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Krankhaftes Bauchwasser

Manche Leberzirrhose-Patienten entwickeln eine Bauchwassersucht, die Ansammlung von Flüssigkeit in der freien Bauchhöhle. Wird das Wasser nicht entfernt, kommt es zu Entzündungen. Doch auch das Ablassen des Bauchwassers ist nicht ungefährlich. Eine Pumpe soll Abhilfe schaffen.

Von Michael Engel | 08.01.2013
    Am Ende konnte Stanislaus Wischnewski kaum noch sprechen. In seinem Bauch sammelte sich Wasser, literweise, drückte auf sein Zwerchfell, die Luft blieb weg. Stanislaus Wischnewski:

    "Weil das Wasser nach oben drückt. Und zum Beispiel nach zwei, drei Sätzen merken Sie, dass ich Schwierigkeiten mit der Luft habe, als wäre ich gerade von einem Langlauf gekommen. Und zweitens: Der Bauch wird immer dicker, das spürt man wie Schmerzen."

    Der Geistliche aus der katholischen Pfarrgemeinde St. Altfried und St. Ansgar in Seevetal bei Hamburg leidet unter einer Leberzirrhose infolge einer Hepatitis-C-Infektion. Manche der Patienten mit Leberzirrhose entwickeln dann sehr viel Wasser im Bauch, erklärt Prof. Michael Manns, Leiter der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover.

    "Weil sich das Blut vor der Narbenleber staut und nicht durch die Leber hindurchfließen kann, sucht es sich einen Weg um die Leber herum. Zusätzlich kommt hinzu, dass eine Leberzirrhose oft eine verringerte Leberfunktion hat, und dadurch auch der Eiweißgehalt des Blutes verringert wird und das auch zu der Bauchwasserbildung beiträgt."

    14 Liter Wasser können sich so innerhalb von sieben Tagen im Bauchraum ansammeln. Um es loszuwerden, muss das Bauchwasser durch eine sogenannte "Punktion" abgelassen werden. Mit einem Schlauch. Viele Betroffene müssen deshalb ein- bis zweimal pro Woche ambulant in die Klinik. Das Prozedere belastet den Kreislauf, es birgt Infektionsgefahren und schädigt die Nieren. Mit einer neuartigen "Bauchwasserpumpe", so Dr. Elmar Jäckel von der Medizinischen Hochschule Hannover, ist das alles nicht mehr nötig:

    "Also die "Bauchwasserpumpe" oder Alpha-Pumpe wird unter die Haut in eine Hauttasche implantiert und hat einen Katheter, der innerhalb des Bauchraumes das Bauchwasser ansaugt, und einen zweiten Katheter, der mit in die Blase reingeht, wo dieses Bauchwasser dann mit reingepumpt wird. Diese Pumpe pumpt so ungefähr alle zehn bis 15 Minuten eine kleine Menge an Wasser – acht bis 20 Milliliter - in die Blase. Dadurch muss man kein Bauchwasser mehr punktieren. Die Pumpe wird aufgeladen einmal am Tag über 20 Minuten von außen. Und ist damit ein Gerät, was sehr einfach zu handhaben ist."

    Nur 70 Patienten mit Leberzirrhose wurden bislang weltweit mit der "Alpha Pump" versorgt. In Deutschland bieten Unikliniken unter anderem in Berlin, Bonn und Frankfurt die Bauchwasserpumpe an. In Hannover ist Stanislaus Wischnewski der dritte Patient, der das 25.000 Euro kostende Gerät erhalten hat. Der Pfarrer kann aufatmen.

    "Hier merkt man überhaupt nichts. Nur, dass ich öfter zur Toilette gehen muss. Aber das ist Gewöhnungssache. Ob ich nun fünfmal oder sieben Mal auf Toilette war. Wenn ich diesen Druck habe, gebe ich das Wasser ab, ganz normal, ohne Schwierigkeiten."

    Allerdings droht immer ein Infekt der Harnwege, weil der Urin nun auch Eiweiß enthält. Und das mögen viele Bakterien. Weil sich die Leber nach einer Zirrhose nur selten erholt, behalten Patienten die Pumpe in aller Regel bis zu einer Lebertransplantation. Gewiss, die Technik sei teuer, sagen Experten, doch die Punktion zweimal die Woche in der Klinik würde noch viel mehr kosten. Mit der Bauchwasserpumpe haben Patienten, aber auch die Krankenkassen einen Vorteil.