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Kunsthochschulen
Lernen, wie man Comics macht

Comics werden immer mehr als eigenständige Kunstform wahrgenommen. Viele Zeichner und Autoren haben sich ihr Können selbst angeeignet. Man kann sich das nötige Wissen aber auch an Kunsthochschulen aneignen. Dafür ist allerdings oft viel Eigeninitiative der Studierenden nötig.

Von Jennifer Rieger | 04.06.2018
    Illustratorin bei der Kreation eines Comics in digitalem Format.
    Comics machen kann man lernen - auch an den Hochschulen (imago)
    "Als ich an die Kunsthochschule kam, da haben wir halt eine riesengroße Comicbibliothek und da habe ich dann ab dem ersten Semester jede Woche das Maximum an Büchern ausgeliehen und hab dann eben diese Comics verschlungen."
    Exzessives Comiclesen ist wohl die Einstiegsdroge für viele Comiczeichner – und die, die es werden wollen. Wie für Hanna Gressnich, sie hat ihr Studium an der Hochschule der Bildenden Künste Saar gerade abgeschlossen. Comiczeichnen als eigenen Studiengang gibt es dort nicht, trotzdem ist das Thema relativ stark vertreten.
    "Es gibt z.b. Comic 101, das ist ein Grundlagenkurs würde ich sagen, da lernt man quasi sich lockermachen, dass man die Geschichte fließen lässt, dass man versucht auch mit Bildern zu kommunizieren."
    Comics als eigene Kunstform
    Anders als in Belgien oder Frankreich, wo Comics längst ihren festen Platz in der Kulturlandschaft gefunden haben, wird das Medium in Deutschland noch unterschätzt.
    "Das ist eine eigene Kunstform. Man kann das nicht der Literatur zurechnen, man kann es nicht der Malerei zurechnen, es hat auch was vom Film, es ist halt was Eigenes."
    Findet Jeff Chi, Designstudent an der Technischen Hochschule Nürnberg.
    "Du kannst Sachen gleichzeitig erzählen, du kannst so viel mit Tempo und Rhythmus arbeiten, du kannst innerhalb von zwei Einzelbildern erzählen, wie tausend Jahre vergehen, du kannst aber auch eine Minute auf 30 Seiten aufspalten. Du hast so viele Möglichkeiten im Comic mit Stilmitteln zu arbeiten. Und darum ist das wirklich ein wunderbares Medium und ein ganz unterschätztes Medium."
    Und ein vielseitiges Medium: Um Comics zu machen, sollte man nicht nur zeichnen können, sondern auch Ahnung vom Geschichtenerzählen haben, von Typografie, Layout, Druck und Vertrieb. Wer all das lernen will, muss sich sein Studium zusammenstückeln. Was Jeff Chi aber nicht unbedingt stört:
    "Ich finde es gut, wenn man ein kreativer Mensch ist, dass man dann auch gestalterisch arbeitet und vielleicht auch so ein bisschen seinen Horizont erweitert und auch nicht nur Comics macht, sondern auch guckt, was kann man noch so gestalterisch machen."
    Magazine selber verlegen
    Und wenn Comics an der Kunsthochschule zu kurz kommen, nehmen Studierende die Dinge selbst in die Hand. Jan Skrzypek studiert visuelle Kommunikation an der Hochschule Hannover. Er hat das Kollektiv "Der Stricher" gegründet.
    "Wo wir alle zwei Monate ein Magazin rausbringen, um halt auch einfach mit ins Gespräch zu kommen in der Szene."
    Mit selbst verlegten Magazinen bringen die Studierenden nicht nur ihre Arbeiten unter die Leute, sie vernetzen sich auch. Vom Comiczeichnen leben können die wenigsten in Deutschland. Die meisten Zeichner arbeiten nebenher als Grafikdesigner, Illustratoren oder im Trickfilm. Dass die Comicszene in Deutschland so klein ist, hat auch Vorteile, sagt Jeff Chi von der TH Nürnberg:
    "In Frankreich würde ein Mensch wie ich, der vielleicht nicht unbedingt der beste Zeichner ist, vielleicht überhaupt nicht als Comiczeichner in Erscheinung treten, weil es viel mehr Leute gibt, die das machen, weil man das studieren kann, weil das eine ganze Industrie ist."
    Umdenken an den Hochschulen
    In den letzten zehn Jahren hat sich einiges getan in der Comicausbildung an Hochschulen – oft forciert von einzelnen Dozenten oder Studierenden. So wie Jonathan Kunz, einst Student, heute Dozent an der Hochschule der Bildenden Künste Saar. Er sagt, Comiczeichnen an der Hochschule stehe noch auf fragilem Fundament.
    "Es hängt tatsächlich an einzelnen Personen und sobald die wegfallen, besteht auch die Gefahr, dass dann auch die Lehre kaputt gemacht wird."
    Doch die Anerkennung wächst. Der deutsche Comicpreis Max und Moritz hat eine eigene Kategorie für die beste studentische Publikation. Den Preis hat gerade Jonathan Kunz’ Klasse abgeräumt – für ihre Anthologie "Paradies".
    "In den letzten zehn Jahren hat sich das einfach wirklich gut entwickelt, dass es da immer mehr gibt. Und auch unter den Nominierten und Preisträgern hier beim Max und Moritz-Preis sind auch viele Kunstschüler dabei und Absolventen und Leute, die dann zu dieser Zeit angefangen haben zu studieren. Also ja, es trägt Früchte."