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Kulturszene Sachsen-Anhalt
Eine Akademie als Protest

Keine Messe, kaum Galerien, kaum Förderung: In Sachsen-Anhalt kritisiert eine Gruppe von Künstlern die Situation für den eigenen Berufsstand und will deshalb eine eigen Akademie gründen. Vor allem die Kunststiftung des Landes sei ein Problem, sagen sie.

Von Christoph Richter | 27.05.2015
    Eine Studentin der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle macht Farbstudien. Im Jahr 2015 feiert die renommierte Kunsthochschule ihr 100-jähriges Bestehen.
    Einige Künstler nehmen das Heft des Handelns in die eigenen Hände. (picture alliance / dpa / Hendrik Schmidt)
    Die Kunst hat in Sachsen-Anhalt einen schweren Stand. Es gibt kaum Galerien, Kunstmessen schon gar nicht. Wer Fördergelder haben will, sieht sich schnell mit Vetternwirtschaft konfrontiert. Alles Dinge weshalb die Künstler nun eine eigene - ein unabhängige - Institution schaffen wollen: die Akademie der Künste Sachsen-Anhalts. Einer der die Sache mit vorantreibt ist der 52-jährige Hallenser Künstler Thomas Blase, ein Vertreter von Positionen abstrakter Malerei.
    "Das Land repräsentiert gerne seine Geschichte und wir wollen den Fokus auf die Gegenwart richten. Gibt wirklich ein großes Potenzial an Gegenwartskunst in Sachsen-Anhalt. Es ist unser Interesse, das in die Öffentlichkeit zu bringen."
    Unterstützt wird der Akademie-Gedanke von etwa zwei Dutzend Künstlern, wie Wieland Krause, Connie Wolter oder Johannes Stahl.
    Die Idee ist eine Antwort und Reaktion, auf die "Unzulänglichkeiten der uns umgebenden Institutionen und deren Begrenztheit im Umgang mit zeitgenössischer Kunst", heißt es in einem internen - uns vorliegenden - Positionspapier.
    "Es fehlt an Kunstvermittlung, es fehlt an Kunstbewertung, es fehlt das der Finger auf bestimmte Positionen der Kunst gelegt wird, das Dinge herausgehoben werden. Ich weiß nicht, wann das letzte Mal ein Kunstpreis in Sachsen-Anhalt vergeben wurde. Landesankäufe gab es früher. Ist völlig eingeschlafen. Was aus der Landessammlung geworden ist, entzieht sich auch jeder Öffentlichkeit."
    Akademiegründung als Reaktion
    Mit der Akademiegründung will man explizit auch auf den - wie es Künstler Thomas Blase nennt - Problemfall Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt hinweisen. Sie schade der Freien Kunst in Sachsen-Anhalt, weil durch deren Direktorin Manon Bursian in Förderanträge reinregiert, eingegriffen werde, sagt er. Wer Förder-Geld wolle, müsse bei ihr zu sogenannten Beratungsgesprächen erscheinen, erzählt Blase. Dort versuche die Direktorin, auf künstlerische Positionen Einfluss zu nehmen. Er nennt das Vorgehen der Direktorin anmaßend, bezeichnet die Arbeit der Kunststiftung als Landesmarketing. Von Kunstförderung könne keine Rede sein, sagt er noch.
    Bei der Kunststiftung kann man mit den Vorwürfen wenig anfangen. Und schreibt in einer Mail, dass "Komplikationen zur Ausfüllung von Anträgen nicht bekannt" sind. Die Beratungsangebote - die von Künstlern als Gängelung verstanden werden - seien lediglich als Hilfestellungen zu verstehen.
    Stirnrunzeln bei Stefan Gebhardt. Er ist der kulturpolitische Sprecher der Linken im Magdeburger Landtag und kennt die Klagen.
    "Also, ich kenne Künstler, die haben dort Konzepte vorgelegt, dann sagt die Direktorin sinngemäß, machen sie das doch nicht rot, sondern blau, das gefällt mir besser. Ich sag an der Stelle, subjektiver Geschmack einer Stiftungsdirektorin kann niemals ein Kriterium sein, ob etwas gefördert oder nicht gefördert wird."
    Ähnlich sind die Erfahrungen des international agierenden Hallenser Medienkunstfestivals Werkleitz, dass weltweit Künstler anzieht. Im Zeitraum zwischen 2008 und 2014 hat man Förderungen von 155.000 Euro beantragt, bewilligt wurden aber lediglich Gelder von 35.000 Euro. Für ein Festival, das unter Experten mit der Transmediale in Berlin verglichen, bei Vielen auch als die Documenta des Ostens genannt wird, schlicht zu wenig, sagt Organisator Peter Zorn von Werkleitz.
    "Das andere Problem: Das ich nicht so richtig die Transparenz sehe bei einer Einrichtung, wie der Kunststiftung. Ich weiß weder welche Fördersummen ausgereicht werden, noch wie die Gesamthöhe der Förderung da steht. Und da muss sich das Land anschauen, wie sind die Strukturen in anderen Bundesländern, also man muss mal Vergleiche ziehen und schauen, wo haben wir Nachholbedarf."
    Mit der Akademie soll Künstlern des Landes eine Stimme gegeben werden
    Die künftige Akademie der Künste Sachsen-Anhalts will aber nicht lamentieren, sondern das Heft des Handelns in eigene Hände nehmen. Man will mit Fach-Expertise Strukturen schaffen, um den Künstlern eine Stimme im Land zu geben, damit sie auch im Land bleiben. In ferner Zukunft will man Atelierstipendien anbieten, betont Thomas Blase.
    "Wunschtraum wäre natürlich, wenn man Räume hätte, die man Künstlern kostenfrei zur Verfügung stellen kann. Für einen Zeitraum, der auch wirklich Sinn macht, also zwei Jahre wäre ein guter Zeitraum. Die Atelierstipendien sollten wie eine Auszeichnung funktionieren. Das Ganze bräuchte eine Öffentlichkeit, es müsste eine Ausstellung geben, wo die Stipendiaten ein Forum bekommen."
    Doch bis es soweit ist, wird es noch ein Weilchen dauern, denn noch hat die Akademie der Künste Sachsen-Anhalts nicht mal eine Satzung.
    In ferner Zukunft soll ein eigenes Archiv geschaffen werden, man will sich um Nachlässe von sachsen-anhaltischen Künstlern kümmern. Damit das Land Sachsen-Anhalt irgendwann mal auch - zumindest bundesweit - auf der Kunst-Landkarte erscheint. Denn bis heute gibt es keine einzige renommierte Galerie im Land, von einer Kunsthalle ganz zu schweigen.