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Grundsatz-Rede an der Sorbonne
Macron will ein souveränes Europa

Zu schwach, zu langsam und zu ineffizient: In seiner Rede an der Pariser Universität Sorbonne, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, er wolle neue Vorschläge bringen, wie Europa vorangebracht werden könne. Erneut forderte er einen EU-Finanzminister. Nur so könne Europa eine "starke weltweite Wirtschaftsmacht" sein.

Von Barbara Kostolnik | 26.09.2017
    Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei seiner Grundsatz-Rede an der Pariser Universität Sorbonne.
    Frankreichs Präsident Emmanuel Macron während seiner Grundsatz-Rede an der Pariser Universität Sorbonne. (MAXPPP/Eliot Blondet)
    "Tout le monde déteste le président."
    "Alle Welt hasst den Präsidenten", es war gewagt, aber irgendwie auch wieder typisch, dass sich Emanuel Macron für seine Europa-Politische Grundsatzrede ausgerechnet die Sorbonne ausgesucht hatte. Innen saßen zwar brav Studierende, die dem Präsidenten zuhörten, draußen aber gab es heftige Proteste ihrer Kommilitonen.
    Macron fasst gerne heiße Eisen an, wenn sie noch glühen, umso besser. In der Sorbonne legte er nichts weniger als eine komplette europäische Regierungserklärung ab. Kaum ein Thema, das er nicht anging. Denn seine Diagnose für den aktuellen Zustand Europas lautet: schlecht.
    "Das Europa das wir kennen ist zu schwach, zu langsam, zu ineffizient, aber nur Europa gibt uns in dieser Welt Handlungsspielraum anlässlich der großen Herausforderungen."
    Das starke Europa Macrons ist vor allem ein gemeinsames Europa
    Also braucht es ein anderes Europa. Das starke Europa Macrons ist vor allem ein gemeinsames, souveränes Europa, wo nicht immer alle an einem Strang ziehen, aber einige vorangehen, vorangehen müssen. Frankreich eben. Mit Macron.
    "Ich übernehme die Verantwortung, neue Vorschläge zu machen, weiter zu gehen, Europa voranzubringen; ich will nicht alles neu erfinden, es ist schon viel gesagt worden."
    Zum Beispiel von Macron selbst: der beharrlich daran festhält: wir brauchen ein gemeinsames Budget für die Euro-Zone.
    "Ein Budget geht natürlich einher mit starker politischer Führung, daher braucht es einen Finanzminister und eine parlamentarische Kontrolle, nur die Euro-Zone mit einem starken Euro kann Europa den Rahmen geben, eine starke weltweite Wirtschaftsmacht zu sein."
    Die Flüchtlings-Krise als Herausforderung
    Macron denkt auch hier weiter: das künftige Europa soll sich auf Augenhöhe mit China oder den USA befinden. Ambitionierte Visionen – und Bekenntnisse des Präsidenten, beim Thema Flüchtlinge und EU:
    "Die Flüchtlings-Krise ist keine Krise, das ist eine Herausforderung, die noch lange bestehen wird – begründet in der Ungleichheit, die die Globalisierung geschaffen hat, und Europa ist keine Insel."
    Wer nicht asylberechtigt ist, den soll die EU künftig schneller zurückschicken können, dafür soll eine gemeinsame, vernetzte EU-Asylbehörde sorgen. Kommunikation, Information, Austausch. Auch bei der Digitalisierung, im Verteidigungs-Bereich, der Terrorismus-Bekämpfung - und der Ökologie.
    "Europa muss die ökologische Avantgarde werden, forderte der frz. Präsident, wir müssen das Verkehrswesen, den Wohnungsbau, unsere Industrie neu aufstellen; das wird nicht von heute auf morgen passieren, aber wenn wir uns weigern darüber zu reden oder etwas zu tun, passiert es nie"
    "Haben wir keine Angst"
    Die Pläne des französischen Präsidenten sind anspruchsvoll, aber er weiß, die Zeit drängt. Und er ist für alles offen. Deutschland soll dabei helfen, als starker, stützender Partner. Habt keine Angst, ruft er immer wieder. Und, mit weit offenen Augen
    "Ich habe keine roten Linien, ich habe nur Horizonte."
    Macron weiß auch, dass es nicht einfach wird, die Partner zu überzeugen, aber er hat einfach beschlossen, voranzugehen – ganz nach dem Motto:
    "N’ayons pas peur, avancons."
    "Haben wir keine Angst. Legen wir los!"