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Krim-Krise
Polen reagiert auf angespannte Lage

Bundeskanzlerin Merkel wird heute zu Gesprächen über die Krim-Krise in Warschau erwartet. Polen selbst fühlt sich bedroht und so rücken durch die Krise im Nachbarland und die Drohungen aus Moskau Regierung und Opposition näher zusammen. Man will sich auf alle Eventualitäten vorbereiten.

Von Henryk Jarczyk | 12.03.2014
    "Die einzige rechtmäßige Regierung der Ukraine ist die Regierung von Premier Arsenij Jazenjuk . Eine Regierung, die vom legal gewählten Parlament bestellt worden ist."
    Es ist eine Premiere. Der polnische Regierungschef Donald Tusk hält im Parlament eine Rede zur Lage in der Ukraine und Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski klatscht. Er applaudiert ausgerechnet seinem größten politischen Widersacher. Ein Wunder an der Weichsel. Wenn Wladimir Putin das wüsste.
    So vereint wie diesmal waren sie noch nie. Die Krise im Nachbarland, die Drohungen aus Moskau lassen Opposition und Regierung ganz nah zusammenrücken. Polen fühlt sich bedroht. Der Kalte Krieg scheint wieder zurückgekehrt zu sein.
    "Jeder, der die Meinung vertritt, dass man sich Frieden und Stabilität mit Nachgeben erkaufen kann, irrt. Solche Irrtümer wurden in Europa in der Vergangenheit mehrfach begangen. Was immer mit einer Katastrophe endete."
    Polen hat da denkbar schlechte Erfahrungen gemacht. Denn die Katastrophen von denen Premier Tusk spricht, betrafen in den meisten Fällen eben Polen. Die Dreiteilung des Landes mit 123-jähriger russischer Okkupation. Der Überfall Mitte September 1939. Die Annexion östlicher Staatsgebiete und die faktische Besetzung des Landes nach dem Zweiten Weltkrieg. So betrachtet haben die Russen Polen erst in den 1990-er Jahren endgültig verlassen. Das ist gar nicht so lange her. Die Erinnerungen sind noch frisch. Daher die Angst, deshalb auch das Verständnis für ein Land, das sich genau diese Politik nicht gefallen lassen will.
    "Die Geschichte lehrt uns, dass nur eine entschlossene Haltung und ein harter Widerstand gegen die Akte der Aggression helfen können, die Krise friedlich zu lösen. Deshalb wende ich mich auch an Brüssel: Lasst uns nach Methoden suchen, wie wir Russland gegenüber effektiv auftreten können. Nur so können wir das wichtigste Ziel erreichen: die Aufrechterhaltung des Friedens und die Achtung der Souveränität der Ukraine. Denn beides ist heute zweifellos gefährdet."
    Polens Regierungschef spricht lieber von Frieden
    Das Wort Krieg nimmt der polnische Regierungschef lieber nicht in den Mund. Frieden klingt besser. Und damit dieser eben aufrechterhalten werden könne, müssten alle EU-Staaten an einem Strang ziehen, sagt Tusk. Keine leichte Aufgabe. Die Einigung im chronisch zerstrittenen polnischen Parlament zu erzielen, war da offenbar wesentlich leichter. Warschau ist sich dessen bewusst. Man kennt die unterschiedlichen Interessen und die damit zusammenhängenden Bedenken, dass Wirtschaftssanktionen die einzelnen Staaten viel Geld kosten könnten. Und dennoch: Zu drohen, ohne bereit zu sein, die Drohungen auch umzusetzen, mache absolut keinen Sinn, sagt der ehemalige polnische Botschafter bei der NATO, Jerzy Maria Nowak.
    "Si vis pacem para bellum: Wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor. Ich würde das zwar nicht so eng wie die Römer damals auffassen, sondern vielmehr die Position vertreten. Wenn du Frieden willst, dann sei stark, determiniert, behalte aber auch die Nerven gegenüber denjenigen, die gegen den Frieden verstoßen."
    Das NATO-Land Polen – fügt Verteidigungsminister Siemoniak hinzu - müsste auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Auch wenn zur Zeit keine unmittelbare Gefahr drohe. Gleichwohl die stärkere Präsenz amerikanischer Kampfflugzeuge in Polen, betont der Verteidigungsminister, sei mehr als nur ein symbolischer Akt:
    "Ich möchte unterstreichen, dass die Amerikaner hier auf unsere Bitte hin erscheinen werden. Wir wissen diese Maßnahme sehr zu schätzen."
    Zwölf F-16-Kampfjets sollen im Rahmen einer längst geplanten Militärübung im Nordosten Polens zusätzlich patrouillieren. Die Botschaft ist eindeutig: Wenn es darum geht, militärischen Beistand einzufordern, dann ist Washington nach wie vor die