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Künstliche Photosynthese

Technik. - Wasserstoff ist ein sauberer Energieträger. Die Natur gewinnt ihn mit Hilfe von Sonnenlicht und Katalysatorproteinen aus Wasser. Das ist Teil der Photosynthese, mit der Pflanzen Energie gewinnen. In Freiburg wird versucht, diesen Prozess technisch nachzuahmen.

Von Ralf Krauter | 05.02.2010
    "Man muss sich das so vorstellen, dass die Photosynthese tagtäglich um uns herum stattfindet. Bäume machen das ja. Und es gibt weltweit Aktivitäten, diese Biochemie sozusagen abzubilden und zu realisieren."

    Was die Natur kann, findet der Freiburger Professor Christoph Nebel, müsste sich doch auch technisch imitieren lassen. Seit gut zwei Jahren tüftelt der Physiker vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik deshalb an der künstlichen Photosynthese für die umweltfreundliche Energieversorgung von morgen. Und er ist nicht der einzige. Auch in den USA beispielsweise wird kräftig in diese Richtung geforscht. Nebel:

    "Aufgrund der besseren Verständnisse, was Proteine angeht, ist jetzt der Zeitpunkt, um hier stärker einzusteigen – um so zu versuchen, diese Photosynthese eben in eine Art Maschine umzusetzen. Ähnlich wie vor grob gesagt 60 Jahren die Photovoltaik startete mit dem Photoeffekt."

    Doch während Solarzellen auf Halbleiterfilmen basieren, in denen Sonnenlicht Strom erzeugt, ist die künstliche Photosynthese viel komplexer. Bei ihr verwandeln lichtempfindliche Eiweißmoleküle Sonnenstrahlen in elektrische Ladungen. Mit deren Hilfe lässt sich dann zum Beispiel Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegen. Das Ergebnis, hoffen die Experten, wäre ein effizienter Weg zur direkten Gewinnung des sauberen Energieträgers Wasserstoff aus Wasser und Sonnenlicht. Nebel:

    "Man ordnet also Proteine auf Grenzflächen und beleuchtet diese. Und wenn das Ganze dann in einer Wasserumgebung stattfindet, entwickelt sich dort Wasserstoff."

    Als biologische Lichtfänger benutzen die Freiburger Forscher eine spezielle Variante des Proteins Cytochrom-C, das sich in den Zellkraftwerken aller Lebewesen findet. Weil diese Lichtwandler ihre Aufgabe aber nur dann erfüllen, wenn sie sich wohl fühlen, musste Christoph Nebel ihnen ein passendes Zuhause basteln: Eine Art miniaturisiertes Fakir-Brett mit Myriaden von Nadeln aus Diamant, angeordnet im Abstand einiger Nanometer, zwischen denen die Proteine in Reih und Glied festsitzen wie die Hühner in einer Legebatterie. Salzhaltiges Wasser benetzt die filigranen Proteine, damit sie nicht degenerieren. Fällt Licht auf sie, übertragen sie eines ihrer Elektronen an die nadelförmige Diamantstruktur, an die sie chemisch gebunden sind. Diamant besteht nur aus Kohlenstoff. Das macht ihn zum idealen Trägermaterial.

    "Es findet im Prinzip keine Degradation statt. Kohlenstoff oxidiert in Flüssigkeit nicht. Wenn Sie diese Grenzfläche aus Metallen machen oder aus Silizium, was ja ein Halbleitermaterial par excellence ist, haben sie Probleme, wenn sie in Flüssigkeiten gehen. Silizium oxidiert, bildet Sand, und daraus lässt sich keine gute und lang benutzbare Grenzfläche realisieren. Deshalb: Alles was Kohlenstoff ist. Es muss nicht unbedingt Diamant sein. Aber Diamant kann man mittlerweile natürlich auch billig herstellen, großflächig und so weiter."

    Handtellergroße Stücke ihrer Nanostrukturen aus Diamant und Proteinen haben die Freiburger Forscher bereits gefertigt. Berechnungen zufolge könnte die Effizienz der Energieernte in den neuartigen Flüssigkeits-Solarzellen mit integrierter Wasserstoffproduktion einmal 20 bis 30 Prozent betragen. Theoretisch zumindest.

    "Unsere Grenzflächen liegen im Bereich unter einem Prozent. Das ist aber vergleichbar mit der Effizienz der Bäume. Wenn sie sich die Photosynthese anschauen, die im natürlichen Bereich stattfindet, liegt diese eben zwischen 0,5 und und 1,5 Prozent."

    In punkto Effizienz können die bioaktiven Nanostrukturen also schon heute mit der Natur mithalten. Bei anderen zentralen Aspekten wie der Langzeitstabilität besteht aber noch reichlich Forschungsbedarf. Denn noch führt intensive Sonneneinstrahlung dazu, dass die lichtaktiven Proteine zerstört werden. Für praktische Anwendungen ist das inakzeptabel. Bei den Solarzellen hat es gut 50 Jahre gedauert, bis sie massenhaft ihren Weg auf Hausdächer fanden. Die intensiven Anstrengungen in Freiburg und anderswo auf dem Globus machen Hoffnung, dass der Durchbruch bei der Energieernte mittels künstlicher Photosynthese schneller gelingen könnte.