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Kugeliger Klangcomputer

Technik. - Wer Musik machen möchte, muss dazu ein Instrument lernen - zumindest bisher. Für alle unter uns, denen das zu mühselig ist, hat ein junger Tüftler aus Nordirland eine hochinteressante Erfindung gemacht: ein Instrument, bei dem man einfach nur Kugeln auf eine Spielfläche legen muss.

Von Frank Grotelüschen | 27.01.2009
    Ein elektronischer Beat. Klingt nicht wirklich spektakulär, eher durchschnittlich. Doch gar nicht durchschnittlich ist die Art und Weise, wie dieser Beat entstanden ist: Weder wurde er am Computer programmiert noch per Keyboard eingespielt. Nein – er wurde komponiert mit Hilfe eines ungewöhnlichen Instruments, erfunden von Peter Bennett, 26 Jahre alt, Doktorand und Mediendesigner an der Queens University im nordirischen Belfast.

    "Es handelt sich um eine Art Rhythmusmaschine. Sie besteht aus 32 Mulden, jede so groß wie ein 2-Euro-Stück. Jeweils acht Mulden sind zu einer Reihe angeordnet. Insgesamt besitzt das Gerät vier Reihen übereinander und ähnelt ein bisschen einem Spielbrett. Direkt unter diesen vier Reihen steckt ein Flachbildschirm. Aktiviert man die Maschine, läuft auf dem Bildschirm ein roter Lichtstreifen von links nach rechts – und zwar immer wieder von neuem."

    Noch aber ist das Gerät stumm. Das ändert sich erst, wenn man sich eine jener murmelgroßen Stahlkugeln schnappt, die unter dem Gerät liegen. Diese Kugeln nämlich passen haargenau in die Mulden hinein. Und legt man so eine Kugel, sagen wir, in die erste Mulde der untersten Reihe, dann ertönt der satte Kick einer elektronischen Bass Drum – und zwar immer dann, wenn der rote Streifen an der Kugel vorbeikommt. Jetzt nimmt man eine zweite Kugel in die Hand. Was passiert, wenn man sie woanders hinlegt – vielleicht in die dritte Mulde der zweite Reihe? Aha, eine zweite Trommel kommt dazu, eine Snare. Jetzt noch die beiden anderen Reihen ausprobiert und der Beat ist fast komplett.

    "Dahinter steckt eine wirklich simple Technologie: Sobald man eine Kugel in eine der Mulden legt, wird ein elektrischer Kontakt geschlossen. Damit weiß das Gerät dann, dass es die Note spielen soll, die dieser Mulde zugeordnet ist."

    BeatBearing nennt Bennett seine Erfindung, bei der das Musizieren so aussieht, als würde man Dame oder Mühle spielen. Es eignet sich besonders dazu, elektronische Beats zu programmieren, und zwar kinderleicht und ganz intuitiv. Eine eigene Klangerzeugung hat BeatBearing zwar nicht. Aber es kann jeden Schlagzeug-Computer ansteuern, und genauso gut auch einen Synthesizer oder einen PC mit eingebautem Klangmodul. Was aber hatte Bennett auf den Dreh mit den Kugeln gebracht?

    "Vor einiger Zeit hatte einer meiner Kollegen im Labor einen Haufen Stahlkugeln liegen lassen; er hatte sie für irgendein Experiment gebraucht. Und da fragte ich mich, ob man aus diese Kugeln nicht ein neues Instrument machen könnte. Denn in meiner Doktorarbeit versuche ich, neuartige Musikinstrumente zu entwickeln."

    Im Internet hat BeatBearing schon für einige Aufmerksamkeit gesorgt. Ein Video, das die Fähigkeiten der musikalischen Kugeln zeigt und das eigentlich nur für Bennetts Freunde und Familien gedacht war, ist bislang mehr als eine Million Mal abgerufen worden. Und: Es häufen sich die Anfragen, ob und wo man BeatBearing denn kaufen könne. Aber:

    "Für meine Doktorarbeit ist es für mich wertvoller, zu sehen, was andere Leute aus der Idee machen. Deshalb habe ich gerade einen Artikel für eine Fachzeitschrift geschrieben, der eine genaue Bauanleitung enthält. Später könnte ich mir vorstellen, das Ganze als Bausatz herauszugeben. Aber im Moment hat erst mal meine Doktorarbeit Vorrang."

    Immerhin: Seit einigen Monaten auf dem Markt ist ein Gerät, das der innovativen Kugelbox gar nicht unähnlich ist: Tenori-On ist eine Art Lichttafel, auf der man auf kleine, schachbrettartig angeordnete Lämpchen drücken muss, um Töne zu erzeugen. Ist zwar nicht ganz so kinderleicht zu bedienen wie Bennetts Kugelcomputer, bietet aber klanglich einige Möglichkeiten mehr.