz und aus der Politik. Bis hin zu einer Strafanzeige einer Berliner Anwältin wegen Beleidigung und Volksverhetzung. Der Grünen-Politiker Volker Beck forderte mehr Sachlichkeit von der CDU-Politikerin, bevor es verletzend werde. Wenn man keine Argumente habe, beschwöre man absurde Folgen, so Beck.
    Ehe nicht auf ein einziges Merkmal reduzieren
    Die frühere SPD-Bundesjustizministerin Hertha Däubler Gmelin, in deren Amtszeit das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft trat, sagte dem rbb: "Ich meine, Frau Kramp-Karrenbauer ist zwar CDU, aber soviel ich weiß, hat sie Juristerei gelernt. Und da ist man gewohnt, dass man in die Gesetzbücher reinguckt. Und dann kommt man eigentlich auf solche etwas merkwürdigen oder abseitigen Vergleiche nicht. Also, warum sie da drauf gekommen ist, da müssen sie sie fragen. Ich kann mir das nicht vorstellen und einen juristischen Grund dafür gibt es auch nicht."
    Die Angesprochene versucht, das nun klarzustellen. Auf ihrer Facebook-Seite schreibt Kramp-Karrenbauer weiter,sie habe die gleichgeschlechtliche Ehe weder mit Inzest noch mit Polygamie verglichen oder gar gleichgesetzt. Dabei habe sie sich dagegen gewehrt, dass der Begriff "Ehe" anders definiert werde, als eine Gemeinschaft zwischen Mann und Frau. Dazu stehe sie. Würde der Begriff der Ehe auf ein einziges Merkmal reduziert, das der gegenseitigen Übernahme von Verantwortung füreinander, sei das zu wenig. Denn dann fielen darunter alle beliebigen Gemeinschaftsformen, in denen Menschen füreinander Verantwortung tragen.
    Länder-Initiative ohne große Wirkung
    Kramp-Karrenbauers Äußerungen fallen in eine Zeit, in der in der Politik darüber diskutiert wird, ob und in welcher Form es eine Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft geben soll. Angefangen von der Frage, ob darüber das Wort Ehe stehen darf, bis hin zur Frage, ob homosexuelle Paare das volle Adoptionsrecht bekommen sollen. So wollen die rot-grün regierten Länder ein Zeichen setzen und einen Entschließungsantrag im Bundesrat einbringen. Darin heißt es, der Bundesrat bitte die Bundesregierung, bestehende Benachteiligung eingetragener Lebenspartnerschaften zu beenden und eine vollständige Gleichbehandlung der Ehe von gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren im gesamten Bundesrecht herzustellen. Dies umfasse die Öffnung der Ehe durch Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches und die Schaffung eines vollen Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Paare. Sprich: Der Gesetzentwurf, den das Kabinett jüngst verabschiedet hat, der die Ausdehnung von mehreren Vorschriften und Verordnungen, die für die Ehe gelten, auf die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft vorsieht, ist dem Bundesrat nicht genug.
    Passieren wird aber nicht viel, wenn die Länderkammer den Antrag beschlossen hat. Denn mehr als eine Bitte ist dieser nicht. Wäre es hingegen ein Gesetzentwurf, würden die Länder auch die Große Koalition wohl vor eine große Prüfung stellen. Denn dann müssten sich SPD und Union einigen – und die Sozialdemokraten entweder gegen den Koalitionspartner stimmen oder teilweise gegen die eigene Überzeugung. Denn tatsächlich betrifft die Diskussion, wie groß die Schritte sind, die man in Richtung Gleichstellung gehen kann, vor allem die CDU. Kramp-Karrenbauers Äußerungen sind nur eine Facette einer Diskussion, die die Partei mit sich selbst auszutragen hat.