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Kultusministerkonferenz
Medizinstudium: Ende der Wartezeitquoten

Die Wartezeitquote beim Medizinstudium soll wegfallen – darauf einigten sich die Bildungsminister der Länder in Erfurt. Fortschritte gab es außerdem beim Digitalpakt: Bund und Länder wollen die Digitalisierung der Schulen in den nächsten Jahren mit fünf Milliarden Euro fördern.

Von Henry Bernhard | 16.06.2018
    Ein Schild weist den Weg zu einem Immatrikulationsbüro bzw. zur Zulassungsstelle einer Universität. Das Bundesverfassungsgericht verhandelt heute über das Zulassungsverfahren für das Medizinstudium. Es geht um die Frage, ob die Art der Studienplatzvergabe mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
    Wartezeiten sollen künftig nicht mehr bei der Zulassung zum Medizinstudium geltend gemacht werden können. (dpa / picture alliance / Jens Kalaene)
    Es hätte viel schlimmer kommen können, nach all den Durchstechereien und Anschuldigungen der letzten Wochen zwischen den Kultusministern der Länder und dem Bund. Ties Rabe, SPD-Bildungssenator in Hamburg, dankte der Bundesbildungsministerin Anja Karliczek:
    "… für ein in jeder Hinsicht sehr offenes, sehr freundliches und in jeder Hinsicht sehr konstruktives Gespräch. Und ich will das noch mal betonen, dass es allen Ministern so ging, dass die offene und beinahe herzliche Diskussionsatmosphäre das Miteinander prägt und ein guter Auftakt ist. Was man erwarten konnte, wurde aus meiner Sicht sogar übertroffen."
    Digitalpakt zügig umsetzen
    Er erlebe jetzt die dritte Bildungsministerin und wisse also, wovon er rede, so Ties Rabe. Man sei außerdem vorangekommen, sagten die Länderminister gestern unisono. Konkret hieß dies vor allem, dass man keine Rückschritte machte hinter das bereits einmal sicher Gewähnte. Beispiel Digitalpakt: Im Oktober 2016 hatte die damalige Bundesbildungsministerin Wanka den Ländern fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung der Schulen zugesagt. Geschehen ist seitdem nicht viel. Das Geld steht noch nicht einmal im Haushalt. Mancher bezweifelte gar, dass es noch in dieser Legislaturperiode fließen würde. Nun haben Bund und Länder zu einer grundsätzlichen Einigung gefunden, wie Helmut Holter, Vorsitzender der Bildungsministerkonferenz bestätigte:
    "In dieser Frage sind Bund und Länder zusammengerückt. Man kann auch sagen, wir haben einen Schulterschluss heute geschlossen. Wir wollen zügig den Digitalpakt umsetzen. Das bedeutet, dass wir sagen als Länder: Diese Grundgesetzänderung muss sehr schnell erfolgen, damit das Geld auch ab 1.1.2019 abgerufen werden kann."
    In einem halben Jahr soll nun alles geregelt sein: Das Grundgesetz geändert, die Beteiligung der Länder ausgehandelt – die Rede ist von 10 bis 15 Prozent – die Auszahlungsmodalitäten festgelegt. Das heißt: Die Große Koalition muss eine breite Mehrheit im Bundestag für die Grundgesetz-Änderung organisieren, die Länder müssen jeweils intern klären, wer den Eigenanteil übernehmen soll: Das Land oder die Kommunen. Dazu Bundesbildungsministerin Karliczek:
    "Liebe Kommunen, ihr dürft gerne schon den Glasfaser-Ausbau bis in die Schule hinein organisieren, denn das ist eigentlich nicht Teil des Digitalpaktes. Das ist, glaube ich, wichtig zu sagen, denn oft ist der Eindruck, dass aufgrund gewisser Unsicherheiten jetzt ein Rückstau entsteht. Und das darf auf keinen Fall passieren."
    Nationaler Bildungsrat
    Ein weiteres sehr strittiges Thema der Kultusministerkonferenz war der Nationale Bildungsrat. Nach Vorbild des Wissenschaftsrats soll der Empfehlungen für mehr Qualität und Vergleichbarkeit im Bildungswesen vorlegen, die für alle Länder verbindlich sind. Die Länder haben äußerst reserviert auf diesen Plan der Berliner Koalition reagiert, sehen sie doch ihre föderalen Kompetenzen bedroht.
    "Übereinstimmung besteht darin, dass der Nationale Bildungsrat zwei Kommissionen haben soll, eines Wissenschafts-Kommission und eine Politik-Verwaltungs-Kommission. Über die Größe dieses Bildungsrats, da haben wir unterschiedliche Positionen. Frau Karliczek schlägt 64 Mitglieder vor, wir schlagen 44 Mitglieder vor. Und was wir als Länder nicht wollen: Dass wir im Bildungsrat überstimmt werden können."
    Diese durchaus heiklen Detailfragen soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe in den nächsten Monaten bearbeiten.
    Weiterhin beschloss die Kultusministerkonferenz, dass fortan beim Zugang zum Medizinstudium keine Wartezeiten mehr angerechnet werden sollen, dass nur noch die Abiturnote und besondere Eignung als Zugangskriterien gelten werden. Eine gemeinsame Imagekampagne der Länder für den Lehrerberuf haben vor allem die CDU-geführten Länder abgelehnt: Man könne nicht junge Leute ins Lehramtsstudium treiben, ohne zu wissen, wie der Arbeitsmarkt für Lehrer in sechs, acht Jahren aussehe. Die Abituraufgaben wichtiger Kernfächer, die die Länder seit letztem Jahr aus einem gemeinsamen Pool nehmen und modifizieren können, sollen ab 2021 nicht mehr veränderbar sein. Diese Harmonisierung soll am Ende das Abitur der verschiedenen Länder vergleichbarer machen. Diesen Schritt hält die Kultusministerkonferenz ausdrücklich für "mutig".