Donnerstag, 25. April 2024


Küchenradio: Sendetechnik im Ernstfall

Seit zwei Wochen erzählt mir mein Kollege Jörg-Christian Schillmöller von einer Wunderkiste, die es uns ermöglicht, im UMTS-freien brasilianischen Hinterland Live-Sendungen zu übertragen: Der "Tieline Codec". Alles ganz einfach, eine Internet-Verbindung, Strom und drei Kabel. Schon können wir uns im Sendezentrum in Köln einloggen und loslegen.

Text und Fotos: Dirk Gebhardt | 25.07.2013
    Der erste Tag auf der Insel. Wir starten den Probelauf. Der Internet-Router ist da, wir haben ein Passwort, aber keine Verbindung. Nachdem wir eine Stunde in den Systemsteuerungen von drei Computern (Redundanz ist alles) herumgeflickt haben, kommt unser Hausmeister Augusto. Er nimmt sich tatkräftig des Problems an. Router aus, Router an, Stecker raus und in die nächste Steckdose hinein. Nach ungefähr zehn Versuchen haben wir Internet. Augusto erklärt uns mit ernster Miene das Geheimnis des Insel-Internets: Du musst die Steckdosen immer wieder tauschen, dann geht es irgendwann.

    Jörg-Christian Schillmöller ist voller Enthusiasmus, schnell holt er eine graue Metallkiste aus dem Koffer, mit roten, grünen und gelben Reglern, einigen Eingängen für Mikrofone und einem kleinen Digitaldisplay. Das LAN-Kabel ist so kurz, dass wir die Radiostation in der Küche aufbauen müssen (wer auch immer entschieden hat, dass die Küche ein idealer Ort für einen Router ist).


    Nach ein paar Minuten sind die Kabel angeschlossen, das Mikrofon eingesteckt, und mein Kollege steckt das Netzteil ein. Das Display zeigt "Codec initalising"! In der Bedienungsanleitung steht etwas anderes: [IP1 Enter#]. Jörg-Christian führt aus, dass er alles in Köln getestet hat und es problemlos lief. Hier nicht. Wir brauchen einen Radiotechniker. Schnell zum Handy greifen und anrufen. Im Haus haben wir aber keinen Empfang.
    Jörg-Christian Schillmöller inspiziert die Sendetechnik - die in Köln noch lief
    Jörg-Christian Schillmöller inspiziert die Sendetechnik - die in Köln noch lief (Dirk Gebhardt)

    Hinunter zum Kai, einer der wenigen Plätze auf der Insel, an dem man telefonieren kann. Jörg-Christian wird etwas hektisch.

    Als er zurück kommt, steckt er einige Stecker um ... und: "Codec initalising"! Wieder nichts. Wieder hinunter zum Kai. Ein Hund schwimmt seine Runden im Fluss, das Acht-Uhr-Schnellboot nimmt die letzen Passagiere auf und legt ab. Eine Frau zieht ein pinkes Motorboot den Steg entlang, während Schillmöller neue Anweisungen aus Köln bekommt (Danke an Nils Heider dort).

    Wieder den Berg hinauf zu unserem Haus. Mit dem Taschenmesser-Schraubenzieher entfernen wir zwei Steckelemente aus der Wunderkiste des Dradio. Kabel wieder dran, Netzteil ein und ... tatsächlich: [IP1 Enter#]. Mein Kollege strahlt vor Erleichterung. Die Probeschalte nach Köln funktioniert, sogar mit zwei Kopfhörern. Am Donnerstag zeichnen wir für Freitag die erste Sendung auf.

    Geplant sind bislang Beiträge für folgende Sendungen:

    Deutschlandfunk
    "Tag für Tag - aus Religion und Gesellschaft", Freitag, 26. Juli 2013, 9.35 Uhr
    "Sonntagsspaziergang", Sonntag, 28. Juli, 11.30 Uhr
    "Corso - Kultur nach 3", Dienstag, 30. Juli, 15.05 Uhr

    DRadio Wissen
    "Redaktionskonferenz", Freitag, 2. August, 18 Uhr

    Zu den weiteren Beiträgen des Blogs
    Küchenradio - die Technik
    Küchenradio - die Technik (Dirk Gebhardt)
    JC Schillmöller telefoniert im Hafen von Boipeba
    JC Schillmöller telefoniert im Hafen von Boipeba (Dirk Gebhardt)

    Karte von Boipeba
    Jörg-Christian Schillmöller ist seit 2001 Nachrichtenredakteur beim Deutschlandfunk. Er war mehrfach für den Sender im Ausland auf Reportage-Reisen - zuletzt 2012 mit Dirk Gebhardt im Iran. Brasilien hat er im vergangenen Jahr entdeckt.
    Dirk Gebhardt ist Fotograf und Professor für Bildjournalismus an der FH Dortmund. Er arbeitet seit Frühjahr 2012 an einer Langzeit-Dokumentation über den Sertão, eine Trockenwüste im Nordosten Brasiliens. Fotografiert hat er neben Südamerika auch in Afrika und auf dem Balkan.