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Kriminologie per podcast

Wer studieren will, muss bereit sein, für sein Wunschfach auch den Wohnort zu wechseln. Doch damit könnte bald Schluss sein. An der Ruhruniversität Bochum gibt es den Masterstudiengang Kriminologie und Polizeiwissenschaften, online. Das heißt ein Studium vom Schreibtisch zuhause ist möglich.

Von Hilde Braun | 25.05.2007
    Sandra Figgen ist Doppelstudentin, sie studiert Rechtswissenschaften an der Ruhruniversität Bochum - besucht Vorlesungen und Seminare, gleichzeitig absolviert sie den Master für Kriminologie. Möglich ist das für sie nur, weil sie den Masterstudiengang von zuhause aus machen kann. Dann wenn sie Zeit hat loggt sie sich ins Internet ein:

    " Wichtig ist hier sicher, dass man eine gewissen Portion Selbstdisziplin mitbringt, weil man hier niemanden hat, der einem wirklich auf die Finger sieht. Wir haben zwar Termine an denen wir gewisse Aufgaben erledigt haben müssen, allerdings habe ich keine festen Vorlesungstermine, da muss ich mich tatsächlich selbst zusammenreißen und mir die Zeit dafür nehmen, was auch wiederum positiv ist weil ich nicht gebunden bin."

    Das E-Learning System Blackboard macht es möglich. Die Studierenden können ihre Vorlesungen im Netz besuchen wann immer sie möchten. Die Vorlesung läuft als Film ab der beliebig angehalten oder zurückgespult werden kann. Parallel dazu gibt es Folien, die per Power-Point präsentiert werden. Skripte, Literaturhinweise und sogar eine Gliederung des Vortrags werden angeboten.

    " Ja bisher sind die meisten noch dabei, ich glaube ein oder zwei Leute haben jetzt im letzten Jahr abgebrochen, haben das aber auch sehr schnell erkannt, dass die Arbeitsbelastung trotzdem zu hoch für sie ist und wir hatten auch den Fall, dass jemand mit den Nachbearbeitungen nicht nachgekommen ist, wo die Selbstdisziplin ein wenig gefehlt hat. Auch die berufliche Belastung sollte man sehr gut einschätzen können..."

    Die Studierenden kommen aus aller Welt, sind fast alle berufstätig. Ein Polizeibeamter, der zur Zeit in Afghanistan stationiert ist, gehört dazu. Ein anderer Studierender sitzt im Strafvollzug und studiert von der Zelle aus. Die Kommilitonen sehen sich selten. Einmal zu Beginn des Semesters und zu den Klausuren.

    " Richtige Freundschaften kann man wahrscheinlich nicht sagen, dass die entstehen, weil man sich ja so selten sieht, aber da ja jeder ein gefestigtes Leben hat, teilweise verheiratet ist, Kinder dabei sind, ist das ja auch gar nicht mehr so notwendig."

    Der Großteil der Studierenden ist über 25. Ein richtiges Studentenleben mit Parties, Treffen in der Cafeteria oder regelmäßigen Lerngruppen gibt es nicht. Übrig bleibt ein reger fachlicher Kontakt, allerdings auch virtuell. Es gibt Diskussionsforen und E-Mail Kontakt zu den Dozenten, die innerhalb von 24 Stunden auf Fragen antworten. Lästige Warteschlangen bei den üblichen Sprechstunden fallen weg. Dr. Holm Putzke ist Dozent in der Kriminolgie:

    " Also die Diskussionsforen sind völlig frei, da ist niemand von uns als Supervisor dabei, das sind Diskussionsforen da wird sich ausgetauscht. Wenn es dann mal eine Frage gibt, bei der die Studenten nicht selber weiterkommen, dann kann man da eine zusätzliche Information vom Lehrstuhlinhalber oder Anbieter der Veranstaltung hineinstellen und damit dienlich sein. "

    Studieren via Internet, das Studium der Zukunft? Nicht für jeden ist das die passende Lösung. Wer Druck von außen braucht, kann schnell den Anschluss verlieren. Dr. Holm Putzke glaubt aber nicht an verwaiste Hörsäle in der Zukunft. Denn für Abiturienten ist das Studieren via Internet seiner Meinung nach nichts. Sie müssten die Universität erst einmal vor Ort kennenlernen:

    " Ich denke nicht dass die Universität durch eine solche Lernform ihre Existenzberechtigung verliert, es mag sein, dass diese Form des Lernens mehr und mehr Eingang ins Studium findet. Ich denke, dass es eine Form ist die bei Berufstätigen sehr anerkannt wird und das es auf diese Gruppe zugeschnitten ist."

    Die Rückmeldungen sind jedenfalls positiv. Auch "normale" Studierende greifen inzwischen gerne auf Angebote der neuen Technik zurück. Sie können zwar das Blackboard E-Learning-System nicht nutzen, aber sich Vorlesungen aus dem Internet herunterladen und als Podcast oder MP 3 noch einmal anhören. Und das nutzten immerhin zwei Drittel von ihnen.