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Kriegsverbrechen
Rebellenführer aus dem Kongo steht vor Gericht

Der ehemalige kongolesische Rebellenchef Bosco Ntaganda muss sich seit heute vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verantworten. Ihm werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen wie systematische Vergewaltigungen vorgeworfen. Es ist das umfangreichste Verfahren des Gerichts.

02.09.2015
    Der ehemalige kongolesische Rebellenchef Bosco Ntaganda vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.
    Der ehemalige kongolesische Rebellenchef Bosco Ntaganda vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. (picture alliance / EPA / Michael Kooren)
    Mord, Vergewaltigung, Sexsklaverei, Vertreibung, Angriffe auf die Zivilbevölkerung und der Einsatz von Kindersoldaten - die Liste der Vorwürfe gegen Bosco Ntaganda ist lang. Der 41-Jährige soll 2002 und 2003 als Kommandeur der Miliz "Patriotische Kräfte für die Befreiung des Kongo" für mehrere Massaker im Osten des Landes verantwortlich gewesen sein. Laut Anklage haben Ntagandas Truppen gezielt Dörfer und Gemeinschaften angegriffen, die nicht zur Volksgruppe der Hema gehörten. Ihm werden insgesamt 18 Delikte vorgeworfen.
    Ntaganda ist im Kongo unter dem unter Spitznamen "Terminator" bekannt. Er kämpfte sowohl in der ruandischen Armee als auch mit kongolesischen Truppen, gelegentlich schloss er sich mit Getreuen zu einer Miliz zusammen. 2006 hatte der Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen ihn ausgestellt.
    Ntaganda stellte sich in Ruanda
    Nach mehr als sechs Jahren auf der Flucht erschien der gebürtige Ruander im Frühjahr 2013 in der US-Botschaft in der ruandischen Hauptstadt Kigali und sagte, er wolle zu dem Gericht gebracht werden. Es wird vermutet, dass Ntaganda wegen interner Konflikte in seiner Miliz um sein Leben fürchtete und ihm Den Haag als einzig sicherer Ausweg schien. Vor ihm hat sich noch niemand freiwillig dem Internationalen Strafgerichtshof gestellt.
    Der frühere Kommandant weise alle Vorwürfe zurück, sagte sein Anwalt Stéphane Bourgon. Die Anklage will mit 8.000 Seiten Dokumenten und mehr als 80 Zeugen beweisen, dass Ntaganda schwerste Verbrechen begangen hat. 2.149 Opfer haben sich als Nebenkläger registrieren lassen und werden von zwei Anwälten vertreten. Deshalb wird erwartet, dass der Prozess mehrere Jahre dauert.
    Vierter kongolesischer Rebellenführer vor Gericht
    Nach Einschätzung der Nichtregierungsorganisation Women's Initiative for Gender Justice ist das Verfahren auch deshalb wichtig, weil sich erstmals im internationalen Strafrecht ein Kommandeur wegen Vergewaltigung und sexueller Versklavung in seiner eigenen Miliz verantworten muss. Ntaganda ist der vierte Rebellenführer, der sich in Den Haag für Verbrechen im Osten der Demokratischen Republik Kongo verantworten muss. Als erster Angeklagter war Thomas Lubanga 2012 zu 14 Jahren Haft verurteilt worden.
    (hba/jcs)