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Kroatien vor der Wahl
Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet

Kroatien wählt am kommenden Sonntag ein neues Parlament. Meinungsforscher sagen ein enges Rennen zwischen dem regierenden Mitte-Links-Bündnis "Kroatien wächst" und der konservativen HDZ voraus. Analysten sehen kaum programmatische Unterschiede zwischen den beiden Parteien.

Von Stephan Oszváth | 06.11.2015
    Ein Mann geht an einem Wahlplakat von Zoran Milanovic vorbei
    Will wiedergewählt werden: Premierminister Zoran Milanovic (dpa/picture alliance/Antonio Bat)
    Das Kino im 25.000-Einwohner-Ort Zapresic nahe der Hauptstadt Zagreb ist voll. Viele haben kroatische Fahnen dabei. Die Sozialdemokraten und ihr Mitte-Links-Bündnis "Kroatien wächst" setzen neuerdings auch auf Patriotismus.
    Zoki, Zoki rufen sie, als Zoran Milanovic, der Premier, die Bühne betritt. Was hat er sich vorgenommen, wenn er wieder gewählt wird?
    "Es geht um Wachstum und das Schaffen von Jobs", sagt der Sozialdemokrat ins ARD-Mikrofon, alles andere sei unwesentlich.
    Alles andere, damit meint Milanovic auch die Flüchtlingskrise. Seit Ungarn im Oktober die Grenze zu Kroatien geschlossen hat, ist das Balkan-Land zur Migranten-Autobahn geworden. 300.000 Flüchtlinge haben das Land mittlerweile durchquert.
    "Dieser Flüchtlingsstrom", sagt der Premier, "kommt und er wird auch wieder abflauen. Wir mussten das bewältigen. Denn wir reden hier über Menschen, und nicht über Kartoffeln oder Kohlköpfe. Wir haben sie gut untergebracht, haben sie nach Westen und Norden gebracht. Wir waren da ziemlich effektiv, sehr zum Verdruss der Deutschen, sie hätten gerne gehabt, dass wir die Leute etwas länger hier behalten."
    Flüchtlinge als Thema fallen gelassen
    Das sehen die Nachbarn Kroatiens anders: Milanovic hat sich mit Serbien verkracht. Es kam zur Lkw-Blockade an der Grenze, die EU-Kommission musste vermitteln. Ungarn bezeichnete der Kroate Milanovic als Blinddarm Europas, Slowenien beschwerte sich, dass die Kroaten die Flüchtlinge einfach an der grünen Grenze aussetzten - und zwar zu viele. Missmanagement - eigentlich ein gefundenes Fressen für den politischen Konkurrenten, die nationalkonservative HDZ und ihr Rechts-Parteienbündnis. Der Zagreber Politologe Nenad Zakosek meint:
    "Es schien eine Zeit lang so, dass die rechte Opposition diese Frage versuchen würde, zu Wahlkampfzwecken zu nutzen. Dass man also die Regierung beschuldigte, dass sie unvorbereitet war, dass die Sicherheitsaspekte nicht bedacht wurden. Inzwischen hat aber natürlich Ungarn praktisch seine Grenze geschlossen, es funktioniert jetzt der Flüchtlingsweg über Slowenien. Es scheint, dass das Innenministerium und auch die entsprechenden Behörden sich in Kroatien jetzt doch so weit organisiert haben, dass es relativ gut funktioniert, dass es keine wilden Grenzübertritte mehr gibt, sondern dass es einigermaßen unter Kontrolle ist. Und mein Eindruck ist, dass dadurch die Opposition das Thema irgendwie fallen gelassen hat."
    Politische Analysten wie Zakosek sehen kaum Unterschiede in den Programmen der beiden Blöcke Mitte-Links und Rechts. Meinungsforscher sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus. Und was sagen die Wähler?
    "Ich weiß nicht recht, meint diese junge Wählerin, im Wahlkampf versprechen alle alles Mögliche, hinterher vergessen sie das. Trotzdem bin ich für die Rechten, die sind immer noch besser als die Linken."
    Er werde gar nicht wählen, sagt ein anderer Mann, alle Parteien hätten ihn enttäuscht.