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Kriminalität
Zahl der Verurteilungen bei Vergewaltigungen gesunken

Frauen, die eine Vergewaltigung anzeigen, erreichen damit immer seltener eine Verurteilung des Täters. Das geht aus einer Studie hervor, die das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen veröffentlicht hat. Einer der Gründe ist die Arbeitsüberlastung bei Polizei und Staatsanwaltschaft.

17.04.2014
    Eine Frau geht im Licht der Straßenlaternen alleine über eine dunkle Straße
    Anzeigen wegen Vergewaltigung enden immer öfter ohne Urteil ( picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte)
    Erlebte vor 20 Jahren noch gut jede fünfte Frau (21,6 Prozent), die wegen einer Vergewaltigung zur Polizei ging, ein Urteil gegen den Täter, sei es im Jahr 2012 nur noch jede zwölfte (8,4 Prozent) gewesen, sagte Christian Pfeiffer vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen bei der Vorstellung der Studie.
    Als eine mögliche Ursache nennt er, dass die Vergewaltigungen im sogenannten Nahbereich zugenommen hätten. Das bedeutet: Der unbekannte Täter, der etwa eine Spaziergängerin anfällt, ist seltener geworden, gestiegen ist dagegen der Anteil der Ehemänner, (Ex-)Partner und Bekannten, die sich an den Frauen vergehen. Damit aber wird die Beweislage den Kriminologen zufolge schwieriger. Oft bestreiten die Tatverdächtigen demnach gar nicht, mit der Frau Sex gehabt zu haben, doch sie behaupten, dies sei freiwillig geschehen. Sperma- und DNA-Spuren verlören damit an Aussagekraft. Die Forscher machen zudem die Arbeitsüberlastung bei Polizei und Staatsanwaltschaft für die Entwicklung verantwortlich.
    Problematische Befunde für einen Rechtsstaat
    Unterschiedliche Tendenzen zeigten sich beim Vergleich der Bundesländer. Die Erfolgschancen der Frauen unterscheiden sich demnach von einem Bundesland zum anderen um das Sechsfache. "Gleiches gilt im Hinblick auf das Risiko der betroffenen Frauen, in ihrem sozialen Umfeld aufgrund einer gescheiterten Anzeige als Verlierin oder gar als Lügnerin dazustehen", heißt es in einer Erklärung des Instituts. "Für einen Rechtsstaat sind diese Befunde problematisch."
    Entscheidend für den Erfolg vor Gericht sei eine gute Dokumentation der Erstaussage - am besten per Video oder Tonband. "Selbst die zehn Prozent, die sowas aus welchen Gründen auch immer erfinden, kann man dadurch besser herausfinden", sagte Pfeiffer.
    In der Europäischen Union hat jede dritte Frau nach Erkenntnissen der EU-Grundrechte-Agentur seit ihrer Jugend schon körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt. Das sind etwa 62 Millionen.
    (pg/kis)