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Kriminalistik
Verräterische Spuren im Schamhaar

Wie australische Forscher im Fachmagazin "Investigative Genetics" beschreiben, könnten sich Sexualstraftäter möglicherweise mithilfe von Bakterien im Scharmhaar überführen lassen. Denn die werden beim Geschlechtsverkehr übertragen.

Von Marieke Degen | 06.01.2015
    Egal wie ausgefeilt die Ermittlungsmethode auch sein mag: Kriminelle finden einen Weg, sie zu umgehen. Wenn ein Einbrecher keine Fingerabdrücke hinterlassen will, zieht er Handschuhe an. Und ein Vergewaltiger benutzt einfach ein Kondom.
    "Vielleicht tun sie das, um sich vor sexuell übertragbaren Krankheiten zu schützen. Aber ich denke, in erster Linie wollen sie kein Sperma hinterlassen, damit ihr genetischer Fingerabdruck, also ihr DNA-Profil, nicht erstellt werden kann. Sie vergewaltigen eine Frau und nehmen anschließend das Kondom einfach mit. Und wir Forensiker haben rein gar nichts."
    Silvana Tridico ist forensische Biologin an der Murdoch University in Perth. Wahrscheinlich, sagt sie, gibt es aber noch andere Spuren, die auf eine Verbindung zwischen Täter und Opfer hinweisen könnten: Bakterien. Jeder Mensch hat sie im Schambereich, und bei jedem ist die Zusammensetzung der Bakterien eine andere.
    "Beim Geschlechtsverkehr tauschen die Beteiligten offenbar auch ihre Bakterien aus. Es gibt etwa Bakterien, die nur bei Frauen vorkommen, nicht bei Männern, darunter Milchsäurebakterien in der Scheide. Die Bakterien werden dann auf den Schambereich des Mannes übertragen. Wenn man Bakterienprofile des potenziellen Täters und des Opfers erstellt, könnte man eine Verbindung zwischen beiden herstellen."
    Einsatz der Methode noch offen
    Silvana Tridico hat sieben Probanden, drei Männer und vier Frauen, über Monate untersucht. Genauer gesagt: die Bakterien auf ihren abgeschnittenen Schamhaaren. Mithilfe modernster Erbgutanalysen, dem sogenannten Next Generation Sequencing, konnte sie die Bakterienarten genau bestimmen. Jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin hatte ein ganz eigenes Bakterien-Profil im Schamhaar, bestehend aus etwa 75 verschiedenen Arten. An der Studie hat auch ein Paar teilgenommen: Im Schamhaar des Mannes fanden die Forscher auch Bakterienarten von seiner Partnerin - und umgekehrt.
    "Einmal haben die beiden 18 Stunden nach ihrem letzten Geschlechtsverkehr eine Haarprobe entnommen. In der Zwischenzeit haben beide geduscht. Es sieht aber so aus, als würden sich die fremden Bakterien eine ganze Weile im Schamhaar halten."
    Möglicherweise könnten die fremden Bakterien im Schamhaar also tatsächlich dabei helfen, ein Sexualverbrechen aufzuklären, vorausgesetzt, man hat einen Tatverdächtigen, den man untersuchen kann. Ob die Methode tatsächlich irgendwann eingesetzt wird, ist aber noch völlig offen. Dafür müssten erst noch viel mehr Paare untersucht werden.
    "Ich hätte meine Zweifel, ob jemand nur anhand des Bakterienprofils für schuldig befunden würde. Aber wenn es noch andere Beweise gibt, dann könnte so eine Untersuchung das Bild vervollständigen."
    Doch was, wenn sich der Täter, das Opfer oder beide die Schamhaare wegrasiert haben? Silvana Tridico geht davon aus, dass dann trotzdem Bakterien weitergegeben werden, die im Schambereich auf der Haut sitzen. Wahrscheinlich kann man sie mit einem Tupfer aufnehmen und ebenfalls näher bestimmen - das will die Forscherin allerdings noch in einer weiteren Studie klären. Ein Kondom mit Sperma mögen die Täter vielleicht verschwinden lassen, sagt sie. Aber dass sie ihre Bakterien weitergeben - dagegen können sie hoffentlich nichts tun.