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Krebsangst wegen Rapsöl

Die Meldung, dass Rapsöl als Kraftstoff hochgradig krebserregend sein soll, schürt Ängste. Doch selbst die Wissenschaftler zweifeln die Verallgemeinerbarkeit ihrer Untersuchungsergebnisse an.

Von Annegret Faber | 05.06.2007
    Rapsöl als Kraftstoff zu verwenden ist extrem krebserregend. Das behauptet Professor Axel Munak von der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft, nachdem er das Öl untersucht hat. Sein Ausgangspunkt war folgender:

    "Was passiert eigentlich, wie es ja viele Leute heutzutage machen, sie nehmen einen normalen Dieselmotor, tanken irgendwoher Rapsöl und fahren preiswerter."

    Das Ergebnis der Tests:

    "Die Auswertung des Mutagenitätstests, die war eben dann doch alarmierend, insofern weil dort der Faktor 30 eben aufgetreten ist gegenüber Dieselkraftstoff."

    Das bedeutet, die Abgase, die bei der Verbrennung von Rapsöl entstehen, waren bei dieser Versuchsreihe 30-mal krebserregender als bei herkömmlichen Diesel. Mit dieser Information ging sein Kollege Jürgen Bünger von der Universität Bochum sofort an die Öffentlichkeit und forderte Konsequenzen. Doch bei der eiligen Informationsweitergabe wurden zwei wichtige Punkte nicht genannt: Die Tests wurden an einem Motor durchgeführt, der nicht für die Verbrennung von Pflanzenöl geeignet war. Außerdem entsprach das verwendete Pflanzenöl nicht der DIN-Norm. Das Öl beinhaltete einen chemischen Fliesverbesserer. Woraus der bestand, scheint keinen der Wissenschaftler interessiert zu haben.

    "Das haben wir jetzt nicht geprüft, weil wir keine Analyse vorgenommen haben."

    Das ist eine gezielte Verunsicherung des Verbrauchers, glaubt Thomas Kaiser. Seit über 20 Jahren beschäftigt er sich mit der Umrüstung von Motoren auf den Pflanzenölbetrieb.

    "Wogegen ich mich wehre ist, eine fast kindische Handlung vorzunehmen und einen x-beliebigen Motor zu nehmen, der dafür nie frei gegeben worden ist, und irgendwas reinzukippen. Das gibt keinen Sinn. Das ist nicht mal das Versuchgeld wert, weil da jede wissenschaftliche Grundlage fehlt."

    Um Pflanzenöl zu fahren, muss der Motor umgerüstet werden. Nur dann könne man eine ordentliche Verbrennung des Öls garantieren, sagt Thomas Kaiser. Professor Munak hält dagegen: Dies sei doch der Alltag. Um Geld zu sparen, würden viele Autofahrer ihren Motor gar nicht umrüsten.

    "Wenn wir zum Beispiel unseren Motor umgerüstet hätten, dann wäre als nächstes die Frage gekommen, warum wir nicht einen anderen Motor genommen haben und den umgerüstet haben."

    Umrüstsätze kann man schon ab 500 Euro aufwärts im Internet erwerben. Für den Kunden ist es schwer zu unterscheiden, welcher Umrüster gute Arbeit leistet und welcher nicht. Aber zum Glück sind die schwarzen Schafe in der Minderheit, wendet Munak ein, und rudert ein Stück zurück.

    "Die entsprechenden Werte für Rapsöl haben wir ja nur in sechs Experimenten in einem nicht umgerüsteten Motor ermittelt, und insofern würde ich von Verallgemeinerungen absehen. Wir haben nie den Ansatz verfolgt, repräsentative Messreihen zu unternehmen."

    Doch davon war in vorangegangenen Veröffentlichungen keine Rede. Für Thomas Kaiser ist deshalb klar:

    "Es scheint sehr stark durch irgend jemanden interessengesteuert zu sein, weil: Die Fehler, die die machen, die sind ja alle deren Intellektualität gar nicht gewachsen. Das sind ja gescheite Menschen, die kenne ich ja zum Teil. Das heißt, es werden mit Absicht Fehler gemacht."

    Doch wer war der Auftraggeber für die Versuchsreihen? Die Autokonzerne VW und Mercedes nennt der Umweltmediziner Jürgen Bünger. Professor Axel Munak hingegen behauptet, der Lieferanten des Pflanzenöls, welches für die Versuchsreihen verwendet wurde, sei der Auftraggeber. Nach den Veröffentlichungen der Ergebnisse kam aus der Pflanzenölbranche scharfe Kritik. Aus diesem Grund wurde eine dritte, 18 Monate dauernde Versuchsreihe gestartet. Diesmal im Auftrag des Verbandes der Ölmühlen, einem Vertreter der Biodieselbranche. Doch auch diese Tests werden an einem nicht umgerüsteten Motor durchgeführt. Über 100.000 Euro stehen für diese dritte Versuchsreihe zur Verfügung. Für den Motorumrüster Thomas Kaiser ein sinnlose Investition:

    "Ich entwickele ja einen Motor für einen bestimmten Kraftstoff. Und den kann ich dann vermessen und schauen, wie gut der ist. Aber es gibt für uns jetzt, also von der wissenschaftlich-technischen Seite, keinen Sinn, mit undefinierten Kraftstoffen und für diesen Kraftstoff nicht zugelassenem Motor irgendwelche Versuche zu machen."

    Nach den Versuchreihen ist eines klar: Wer Pflanzenöl in einem nicht umgerüsteten Motor verbrennt, tut sich und der Umwelt keinen Gefallen. Wer sich entschließt, den Motor umzurüsten, sollte einen Fachmann aufsuchen, und den erkennt man an einem EU-Zertifikat, das er nach Verlangen dem Kunden vorzeigen muss. Die Umrüstung kostet zwischen 3000 und 5000 Euro je nach Motor. Der Liter Pflanzenöl ist zur Zeit für zirka 70 Cent erhältlich.