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Krise in Venezuela
China bangt um seine Milliarden

China beobachtet die Krise in Venezuela mit bangem Blick. Offiziell hält Peking zwar am Prinzip der Nichteinmischung fest und hält zu Staatschef Nicolas Maduro, aber Kontakte zur Opposition hat es bereits gegeben. China bangt vor allem um seine Milliarden.

Von Axel Dorloff | 16.02.2019
    Chinesische und venezolanische Nationalflaggen flattern auf dem Laternenpfahl während eines viertägigen Besuchs des venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro in Peking, China, 14. September 2018.
    Für China steht in Venezuela viel auf dem Spiel: Milliardenkredite und Investitionen (Imaginechina/ Wang Xin)
    Für China steht in Venezuela viel auf dem Spiel: Milliardenkredite und Investitionen, strategische Großprojekte im Namen der Neuen Seidenstraße. In den vergangenen Jahren hat China massiv in das Land investiert – und gilt als größter Gläubiger Venezuelas. Experten schätzen die Höhe der chinesischen Kredite zwischen 2007 und 2017 auf über 60 Milliarden Dollar. Venezuela sollte das zum Teil durch Öl-Lieferungen zurückzahlen, kann aber seine Verpflichtungen wegen hoher Produktionsausfälle nicht erfüllen.
    Prinzip Nichteinmischung
    Rund 20 Milliarden Dollar seien noch fällig, schreibt das chinesische Finanz-Magazin Caixin. Andere Experten schätzen die Zahl noch höher. China bangt also um seine Milliarden und setzt deshalb weiter auf Staatschef Maduro. Der Sprecher des Außenministeriums in Peking, Geng Shuang, kritisiert beides: Einmischung und Sanktionen.
    "China steht fest zum Prinzip der Nicht-Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder. Für uns bleibt es dabei: nur das venezolanische Volk selbst kann über seine Zukunft bestimmen. Wir sind auch gegen einseitige Sanktionen, sie machen die Situation nur komplizierter und helfen nicht dabei, die praktischen Probleme zu lösen. Sie führen lediglich zu einer Verschlechterung der Lebensumstände der Menschen in Venezuela. Dafür müssen die Länder, die Sanktionen verhängen, Verantwortung übernehmen."
    Diese Haltung hat die Volksrepublik auch im UN-Sicherheitsrat bekräftigt. Gemeinsam mit Russland hat China eine Erklärung zur Unterstützung des selbsternannten venezolanischen Interimspräsidenten Juan Guaidó blockiert. Zur Begründung sagte der chinesische UN-Botschafter in New York, Ma Zhaoxu.
    "China war schon immer aus Prinzip gegen die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten. Und deshalb sind wir auch gegen die Einmischung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas. Die Vorkommnisse dort stellen keine Bedrohung der internationalen Sicherheit oder des internationalen Friedens dar. Das Thema steht nicht auf der Agenda des UN-Sicherheitsrates – und es gehört auch nicht dort hin."
    Opposition im Blick
    Das besondere Verhältnis zwischen Venezuela und China und begann bereits unter Staatschef Hugo Cháves. Der 2013 verstorbene Präsident und Vorgänger Maduros zeigte sich als Bewunderer des chinesischen Revolutionsführers und Staatsgründers Mao Zedong. Das schmeichelte den Chinesen. Unter Chávez erhielt Venezuela einen Großteil seiner Kredite, im Gegenzug gab es für China Öl. Aber auch andere Rohstoffe wie Coltan, wichtig für die Produktion von Smartphones. Mit Venezuela ging es derweil immer weiter bergab, im September 2018 war Staatschef Maduro zuletzt in Peking, um weitere Milliarden-Kredite einzuwerben. Außenamtssprecher Geng Shuang hat vor wenigen Tagen nochmal bestätigt: China hält weiter zu Maduro.
    "Staatspräsident Xi Jinping hat einen Sondergesandten zur Amtseinführung von Präsident Maduro geschickt. Wenn wir ihn nicht anerkennen würden – warum wären wir dann bei seiner Amtseinführung dabei gewesen? Das wäre doch unlogisch. Und an dieser Haltung hat sich auch nichts geändert."
    Aber auch der selbsternannte Interimspräsident Juan Guaidó wirbt um Chinas Unterstützung. Anfang Februar rief er die chinesische Führung in der Hongkonger Tageszeitung South China Morning Post dazu auf, ihn als Staatschef anzuerkennen. China werde auch unter seiner Führung eine wichtige Rolle in Venezuela spielen – so seine Botschaft.
    Er kündigte aber auch an, alle Vereinbarungen mit China zu überprüfen, ob sie nach geltenden Regeln zustande gekommen seien. Denn viele der mit chinesischen Krediten finanzierten Projekte in Venezuela wurden bislang nie fertig gestellt. Schuld daran sei die Korruption unter der Maduro-Regierung, behauptet Guaidó in dem Interview mit der South China Morning Post. In Peking waren die Reaktionen darauf zurückhaltend. Man sei mit allen Seiten in Gesprächen, so lediglich Außenamtssprecher Geng Shuang.
    "China steht wegen der Situation in Venezuela mit allen Seiten in engem Kontakt. Wir sind bereit, mit allen Parteien gemeinsam Anstrengungen zu unternehmen, die zur Aussöhnung und friedlichen Verhandlungen führen. Wir möchten dabei helfen, Bedingungen zu schaffen, unter denen die Probleme gelöst werden können."
    Bei aller offiziellen Loyalität zu Maduro: China gilt als pragmatisch. Es ist kein Geheimnis, dass es schon 2017 in Peking ein Treffen mit der venezolanischen Opposition gab. Thema dürfte dabei auch gewesen sein, ob und wie sich die Opposition im Falle einer Machtübernahme an bestehende Kreditverträge und Projekt-Vereinbarungen mit China halten würde. Was geschieht mit Chinas Milliarden und Chinas Einfluss – das ist das, was in Peking am meisten interessiert.