Journalist zum Vorgehen von Banken

Negativzinsen für Privatkunden "unvermeidlich"

05:53 Minuten
Symbolgrafik: Ein Geschäftsmann steht auf einem Prozentzeichen und misst mit einem Maßstab dessen Größe.
Geld zur Seite legen lohnt nicht mehr: Zunehmend haben Sparer nun mit Strafzinsen zu kämpfen. © imago / Ikon Images / Gary Waters
Christoph Schwennicke im Gespräch mit Anke Schaefer · 21.01.2020
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Sparer ärgern sich schon Langem über niedrige Zinsen. Nun erheben immer mehr Banken sogar Strafzinsen auch für Privatkunden. Eine unausweichliche Folge der Finanzkrise, sagt "Cicero"-Chefredakteur Christoph Schwennicke. Eine Verbotsmöglichkeit sehe er nicht.
Niedrige Zinsen sind für Sparer ja schon lange ein Ärgernis. Seit einiger Zeit erheben einige Banken auch Negativzinsen - laut dem Internetportal Verivox in der Mehrzahl der Fälle aber erst ab 100.000 Euro.
Seit Jahresbeginn haben laut Verivox weitere Banken Negativzinsen für Privatkunden eingeführt. Mindestens 16 Institute, vor allem Volksbanken und Sparkassen, haben demnach Negativzinsen für Geldanlagen von Privatkunden eingeführt oder bestehende Strafzinsen erhöht. Allerdings gelte das nur für Neukunden, heißt es.
Das ist eine Folge der Politik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die verlangt Geld von den Banken dafür, dass diese wiederum ihr Geld bei der EZB parken können. Den Zinssatz von 0,5 Prozent, den die Banken derzeit dafür zahlen müssen, geben sie an ihre Kunden weiter.

Folge der Politik des billigen Geldes

"Das ist ärgerlich und am Ende unvermeidlich", sagt Christoph Schwennicke, Chefredakteur des politischen Magazins "Cicero". Der Eigenverlag, in dem "Cicero" erscheine, sei Geschäftskunde bei den Banken und daher hätten er und seine Kollegen schon länger mit Strafzinsen zu tun.
Es sei sehr unangenehm, "wenn Sie Unternehmer sind und denken: Hurra, ich habe einigermaßen meinen Laden in Schuss - und dann müssen Sie für Geld, das sich angesammelt hat, Zinsen zahlen." Dasselbe treffe jetzt auch Privatkunden.
Das sei eine Folge der Politik des billigen Geldes von Mario Draghi, der von 2011 bis zum vergangenen Herbst EZB-Präsident war. Als 2008 die Finanzkrise ausbrach, versprach er, man werde tun, was immer nötig sei. "Dann wurde geflutet mit billigem Geld und das ist jetzt die Folge davon", erklärt Schwennicke. "Die Banken haben sich sehr lange bemüht, das von den Privatkunden wegzuhalten. Aber dieses Bemühen kommt jetzt an ein Ende."

Kein Hebel für rechtliches Verbot in Sicht

Die Bundesregierung sieht Negativzinsen sehr kritisch. Deutschland sei ein Land der Sparer und die müssten beschützt werden. Deshalb lässt der Bundesfinanzminister jetzt prüfen, ob es überhaupt rechtmäßig ist, Negativzinsen zu erheben. Laut einem Medienbericht schließt das Finanzministerium ein staatliches Eingreifen nicht aus. "Dann sind wir eher im Bereich des Zuschießens von Geld, würde ich sagen, aber nicht im Bereich des rechtlichen Verbots", so Schwennicke.
Einen Hebel hierfür sehe er derzeit nicht, sagt Schwennicke. Er sei gespannt, ob das Finanzministerium einen findet. Doch nach seinem Verständnis "kann ein Geschäftsmodell Bank nicht funktionieren, wenn Sie die Möglichkeiten nicht haben, die Zinsen weiterzugeben, die Sie selber bezahlen oder bekommen". Umgekehrt sei es ja auch so, dass sich der Zins, den man beispielsweise auf Festgeld bekommt, am Leitzins orientiere. "Normalerweise sollte der Zins positiv sein, jetzt ist er negativ."
(abr)
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