Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Kunsthochschule in Teheran
Zukunft mit Stafette und Klavier

Der elegante Norden der iranischen Hauptstadt Teheran erlebt derzeit einen Boom, den man auf Anhieb dort nicht erwarten würde: Neue private Galerien werden zu Dutzenden gegründet. Besuch bei jungen Künstlern an der "University of Arts".

Von Thomas Wagner | 09.12.2017
    Eine Delegation aus Baden-Württemberg besuchte die "University of Arts" in Teheran
    Eine Delegation aus Baden-Württemberg besuchte die "University of Arts" in Teheran (Thomas Wagner / Deutschlandradio)
    "Die Aufgabe besteht darin, mit Werkzeugen umgehen zu können"
    Ein Atelierraum in einem neoklassizistischen Gebäude im Norden Teherans: Dort ist die "University of Arts" untergebracht, die Hochschule für Kunst und Film in der iranischen Hauptstadt. Die Delegation des baden-württembergischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, die sich hier umschaut, stößt auf rund 20 junge Frauen und Männer in Arbeitskitteln mit Farbklecksen, die an Skulpturen arbeiten. Sheidan Musawi, Mitte 20, legt für einen Moment eine Art Meißel beiseite:
    "Wir arbeiten gerade an Skulpturen von Tieren, die wir mögen."
    Allen im Raum sieht man an, mit welch großem Engagement sie bei der Sache sind. Palso Mohem trägt gerade auf eine überlebensgroße Menschenfigur Farbe auf.
    "Das ist mein Leben – ich bin geboren worden, um Künstlerin zu werden."
    Studierende reflektieren das Thema Zensur
    "Dieses brennende Gefühl, dass es um etwas geht – das habe ich in Europa nicht", zeigt sich Petra Olschowski, Staatsekretärin aus dem baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, während ihres Rundgangs begeistert – und entdeckt dabei eine Arbeit, die sie so im Iran nicht erwartet hätte:
    "Es war eine spannende Situation in der Abschlussklasse der Malerei, wo sich ein junger Student mit der Pressezensur beschäftigt hat und Zeichnungen und Malereien über Zeitungsseiten angefertigt hat und damit das Thema Zensur reflektiert hat. Aber man da eben gemerkt: Es geht um etwas – und man spürt diese Energie, die das Land voran bringen will – für die Menschen und für das Leben."
    Eine Kunststudentin der Kunsthochschule in Teheran vor einer Skulptur.
    "Kunst ist mein Leben": Viele Studierende an der "University of Art" arbeiten mit großer Leidenschaft in den Ateliers der Hochschule. (Thomas Wagner / Deutschlandradio)
    Glühen für die Kunst – das markiert einen Trend im Iran: Ständig werden neue Galerien eröffnet; am Freitag, dem wöchentlichen Feiertag in der Islamischen Republik, trifft man sich gerne bei den zahlreichen Ausstellungseröffnungen.
    "Wie kommen die Studierenden an die Hochschule? Also die Aufnahmeprüfung besteht aus zwei Teilen."
    Drei Bewerber auf einen Studienplatz
    Das macht sich auch an der "University of Arts Teheran" bemerkbar: Häufig zwei bis drei Bewerber auf einen Studienplatz – die Nachfrage ist groß, die Jobaussichten nach dem Abschluss sind dagegen eher bescheiden, befürchtet Sheidan Mussavi:
    "Im Iran finden wir keine guten Jobs. In anderen Ländern finden wir bessere Jobs. Vor allem für Frauen gibt es nicht so viele Möglichkeiten."
    Viele gehen ins Ausland, nicht alle kommen zurück
    Pooyan Azadeh hat einen guten Job gefunden. Er nimmt an der "University of Art" gleich zwei Aufgaben wahr: Zum einen unterrichtet er Klavier und hat sich mittlerweile als Konzertpianist bis nach Deutschland einen Namen gemacht. Zum anderen leitet er das "International Office" der Hochschule – und hat auch in dieser Funktion eine Menge zu tun. Denn viele Studierende zieht es ins Ausland:
    "Deutschland - ein sehr beliebtes Land. England auch. Europa eigentlich. Europa ist beliebt wegen Kunst und Musik."
    Das Problem dabei: Nicht alle derjenigen, die ins Ausland gehen, kehren wieder in den Iran zurück.
    "Leider, muss man eigentlich sagen, denn für das Land ist das nicht gut. Diese Tendenz gibt es: eine Art von Immigration machen."