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Kühlung durch die Sonne

Äthiopien gehört zu den afrikanischen Staaten, deren Wirtschaft boomt. Dennoch leben viele Äthiopier noch immer unter der Armutsgrenze, viele Dörfer haben keine Stromversorgung. Ein Unternehmen aus Berlin hatte da eine Idee und schuf den Solarkiosk. Er soll abgelegene Dörfer mit Strom versorgen.

Von Vera Pache | 24.12.2012
    Die Straße ist eine der Hauptschlagadern Äthiopiens. Von Addis Abeba aus führt sie scheinbar endlos geradeaus. Wer will kann bis nach Kenia durchfahren.

    Die Farbpalette der vorbeiziehenden Landschaft reicht von Sand, über Ocker, bis hin zu staubigem Grün. Irgendwann glitzert es am Straßenrand silbern in der Sonne: Es ist ein Kiosk, Bedasso Kabato Dalu ist der Besitzer und sichtlich zufrieden mit seinem kleinen Unternehmen, das er seit Juli führt.

    "Ich habe kühle Getränke hierher gebracht. Vorher hatten wir nichts dergleichen. Wir mussten nach Negele oder Bulbula fahren – 13 oder 14 Kilometer entfernt von hier."

    In dieser Gegend wohnen viele Menschen in runden, strohbedeckten Lehmhütten oder in einfachen Häusern mit Wellblechdach. Stromleitungen gibt es nicht – Steckdosen, Kühlschränke oder Fernseher also auch nicht.

    "Es läuft gut. Die Menschen kaufen hier jetzt Solarlampen, Salz, Wasser, Bier und andere Dinge."

    Der Kiosk ist nicht nur ein Mini-Marktplatz für Lebensmittel und kühle Getränke, sondern es gibt hier auch Strom zu kaufen. Solarstrom. Menschen aus der Gegend lassen in den Steckdosen zum Beispiel ihre Mobiltelefone aufladen. Außerdem gibt es Solarlampen. Die Lampen kann man kaufen oder für wenig Geld mieten. Wenn sie leer sind, können sie am Kiosk wieder aufgeladen werden. Sie sind eine günstige und vor allem saubere Alternative zu den Kerosinlampen, mit denen die Hütten normalerweise beleuchtet werden. Aber Kerosin ist gesundheitsschädlich wegen der Dämpfe und die Gefahr für einen Brandunfall ist hoch.

    "Das hier verändert die Gegend sehr. Menschen kaufen oder mieten jetzt die Solarlampen. Ich denke das ändert wirklich ihr Leben."

    Der Kiosk ist in Leichtbauweise gefertigt, besteht aus einer Aluminum-Rahmenkonstruktion und auf das Dach sind Fotovoltaik-Module montiert. Die Batterie zur Stromspeicherung ist im Boden des Kiosks untergebracht, damit sie vor starken Temperaturschwankungen geschützt ist. Es gibt den Kiosk in verschiedenen Größen. Die kleinste Einheit lässt sich mit eine Größe von etwa 2,50 mal 3,70 sogar noch mit einem Esel transportieren.

    Es ist der weltweit erste Solarkiosk, der von dem gleichnamigen Berliner Unternehmen entwickelt und aufgestellt wurde. Die Idee dahinter: Saubere Energie nach Afrika bringen, sprich: Solarenergie und gleichzeitig auch ein Geschäft damit machen. Warum die deutsche Firma Äthiopien ausgesucht hat, um den ersten Solarkiosk zu testen, weiß Merron Pillart. Sie vertritt die Firma in Addis Abeba.

    "Schauen Sie sich die Bevölkerung an! Wir haben 80 Millionen Menschen, fast 90 Millionen und es gibt viele Gegenden, die nicht ans Stromnetz angeschlossen sind. Es ist hier also ein guter Markt, um zu testen."

    Merron Pillart sitzt am Pool eines Hotels in Addis Abeba, aber sie besucht Bedasso Kabato Dalu und seinen Solarkiosk regelmäßig, um zu schauen wie es läuft. Schließlich ist dieser Kiosk ein Test für ein viel größer angelegtes Unternehmen. In den nächsten zwei Jahren sollen etwa 500 bis 1000 Kioskbuden in Afrika aufgestellt werden. Kleinunternehmer, wie Bedasso, können einen Kiosk kaufen oder in Miniraten abbezahlen können. Bleibt nur die Frage, wer die Technik reparieren kann, wenn etwas kaputt ist oder wer die Kioske warten kann?

    "Wir geben zu Begin nein Training. (Dazu gehören Finanzen, also wie man ein Geschäft betreibt und wir bieten ein Programm für die Instandhaltung an. Danach können sie einfache Dinge am Kiosk selber reparieren. Gibt es Komplikationen, dann schicken wir einen Techniker, der weiterhilft."

    Merron Pillart glaubt, das besonders die Kühlmöglichkeiten ein gutes Angebot sind. Denn gerade in heißen Gegenden, wie hier in der Nähe des Lake Langano, ist es oft problematisch, Medikamente oder Fleisch zu lagern.

    "Man kann hier auch Medikamente lagern, weil es eine Kühleinheit gibt. Man kann es als Laden nutzen oder eine NGO könnte es auch als Klinik nutzen, sie könnte dort ihre Medikamente aufbewahren und deswegen überhaupt erst in der Lage sein zu funktionieren."

    Ideen gibt es viele. Gerade hat ein zweiter Solarkiosk in Äthiopien eröffnet. Er ist größer, mit Computern ausgestattet und kann auch als Internet-Café genutzt werden.