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Kryptowährung Bitcoin
Wie sich Bitfinex nach dem digitalem Raubzug retten will

Banküberfälle gibt es nicht nur in der realen Welt, sondern auch in der digitalen. Dieses Mal traf es eine Börse für Kryptowährungen in Hongkong, die um Bitcoins in Höhe von mehreren Millionen Euro erleichtert wurde. Das bringt das Bitcoin-System nicht zum Einsturz, wirft aber einige Fragen auf.

Jan Rähm im Gespräch mit Manfred Kloiber | 13.08.2016
    Am Fenster eines Coffeeshops in Nanshan in China hängt ein Schild, das Kunden darüber informiert, dass hier auch mit der digitalen Währung Bitcoin bezahlt werden kann.
    Am Fenster eines Coffeeshops in China hängt ein Schild, das Kunden darüber informiert, dass hier mit Bitcoin bezahlt werden kann. (imago/China Foto Press)
    Manfred Kloiber: In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass erneut eine Börse für die elektronische Kryptowährung Bitcoin gehackt wurde. Diesmal wurde Bitfinex das Opfer der Angriffe und verschwunden sind Bitcoin im Gegenwert vieler Millionen Euro. Mein Kollege Jan Rähm hat sich mit diesem virtuellen Raubzug näher beschäftigt, Jan in aller Kürze: Was ist passiert und weiß man schon, wie die Täter vorgegangen sind?
    Jan Rähm: Die Börse, die nicht nur mit Bitcoin handelt, ist gehackt worden. Dabei haben es die Täter ausschließlich auf Bitcoins abgesehen, andere Währungen und Einlagen seien nicht betroffen, hieß es. In einer Nachricht an die Kunden war die Rede von "den Bitcoins einiger Kunden". Es waren wohl rund 120.000 Bitcoins im Gegenwert von rund 60 Millionen Euro. Wie genau die Täter vorgegangen sind, ist bisher nicht bekannt. Die Börse teilte mit, man untersuche den Vorfall derzeit und habe auch staatliche Ermittlungsbehörden eingeschaltet.
    Kloiber: Rund 60 Millionen Euro Schaden, wie können die Betreiber der Börse diesen herben Schlag verkraften? Gibt es wie bei herkömmlichen Banken eine Art Versicherung des Schadens? Oder eine Einlagensicherung für den Fall der Pleite?
    Rähm: Das ist jetzt die große Frage. Eine Versicherung gegen den digitalen Bankraub scheint es nicht gegeben zu haben. Die Börse teilte in dieser Woche mit, man wolle den Schaden solidarisch auf alle Nutzer umlegen. So soll allen Nutzern 30,067 Prozent ihrer Einlagen abgezogen werden, um den Schaden auszugleichen. Im Gegenzug sollen die Nutzer "BFX Token" bekommen, eine Art Schuldschein der Börse. Jeder Token wird von der Börse in Hongkong vorerst mit einem Dollar bewertet und die Nutzer erhalten Tokens im Wert ihrer Verluste. Diskutiert wird darüber, ob die Tokens ein Anrecht auf Entschädigung repräsentieren sollen oder etwas später gegen Aktien des Mutterkonzerns der Börse getauscht werden könnten. Doch was der Token später einmal Wert sein wird und ob die Börse diese Tokens je vergüten wird, ist noch offen. Kurios und spannend ist, dass trotz dessen ein erster Handel mit diesen Schuldverschreibungs-Tokens bereits begonnen hat. Anscheinend lässt sich selbst mit dem Schaden noch gut spekulieren.
    Kloiber: Nun war es nicht der erste digitale Raubzug. Wir erinnern uns an Mt Gox, auch diese Börse wurde spektakulär um einige Millionen in Bitcoin erleichtert. Sind Zweifel an der Sicherheit des Bitcoin-Systems angebracht?
    Rähm: Man kann von Bitcoin halten, was man will, aber das Bitcoin-System an sich mit der Blockchain ist bisher nicht kompromittiert worden. Es traf immer die Börsen. Sie können sich das vorstellen wie bei einer regulären Bank. Ein Bankraub dort bringt auch nicht das Währungssystem ins Wanken, sondern, die Diebe bedienen sich des Bargelds im Tresor. So ähnlich läuft das auch in der digitalen Welt. Die digitalen Börsen sind den Angriffen oft nicht gewachsen, wie die zahlreichen Beispiele der Vergangenheit zeigen. Sicherer als bei diesen Börsen scheinen die Bitcoins in eigenen Wallets, also digitalen Brieftaschen, die natürlich möglichst online nicht erreichbar sein sollten. Man könnte sagen: das Äquivalent zum Geld unter der Matratze. Im aktuellen Fall nun sind aber eben Tausende Bitcoins im System der Börse gewesen, die nun erst mal weg sind, wobei man noch abwarten muss, ob die Diebe ihre erbeuteten Bitcoin waschen und zu Geld machen können.
    Kloiber: Weil Bitcoin dank der Blockchain ja in gewisser Weise transparent ist. Wie stehen denn die Chancen, der Täter habhaft werden zu können?
    Rähm: Trotz der Transparenz des Bitcoin-Systems nicht all zu gut. Auch in dieser digitalen Finanzwelt gibt es Möglichkeiten, das virtuelle Geld zu waschen und die Herkunft zu verschleiern. Auf der Onlineplattform Reddit ist nun jemand aufgetaucht, der behauptet, hinter dem Raub zu stehen. Derjenige hat 1.000 Bitcoins ausgelost, die jemand gewinnen kann. Gleichzeitig wurde aber auch eine Drohung veröffentlicht, das Guthaben mithilfe sogenannter Eater zu vernichten, wenn der oder die Täter verhaftet oder sonst wie zu Schaden kommen sollten. Dass die Drohung nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigen einige wenige Bitcoins, die zum Diebesgut gehören sollen und mithilfe des Eaters vernichtet wurden.