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Kreative Werbung für Hochschulstandorte in den neuen Bundesländern

Nach wie vor wollen wesentlich mehr junge Menschen an westdeutschen als an ostdeutschen Hochschulen studieren. Die Hochschulinitiative Neue Bundesländer hat deshalb Eltern und Lehrer aus westdeutschen Bundesländern eingeladen, sich auf eine Entdeckungsreise in den Osten zu begeben.

Von Susanne Arlt | 04.04.2012
    Kostprobe bei den Ökotrophologen an der Hochschule Anhalt in Bernburg. Lebensmitteltechnologin Margit Brandt reicht den Besuchern kleine Plastikbecher, gefüllt mit unterschiedlichen Säften. Die Gäste sollen heraus schmecken, welche Obstsorten verarbeitet wurden. Apfel-Birne und Rhabarber sind leicht zu erraten.

    Die Mitarbeiter des Fachbereichs Ernährungswissenschaften wollen den Besuchern aus dem Westen Lust machen auf ihre Lehre im Osten. Nach wie vor wollen wesentlich mehr junge Menschen an westdeutschen als ostdeutschen Hochschulen studieren. Die Wissenschaftsministerien der neuen Bundesländer versuchen darum auf besonders kreative Weise auf ihr Hochschulangebot aufmerksam zu machen. Wurden anfangs Abiturienten aus den alten Bundesländern zu Schnupperbesuchen an die Unis nach Weimar, Dresden, Greifswald und Magdeburg gekarrt, rücken jetzt Eltern und Lehrer in den Fokus. Katrin Kuhn, Mitarbeiterin der Kampagne Studieren in Fernost, erklärt warum.

    "Bei diesem Projekt haben wir gesagt, jetzt gehen wir mal die Eltern, die Lehrer an. Vor allem auch die, die in Verbänden organisiert sind. Weil die dann diese Informationen und die Eindrücke, die sie haben, noch einmal sehr gut weiterstreuen kann. Ob sie positiv oder negativ seien, ganz wie sie das empfinden. Aber einfach noch einmal sagen können, ich war dort und ich habe das so erlebt und schaut euch das doch auch einmal an."

    Der Campus der Hochschule Anhalt liegt außerhalb der Stadt Bernburg, idyllisch zwischen Raps und Maisfeldern. Die meisten der siebzehn Teilnehmer aus dem Westen waren bislang noch nicht in Sachsen-Anhalt zu Besuch, geschweige denn in Bernburg. Und von der Existenz der Hochschule Anhalt haben bisher auch die wenigsten gewusst. Dafür sind die Frauen und Männer jetzt umso interessierter, mehr über die Lehre dort zu erfahren.

    "Haben Sie auch konkret einen Überblick darüber, wo ihre Absolventen später arbeiten, in welchen Unternehmen?
    Wie helfen Sie Ihren Absolventen in die Berufe zu kommen, also Karrierehilfen?

    "Wir haben sehr enge Kontakte zu den Lebensmittelunternehmen, es gibt dann immer Aushänge Praktikanten gesucht und häufig ist es auch dann der persönliche Kontakt, dass sie sagen Frau Harnisch, kennen Sie nicht jemanden, der uns hier weiterhelfen kann, ich habe noch keine Praktikumsbetrieb."

    Christina Harnisch, Dozentin für Ökotrophologie, hebt die Vorteile eines Studiums an der Hochschule Anhalt hervor: Da wären das überschaubare Campusleben, der enge Kontakt zu den Dozenten und natürlich die modernen und gut ausgestatteten Labore und Hörsäle. Der Vortrag kommt gut an, der selbst produzierte und schmackhafte Saft der Ökotrophologie-Studierenden natürlich auch. Christina Harnisch hofft, dass Eltern und Lehrer ihren Kindern und Schülern von den Möglichkeiten an der Hochschule Anhalt berichten.

    "Ein Problem in den neuen Bundesländern ist ja das viele junge Leute das Land verlassen haben und sozusagen die Kinder jetzt so ein kleines bisschen fehlen. Und wenn es da aus den alten Bundesländern neue Studenten gibt, dann ist das immer toll und ich finde auch die Vermischung toll."

    Nach anderthalb Stunden haben die Teilnehmer viel Neues über die Nahrungszubereitung erfahren, haben einen Einblick in die Labore und einen Überblick über die Studienmöglichkeiten in Bernburg bekommen. Als nächster Programmpunkt steht ein gemeinsames Mittagessen in die Mensa an. Eva-Maria Bottke unterrichtet an einer berufsbildenden Schule im niedersächsischen Meppen. Sie hat an der Reise teilgenommen, um ihre Schüler bei Studienfragen künftig besser beraten zu können.

    "Was gibt es an Hochschulen, was gibt es an Studiengängen, eben nicht nur zu schauen, was gibt es in Osnabrück und was gibt es in Emden an Studiengängen, was eben nah zuhause ist, bei Mama. Sondern was gibt es darüber hinaus noch."

    Ihre Kollegin Ingrid Zansinger aus Nürnberg war seit der Wiedervereinigung noch kein einziges Mal in Ostdeutschland. Sie ist überrascht, wie gut die technische Ausstattung ist und wie behindertenfreundlich viele Unis sind. Doch am meisten beeindruckt ist sie von der Betreuung.

    "Also das war zu spüren, dass Studenten wichtig sind. Bei uns manchmal denke ich mir, sie sind eine Last. Okay, gibt es genug. Die Offenheit, wirklich das Interesse wir zeigen euch, was wir haben. Also das erlebe ich hier ganz anders als wenn ich bei uns zu so einer Werbeveranstaltung gehe. Wer den Weg nicht scheut, der ist sicher hier gut aufgehoben."