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Kreativitätsprogramm
Mit Youweedoo die Welt retten

Camping-Toiletten ohne Chemie oder ein Regal aus einer alten Treppe: Ideen, die die Welt schöner und besser machen, gibt es viele, umgesetzt werden aber die wenigsten: Das Youweedoo-Programm will das ändern und gibt Weltverbesserern das Wissen an die Hand, um ihre Ideen zu verwirklichen. Und für die besten Ideen winken sogar Preisgelder.

Von Tomma Schröder | 20.03.2015
    Konzentration, Denken, Nachdenken, Gedanken, Grübeln
    Gute Ideen gibt es viele, es hapert aber an der Umsetzung. (dpa / picture alliance / Kalaene)
    Es wird gehämmert, gesägt und gebastelt in den ehemaligen Räumen der Kieler Kunsthochschule. Denn hier – zwischen alten Möbeln, leeren Kaffeetassen und fantastisch hohen Decken – sind sie angesiedelt: Projekte und Menschen, die die Welt ein bisschen besser machen wollen. So wie Jan Lange:
    "Also, das ist der Goldeimer, und der Besucher geht hier also rein und hat vorher einen Becher Sägespäne mitgenommen."
    Der Student steht vor einem länglichen, über zwei Meter hohen Kasten, der von außen schön bemalt ist und im Innern ein kleines Podest beherbergt. In der Mitte befindet sich eine Öffnung, die von weißem Plastik umrahmt ist: eine Klobrille.
    "Und verrichtet sein Geschäft dort ganz normal auf der Toilettenschüssel, und spült mit den Sägespänen. Und wir benutzen keine Chemie und kein Wasser und alles wird kompostiert.
    Das ist eigentlich der Goldeimer. Und damit sind wir auf Festivals oder Großveranstaltungen unterwegs. Und die Idee ist einfach, eine Alternative für Dixi-Klos zu bieten, die ja mit Chemie arbeiten und oft eklig aussehen. "
    Alternative zum Dixi-Klo
    Ein Klo ohne Gestank, ohne Wasserverschwendung und ohne vollgepinkelte Klobrillen – das war die Idee der Studenten. Und bevor überhaupt ein Prototyp entwickelt war, meldeten sich die ersten interessierten Festivals.
    Mittlerweile gibt es sehr viele Goldeimer, auf denen bereits unzählige Besucher den besonderen "Klogang" erleben durften. Denn im Gegensatz zu den Chemietoiletten werden die Goldeimer nach jedem Klogang von einem der 20 bis 30 Mitarbeiter gereinigt. Die bekommen dafür zwar kein Geld, aber ein nettes Team und einen kostenlosen Festivalbesuch.
    Die Gewinne, die das Team mit zwei Euro pro Toilettengang einnimmt, werden direkt an die Wasserinitiative "Viva con Agua" weitergeleitet.
    "Ich denke, dass alle Leute Ideen haben, wie man die Welt verbessern könnte. Aber meistens bleibt es leider bei dieser Idee. Und das Yooweedoo-Programm haben wir aufgesetzt, damit Leute lernen können, wie man aus einer Idee Realität macht."
    Christoph Corves hat neben dem Goldeimer-Team auch viele andere Projekte begleitet. Entstanden sind sie allesamt im Rahmen des von Corves initiierten Yooweedoo-Programms für Changemaker, was übersetzt vielleicht so viel heißt wie: Ran an die Arbeit, ihr Weltverbesserer.
    Bevor sie richtig loslegen, lernen die Teilnehmenden hier etwa wie man einen realistischen Zeitplan erstellt oder wie die Kosten kalkuliert werden.
    Vom Unikurs zum Selbstläufer
    Gestartet ist das Changemaker-Programm als kleiner Kurs an der Uni Kiel. Seit 2013 wird mithilfe des Stifterverbandes der Deutschen Wissenschaft auch ein Onlinekurs angeboten, auf den bundesweit 15 Hochschulen zugreifen. 10.000 Leute haben sich dort seither eingeschrieben, 1.000 bis 2.000 seien tatsächlich aktiv, erklärt Christoph Corves. Zum Beispiel auch Anton Mikoleit vom Team "Holzknoten", der seine Weltverbesserungsidee aus einer Plastiktüte zieht.
    "Ein Regal zum Beispiel, hier haben wir eins, unser Erstes, was wir gebaut haben, das haben wir aus einer alten Treppe gebaut, das ist sozusagen unser Prototyp.
    Das heißt, man hat halt die verschiedenen Bretter und dann werden in den Seilen so Knoten gemacht, um die einzelnen Lagen zu befestigen. "
    Umweltschutz und Flüchtlingshilfe in einem
    Mit seinen Hängeregalen hat das Team beim diesjährigen Ideenwettbewerb von Yooweedoo gerade einen der mit 1.250 Euro dotierten Förderpreise erhalten. Denn die Studenten machen aus Holzabfällen und ausrangierten Seilen von Segelvereinen nicht nur stylische, umweltfreundliche Produkte. Sie wollen in ihrem Projekt auch Flüchtlinge und Bürger aus der Stadt Kiel zusammenbringen und so für mehr Verständnis und Austausch zwischen den Kulturen sorgen. Eine wunderbare Kombination, meint Christoph Corves ein wenig stolz:
    "Wir haben hier eigentlich die Art Leute, um die sich alle Begabtenförderungswerke reißen. Ich fühle mich hier so ein bisschen wie ein Gärtner, wir machen den Garten, wir machen die Struktur, in dem das passiert. Aber das was passiert, das machen die alles selber. Und das ist ein gutes Gefühl."