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Kredite für Italien und Spanien

Die Kreditklemme in Spanien und Italien könnte sich weiter verschlechtern. Doch wie kann man den Unternehmen in diesen Ländern helfen? Mit dieser Frage beschäftigt sich nicht nur der EU-Gipfel, sondern demnächst auch die Europäische Zentralbank.

Von Michael Braun | 26.06.2013
    Italien hat es heute bei der Anleiheauktion gespürt: Die Renditen steigen, haben sich für Papiere mit sechs Monaten Laufzeit binnen vier Wochen gar auf 1,05 Prozent nahezu verdoppelt. Auch anderswo preisen die Märkte die angekündigte geldpolitische Wende zumindest der amerikanischen Notenbank ein. Die Renditen für portugiesische Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit lag heute bei 6,87 Prozent. Vor einem Monat waren es noch 5,52 Prozent. Schon wird spekuliert, ob die Europäische Zentralbank bald ihre Ankündigung in die Tat umsetzen wird und Anleihen von Staaten unter dem Rettungsschirm aufkauft. Auch die Unternehmen spüren die hohen Zinsen. Sie sind in Südeuropa deutlich höher als hierzulande, weiß Rolf Schneider, Volkswirt bei der Allianz:

    "Wir haben ohnehin die Situation, dass Unternehmen in Portugal und Griechenland auch bei kurzfristigen Krediten drei bis vier Prozentpunkte mehr an Zinsen zahlen müssen als in Deutschland. Bezogen auf die Unterschiede zwischen größeren und kleineren Unternehmen ist es von Land zu Land unterschiedlich. Da gibt es offensichtlich in Italien keine allzu großen Unterschiede. Aber in Spanien ist es wohl so, dass mittelständische Unternehmen deutlich höhere Zinsen zahlen müssen als kleine Unternehmen. Da sind auch Zinsabstände von durchschnittlich zwei bis drei Prozentpunkten zu sehen."

    Eine Währung, ein Zins, so stellt sich das die Europäische Zentralbank im Idealfall vor. Doch so ist es nicht. Die Gründe für die Zinsunterschiede sind nicht eindeutig auszumachen. Stefan Schneider, Volkswirt bei der Deutschen Bank, mit zwei Argumenten:

    "Die EZB argumentiert natürlich, dass es am Transmissionsmechanismus liegt. Man kann natürlich auch sagen, diese Länder mit den hohen Zinsen sind alle in der Rezession. Wir haben sehr hohe Kredite, die nicht mehr bedient werden können. Von daher kann man natürlich argumentieren, dass es auch an der schwachen Risikoneigung der Banken begründet liegt."

    Die Folge ist jedenfalls wirtschaftliche Stagnation, gar Schrumpfung. Und das wiederum, ein dritter Grund, lähmt auch die Nachfrage nach Krediten. Die Europäische Zentralbank wird nächste Woche wieder über Zinsen und andere Formen der Geldversorgung reden, auch über forderungsbesicherte Wertpapiere, Asset Backed Securities oder kurz ABS. Doch die haben, weiß EZB-Präsident Mario Draghi, einen zweifelhaften Ruf:

    "Es gab viele Formen von Asset Backed Securities. Manche waren eine Kiste, die hast du geöffnet, und du konntest genau sehen, was drin ist. Aber manche waren auch so unübersichtlich, dass sie zum Zusammenbruch der Finanzmärkte in den letzten Jahren beigetragen haben."

    So kommen also die Regierungen wieder ins Spiel. Die Bankenunion voranbringen, das scheint derzeit der größte Wunsch der Banken zu sein. Dabei geht es darum, Bankenpleiten zu ermöglichen und die Ausfälle auf viele Schultern zu verteilen. Deutsche Bank-Volkswirt Stefan Schneider hat noch eine Idee:

    "Wenn man sich die Reformen mal ein bisschen abstrakt anschaut, muss ja praktisch die Wirtschaft umgebaut werden, sowohl was die Wertschöpfungsstrukturen angeht, was auch die Beschäftigungsstrukturen angeht. Das bedeutet natürlich: Es müssen neue Investitionen erfolgen. Und von daher ist es wichtig, dass diese neuen Investitionen finanziert werden."

    Dazu müssten die Volkswirtschaften umgebaut werden, in Spanien etwa weg vom dominierenden Bausektor, hin zu einer Exportindustrie. Hilfskräfte am Bau müssten dann Facharbeiter werden. Viel Stoff für Wirtschafts-, Bildungs- und Strukturpolitik, viel Stoff für den EU-Gipfel morgen.