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Kunst als Wertanlage

Bei der gegenwärtigen Eurokrise stellen sich viele Menschen die Frage, ob sie ihr Geld abseits der klassischen Finanzwelt anlegen. Nicht immer nur in Gold und Beton, sondern zur Abwechslung mal in Acryl und Pastell: Investieren in die schönen Künste.

Von Stefan Koldehoff | 03.08.2012
    250 Millionen Dollar für ein Cézanne-Gemälde, 140 für Jackson Pollock, 130 für den "Schrei" von Edvard Munch: Trotz Wirtschafts- und Währungskrise werden auf dem internationalen Kunstmarkt nach wie vor regelmäßig neue Rekordpreise erzielt. Dabei muss, wer sein Geld in Kunst anlegen will, nicht einmal so hohe Summen investieren, sagt Gérard Goodrow, ehemaliger Direktor des Auktionshauses Christie's und derzeitiger Leiter Kunstmesse "Art Cologne":

    "Man kann in einen jungen Künstler investieren. Wenn die Bedingungen stimmen, dann kann dieser junge Künstler in zwei, drei Jahren auch eine Preiserhöhung von zwei-, dreihundert Prozent erleben. Das heißt: Es kann schon bei tausend Euro anfangen. Am meisten lohnt es sich wahrscheinlich eher im sechsstelligen Bereich, weil diese Werke eher abgesichert sind, auch eher gehyped sind. Da kann man das Geld gut parken. Es wird einen kleineren Gewinn geben, weil die Preise relativ hoch sind. Aber es ist eher sicher, dass man das Geld wiederbekommen kann - im Gegensatz zum jungen Künstler, wo es eher ein Risiko ist."

    Was spricht dafür, in Kunstwerke zu investieren?

    Kunst ist - neben Immobilien - eine der angenehmsten Anlageformen, denn sie füllt nicht nur das Portfolio. Anders als Aktien und Währungen muss man Bilder und Skulpturen nicht in den Tresor packen - man kann mit ihnen leben, steigert das eigene Wohlbefinden und verleiht sich - angenehmer Nebeneffekt - auch noch die Aura des Kenners. Für viele Anleger spielt allerdings noch ein anderer Aspekt eine Rolle, der am Kunstmarkt ein offenes Geheimnis ist: Viele Geschäfte werden mit Schwarzgeld abgewickelt. Gérard Goodrow:

    "Ja der Vorteil von Kunst ist, dass es transportabel ist und in den meisten Ländern mindestens nicht registriert. Man redet von möglichen Finanztransaktionssteuern, und Häuser sind registriert: Wenn etwas nicht registriert ist und klein genug ist, dass man es von einem Land zum anderen gerade in der Eurozone, wo es keine Grenzen mehr gibt, ist es dann um so attraktiver."

    Und was spricht dagegen?

    Kunst ist Kulturgut. Kunst erfordert Sachverstand. Und Kunst ist keine Anlageform für den kurzfristigen Gewinn.

    "Es spricht eigentlich, finanziell gesehen, nichts gegen In-Kunst-Investieren. Es ist eher eine ethische Frage. Aber Kunst ist leider Gottes auch eine Ware und wird als solche auch gehandelt. Man muss viel Ahnung haben, um es richtig zu machen. Das heißt: Wenn man in Kunst investieren möchte, sollte man auf jeden Fall einen Berater holen. Wie lange ein Kunstwerk liegen muss, bevor man es wieder verkaufen kann mit Gewinn, ist sehr unterschiedlich. Man müsste schon, denke ich mal, mit drei bis fünf Jahren rechnen. Wenn es junge Kunst ist, vielleicht fünf bis zehn Jahre. Aber auf jeden Fall ist es keine schnelle Investition."

    Wie hat sich der Wert in den letzten zwölf Monaten entwickelt?

    Der Kunstmarkt scheint stabil und unberührt von jeder Krise. Und das vor allem im Spitzensegment des Kunstmarktes, in dem die Werke mindestens eine Million Dollar kosten. Das Auktionshaus Christie's hat vor Kurzem sein Geschäftsergebnis für das erste Halbjahr 2012 vorgelegt: Der globale Umsatz betrug 3,5 Milliarden Dollar - 13 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Besonders in Deutschland scheint der Markt zu wachsen. Einmal im Jahr veröffentlicht das US-Kunstmagazin "ARTnews" eine Liste der 200 wichtigsten Kunstsammler weltweit. Die Deutschen rangieren darauf mit 21 Namen auf Platz 2 - eine Steigerung um 40 Prozent im Vergleich zu 2011. Das Interesse an Kunst als Wertanlage ist ungebrochen - das Preisbarometer zeigt weiter nach oben.