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Kurdenpolitik
"IS hat keine Chance, im Irak zu bleiben"

Der stellvertretende irakische Ministerpräsident Rowsch Shaways hat die Entscheidung der Bundesregierung für Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak begrüßt. Sorgen, die Waffen könnten in die Hände von PKK-Kämpfern fallen, wies er zurück. Es gebe keine direkte Zusammenarbeit mit der PKK, sagte Shaways im DLF.

Rowsch Shaways im Gespräch mit Sandra Schulz | 21.08.2014
    Rowsch Shaways, stellvertretender irakischer Ministerpräsident
    Rowsch Shaways, stellvertretender irakischer Ministerpräsident (AFP / ERIC PIERMONT)
    Die Waffen müssten nun rasch geliefert werden, forderte der kurdische Politiker im Interview mit dem Deutschlandfunk. Nur so könne der Kampf gegen die Terrorgruppe "Islamischer Staat" erfolgreich geführt werden. Auch die US-Luftschläge müssten weitergehen.

    Das Interview mit Rowsch Shaways in voller Länge:

    Sandra Schulz: Die Situation im Irak beschäftigt uns im Moment wieder täglich. Auch heute Morgen wird wieder gemeldet, dass die Kämpfe weitergehen und die US-Luftangriffe. Und natürlich sind wir ständig auf der Suche nach neuen Gesprächspartnern, mit denen wir den Konflikt dort beleuchten können. Darum fanden wir es spannend, als unser Korrespondent in Kairo uns angeboten hat, einen Kontakt herzustellen mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten des Irak, mit Rosch Schauways, er ist Vertreter der Kurden und er spricht deutsch, weil er in den 70er-Jahren in Deutschland seinen Doktor in Ingenieurwissenschaften gemacht hat. Wir haben ihn gestern erreicht zwischen Erbil und Mossul. Ob er in Sicherheit sei, das habe ich ihn gefragt, und da hat er gesagt, er sei an der Front und die Situation so beschrieben:
    Rowsch Shaways: Wir konnten die Terroristen irgendwo da, wo ich stehe, stoppen, und nachdem wir die Front hier stabilisiert haben, haben wir wieder angefangen, die Initiative zu übernehmen.
    Schulz: Glauben Sie, dass Sie es schaffen werden, die Terrorgruppe Islamischer Staat zurückzuschlagen?
    Shaways: Also eigentlich, ich glaube dran und sehr fest. Ich glaube auch dran, dass sie, die Terroristen, überhaupt keine Chance haben, nach Kundus einzudringen und die überhaupt keine Chance haben, im Irak insgesamt zu bleiben. Das hängt von uns ab, das hängt von dem politischen Prozess im Irak ab. Wie lange sie hier es aushalten können.
    Gute Unterstützung der USA
    Schulz: Sie werden unterstützt von den USA. Es gibt Waffenlieferungen aus Europa. Die Bundesregierung hier in Deutschland hat jetzt auch entschieden, dass sie Waffenlieferungen vorbereitet. Wie gut fühlen Sie sich unterstützt von den USA und Europa?
    Shaways: Von den USA wir sind gut unterstützt, vor allem durch diese Luftangriffe, die die gestartet haben, um uns zu unterstützen, und das hat ziemlich beigetragen, um die Lage zu egalisieren und stabilisieren. Wir hoffen, dass es weiter so geht mit der Zusammenarbeit. Und auch, wir haben sehr viele Versprechungen, wie kann man um Waffenlieferungen und Unterstützung, militärische Unterstützung für die Peschmerga hier bekommen. Wir nehmen diese Versprechungen als sehr seriöse Versprechungen und wir hoffen, dass sie sehr schnell verwirklicht werden, obwohl dass die irakische Regierung - die jetzige Regierung, sie versucht einigermaßen, diese Lieferungen zu stoppen.
    Schulz: Wieso versucht die Regierung, die Lieferungen zu stoppen?
    Shaways: Die verfolgen immer noch die alte Politik gegenüber Kurdistanregion und gegenüber der Peschmerga, die damit nicht zufrieden sind, dass die Peschmerga sich verstärkt und eine schlagkräftige Kraft werden kann.
    Keine direkte Zusammenarbeit mit PKK
    Schulz: Sie wissen, es gibt die Zusammenarbeit mit der PKK, die Arbeiterpartei Kurdistans. Die gilt in Europa als terroristische Vereinigung. Mit denen arbeiten die Peschmerga, mit denen arbeiten Sie ja auch zusammen. Können Sie ausschließen, dass die Waffen, die jetzt zu Ihnen kommen, auch in die Hände von PKK-Kämpfern kommen?
    Shaways: Eigentlich es gibt keine direkte Zusammenarbeit mit PKK, es gibt Gebiete, wo PKK entweder Flüchtlinge haben oder Stützpunkte haben, die versuchen, sich selber einzumischen, also in diese Kämpfe einzumischen. Und so bedeutsam sind ihre Beteiligungen ja auch nicht. Zweitens: Die Regierung Kurdistan ist eine Regierung, die durch das Grundgesetz vom Irak anerkannt ist. Die hat ihre Beziehung zur Außenwelt und ihre Stellung, die sie gegenüber Terroristenorganisation haben, ist wohlbekannt.
    Schulz: Das heißt aber auch, Sie deuten das jetzt so an: Barzani, der Präsident der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak, er hat gesagt, sie, die Kurden, sie kämpften im Moment stellvertretend für die freie Welt. Heißt das, dass sie als Belohnung dann einen Kurdenstaat fordern werden und wollen?
    Shaways: Davon ist nicht die Rede. Die Rede ist, dass die Terroristen haben eher eine große Aktion angefangen, da gibt es hier in der Region eine große Sammlung von Terroristen und terroristischen Organisationen, die nicht nur die Region Kurdistan gefährden, sondern Irak und die gesamte Region und auch die freie Welt. Und die Bekämpfung des Terrorismus ist eine Sache, die alle angeht. Und daher: Diese Solidarität ist wichtig, ist gefragt und ist gerecht.
    Schulz: Sie haben sich ja auch gerade optimistisch gezeigt, dass Sie den Islamischen Staat werden zurückschlagen können.
    Shaways: Ich muss optimistisch sein, oder? Ich bekämpfe diese Leute und dass heißt, dass ich die starke Hoffnung habe, dass ich in diesem Kampf siege.
    Kurdenstaat und Terrorismusbekämpfung sind zwei Sachen
    Schulz: Die Waffen, die jetzt zu ihnen kommen – werden die später eingesetzt werden, um einen Kurdenstaat durchzusetzen?
    Shaways: Später ist nicht die Frage, die Frage ist, was wir jetzt machen. Jetzt sind Terroristen da, diese Terroristen müssen bekämpft werden, und dazu brauchen wir Waffen. Man soll diese zwei Sachen nicht miteinander mischen.
    Schulz: Warum nicht?
    Shaways: Weil sie nicht zueinander passen eigentlich. Erst mal, die Kurden arbeiten innerhalb des Irak in einer [Anmerkung der Redaktion: Wort an dieser Stelle leider unverständlich] Regierung, die ihre eigenen Probleme hat, und diese Probleme werden nur durch demokratische Aktionen gelöst werden, wobei die Kurden damit sehr, sehr schlagkräftig mit beteiligt sind, und die kurdische Bevölkerung hat das Recht, genau wie alle anderen Völker der Welt, aber ob sie dieses Recht jetzt einsetzen oder später, das ist noch nicht entschieden und es ist nicht die Frage.
    Schulz: Der stellvertretende irakische Ministerpräsident Rowsch Shaways war das im Interview hier mit dem Deutschlandfunk.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.