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Krisengipfel von Bahn und Politikern soll Lösung bringen

Der Runde Tisch sei wichtig, um die Bahn weiter unter Druck zu setzen, sagt Michael Heilmann. Wenn die Gespräche nichts brächten, würde sein Verband nächste Woche, zum Schulbeginn, alles daran setzen, den Fahrgasttransport zu organisieren, sagt der Direktor des Zweckverbandes Schienenpersonen-Nahverkehr Rheinland-Pfalz.

Michael Heilmann im Gespräch mit Martin Zagatta | 13.08.2013
    Martin Zagatta: Mainz bleibt Mainz und an dieses Karnevalsmotto will sich nun auch die Deutsche Bahn halten. Sie will zumindest verhindern, dass das Chaos, dass die Personalnot am Mainzer Hauptbahnhof auch auf andere Städte und Regionen übergreift. Heute allerdings geht es bei einem Runden Tisch, an den die rheinland-pfälzische Landesregierung eingeladen hat, erst einmal darum, wie es in Mainz weitergehen kann.
    Verbunden sind wir jetzt mit Michael Heilmann, er ist Direktor des Zweckverbands Schienenpersonen-Nahverkehr in Rheinland-Pfalz, der als Vertreter der leidgeplagten Fahrgäste zu dem Treffen jetzt gleich mit eingeladen ist. Guten Tag, Herr Heilmann!

    Michael Heilmann: Guten Tag.

    Zagatta: Herr Heilmann, wie kommen Sie dahin, mit der Bahn?

    Heilmann: Nein. Ich bin in der komfortablen Lage, dass ich in Mainz direkt wohne. Ich habe es nicht weit.

    Zagatta: Was erwarten Sie denn von diesem Runden Tisch? Ist das mehr als politischer Aktionismus jetzt?

    Heilmann: Ich denke, das ist ein sehr wichtiges Signal, die Bahn unter Druck zu setzen, den Druck noch weiter zu erhöhen. So wie es in den letzten Tagen abgelaufen ist, dass sehr viele Züge ausgefallen sind, die Pendler sehr starke Einschränkungen haben hinnehmen müssen, das muss jetzt schnellstmöglich ein Ende haben.

    Zagatta: Schnellstmöglich – was kann da überhaupt kurzfristig getan werden?

    Heilmann: Das hängt jetzt davon ab, ob es der DB-Netz AG gelingt, Lösungen heute zu präsentieren. Man muss abwarten, ob es jetzt kurzfristige Lösungen sind, die zum Beispiel jetzt schon ab dem kommenden Montag greifen. Da ja in Rheinland-Pfalz auch die Schule wieder beginnt, wäre das sehr wichtig, dass deutlich mehr Züge wieder fahren können.

    Und die Bahn muss aus diesem ganzen Desaster die Konsequenz ziehen, künftig mehr Personal einzustellen, und das natürlich auch deutschlandweit, weil das Problem in Mainz könnte sich theoretisch natürlich an anderer Stelle auch wiederholen.

    Zagatta: Jetzt haben wir aber in dem Beitrag gehört, dass es insgesamt sieben Monate dauern soll, oder mindestens drei Monate, kurzfristig solche Fahrdienstleiter auszubilden. Wie kann Ihnen das jetzt helfen?

    Heilmann: Ich denke, es muss jetzt geguckt werden, dass wir für die Pendler und für die Schüler ab dem kommenden Montag eine tragfähige Lösung finden. Das kann nur eine Übergangslösung sein.

    Zagatta: Aber wie könnte die aussehen?

    Heilmann: Das könnte vielleicht so aussehen, wenn in den Gesprächen nachher rauskommen sollte, dass es noch eine personelle Lösung gibt – es ist vielleicht noch jemand gefunden worden, der zusätzlich auf dem Stellwerk noch Dienst tun kann. Das könnte vielleicht dazu führen, dass zusätzliche Züge noch fahren könnten, um den leidgeplagten Pendlern dann auch helfen zu können. Weitergehende kurzfristige Lösungen sind sicherlich schwierig, da natürlich langfristige Ausbildungen erforderlich sind.

    Zagatta: Die Bahn sagt dazu, sie kann nicht aus anderen Städten oder Regionen Leute abordnen, weil dort sonst Engpässe entstehen würden. Was halten Sie denn von dem Vorschlag, der gemacht wurde, möglicherweise Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückzuholen? Ist das aus Ihrer Sicht praktikabel?

    Heilmann: Ich denke, das ist eine Entscheidung, die die DB-Netz AG treffen muss. Die DB-Netz AG wird sicherlich Gespräche führen mit den Mitarbeitern, die im Urlaub sind. Aber ich denke, es kann in keinster Weise und es darf in keinster Weise Druck auf die Mitarbeiter ausgeübt werden, die sich jetzt im wohl verdienten Urlaub befinden.

    Zagatta: Herr Heilmann, Sie kennen ja jetzt die Verhältnisse in Mainz und Rheinland-Pfalz ganz besonders gut. Fünf von 15 Stellwerkern sind dort krankgemeldet. Das heißt, jeder Dritte. Ist das jetzt Pech, oder gibt es dafür irgendeine andere Erklärung?

    Heilmann: Ich denke, das ist die Konsequenz, dass man in den vergangenen Jahren gravierende Management-Fehler gemacht hat. Das heißt, man hat sehr viel Personal eingespart und ist jetzt in der Urlaubszeit und bei zusätzlichen Krankheitsfällen nicht mehr in der Lage, diese Lücken abzudecken. Die Personaldecke ist mittlerweile sehr, sehr dünn geworden.

    Zagatta: Speziell in Mainz, oder grundsätzlich?

    Heilmann: Das ist grundsätzlich so.

    Zagatta: Aber in Mainz taucht jetzt dieses enorme Problem auf, dass da ein Drittel des Personals, das dort jetzt helfen könnte, krankgemeldet ist. Dafür gibt es keine Erklärung?

    Heilmann: Dafür gibt es jetzt keine spezielle Erklärung, warum das ausgerechnet in Mainz aufgetreten ist. Ich denke, das ist einfach eine Verkettung von unglücklichen Umständen. Ich denke aber, die Probleme oder die Problemlage ist an anderen Orten ähnlich. Nur ist es dort so gravierend nicht zutage getreten.

    Zagatta: Sie beschäftigen sich ja schon länger mit dem Bahnverkehr in Mainz und Rheinland-Pfalz. Kommen diese Probleme für Sie überraschend?

    Heilmann: Sie kommen in dieser Form, in dieser Massierung, dass ein wichtiger Knotenbahnhof in einem Ballungsraum im Rhein-Main-Gebiet so stark davon betroffen ist, absolut überraschend. Das war in keinster Weise voraussehbar. Man hat aber schon seit einiger Zeit einige kleinere Fälle gehabt bei vereinzelten Stellwerken, wo man gesehen hat, dass die Personaldecke wohl sehr angespannt ist.

    Zagatta: Sie haben es schon gesagt, nächste Woche enden die Schulferien bei Ihnen in Rheinland-Pfalz. Was erwarten Sie da, was kann man jetzt tatsächlich den Fahrgästen, die Sie ja vertreten, raten? Oder sind die hilflos, ist da kurzfristig gar nichts zu machen?

    Heilmann: Ich denke, wir müssen jetzt einfach mal abwarten, was heute als Ergebnis dabei herauskommt. Das wird dann entscheidend sein, wie der Schuljahresbeginn dann gestaltet werden kann in puncto der Beförderungskapazitäten. Für den Fall, dass es nicht gelingen sollte, dass es weitere Verbesserungen gibt, müssen wir natürlich versuchen, Ersatzlösungen mit Bussen für eine Übergangszeit zu finden, um auf jeden Fall die Berufstätigen und vor allen Dingen auch die Schüler befördern zu können.

    Zagatta: Das wäre dann eine Aufgabe der Stadt, oder wer ist da gefordert?

    Heilmann: Nein, das wäre eine Aufgabe von uns, weil wir ja als Zweckverband Schienenpersonen-Nahverkehr der Aufgabenträger für den Schienenpersonen-Nahverkehr sind, also für alle Nahverkehrszüge im südlichen Rheinland-Pfalz. Wir kaufen ja die Verkehrsleistungen bei den Verkehrsunternehmen ein und sind damit auch für die Gestaltung des Angebotes verantwortlich.

    Zagatta: Wären Sie dazu in der Lage? Wenn heute bei dem Gespräch nichts Zufriedenstellendes für Sie herauskommt, wären Sie dazu in der Lage, das dann für den nächsten Montag – das ist ja wohl der Termin, um den es geht -, für die nächste Woche zu organisieren?

    Heilmann: Ja. Wir würden alles daran setzen, das zu organisieren, ja.

    Zagatta: Michael Heilmann, der Direktor des Zweckverbands Schienenpersonen-Nahverkehr in Rheinland-Pfalz, der nachher in gut einer Stunde an dem Krisentreffen zum Chaos am Mainzer Hauptbahnhof auch teilnehmen wird. Herr Heilmann, herzlichen Dank für das Gespräch und für diese Informationen.

    Heilmann: Bitte schön.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.