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Krebs durch Körperscanner?

Medizin.- Körperscanner auf Flughäfen arbeiten mit Terahertzwellen - elektromagnetische Strahlung im Frequenzbereich zwischen Mikrowelle und Infrarot. Die Strahlen durchdringen die Kleidung, aber gelangen minimal auch in den Menschlichen Körper.

Von Michael Engel | 07.12.2010
    Es war eine israelische Studie – 2008 - die in der wissenschaftlichen Welt für Wirbel sorgte. Die Forscher bestrahlten isolierte Blutzellen des Menschen im Terahertzbereich mit der Folge, dass sich einige Zellen nicht mehr richtig teilten. Betroffen waren vor allem die Chromosomen während der Zellteilung. Das Ergebnis, so die Forscher damals, lässt ein erhöhtes Krebsrisiko vermuten. Prof. Helga Stopper, kommissarische Leiterin des Lehrstuhls für Toxikologie der Uni Würzburg, machte nun einen ähnlichen Befund:

    "Nun, es ist so, dass die Verteilung der Chromosomen nicht ganz ordnungsgemäß abgelaufen ist. Dass die fehlplatziert sind, nicht an der Stelle zum Liegen kommen, wo sie eigentlich sein sollten. Es ist aber möglich, dass die Zelle das korrigieren kann. Da fehlen uns noch entsprechende Untersuchungen, um zu klären, ob diese Störungen von der Zelle noch korrigiert werden können oder vielleicht doch in eine Schädigung umgewandelt werden würden."

    Terahertzstrahlen dringen nur Bruchteile eines Millimeters in den menschlichen Körper ein. Deshalb wurden die Versuche in Würzburg mit isolierten Hautzellen gemacht. Die Bestrahlungsintensität lag allerdings viel höher als bei den Körperscannern. Das betrifft auch die Bestrahlungszeit von zwei beziehungsweise acht Stunden. In einem Körperscanner am Flughafen dagegen ist man nur für wenigen Sekunden der Bestrahlung ausgesetzt. Keine "gentoxischen Effekte" fanden Wissenschaftler der Physikalisch Technischen Bundesanstalt in Braunschweig. Sie hatten nach sogenannten "Mikrokernen" gesucht. Das sind Areale abgespaltener und funktionsloser Chromosomen nach einer Zellteilung. Dr. Thorsten Schrader:

    "Nach den Untersuchungen, die jetzt zurzeit vorliegen, haben wir keine signifikante Änderung zu unseren Kontrollen gefunden. Wir haben auch Positivkontrollen durchgeführt mit chemikalischen Effekten, die durchaus Effekte gezeigt haben, aber wir haben durch die Terahertzstrahlung im Moment keine signifikante Erhöhung von solchen Schäden feststellen können. Das heißt aber nicht, dass generell nichts vorliegt. Das heißt nur, dass wir für das, was wir untersucht haben, keine Effekte gefunden haben."

    Die uneinheitliche Datenlage ist typisch für die gegenwärtige Terahertzforschung. Italienische Wissenschaftler zum Beispiel fanden heraus, dass sich die Durchlässigkeit der Zellmembranen verändert. Andere Forscher wiederum fanden hier nichts. Dabei gibt es weltweit kaum mehr als 20 Studien. Das Wissen über die biologischen Wirkungen von Terahertzstrahlung ist rar gesät. Vor allem deswegen will das Bundesamt für Strahlenschutz mehr Forschung. Dr. Monika Asmuß:

    "Wir haben diese Studie jetzt erst einmal bis März 2011 verlängert, weil wir das System, dass Frau Stopper hat, noch etwas empfindlicher machen wollen. Wir zum Beispiel die Zellen 24 Stunden exponieren. Und es kann ja sein, gerade bei dieser Zellteilung, dass man die empfindlichen Phasen der Zellteilung bisher nicht erfasst hat. Deswegen wollen wir da noch mal ins Detail gehen und noch mal die Empfindlichkeit erhöhen, damit wir nichts verpassen."

    Noch ist nicht mal klar, ob die falsche Lage von Chromosomen nach der Zellteilung kausal mit dem Einfluss der Terahertzwellen zusammen hängt. Fraglich ist auch, ob sich die In-Vitro-Phänomene im Reagenzglas so auch im lebenden Organismus abspielen würden. Bislang sind sämtliche Versuche an isolierten Zellen gelaufen. Hier – so das Bundesamt für Strahlenschutz – müssen Tierexperimente folgen. Mit Mäusen zum Beispiel, die dann unter Terahertzbestrahlung einen Hautkrebs entwickeln oder aber eben nicht. Vorläufiges Fazit für den Umgang mit Körperscannern:

    "Also sagen wir so, ich würde in so einen Scanner gehen, ohne jetzt gesundheitliche Bedenken zu haben, denn man hat ja – wie gesagt – diese sehr geringen Eindringtiefen. Sie haben sehr kurze Zeiten. Sie sind da vielleicht ein paar Sekunden drin. Und es sind extrem niedrige Expositionen, die weit unter den Grenzwerten sind. Und für diesen Bereich haben wir ja Grenzwerte. Also von daher hätte ich persönlich zumindest aus Strahlenschutzüberlegungen keine Bedenken. Meine Fantasie zumindest reicht nicht aus, um mir das etwas Schlimmeres vorzustellen."