Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Kurswechsel dem Klima zuliebe

Die Weltbank stand lange in dem Ruf, "kohlefreundlich" zu sein und die erneuerbaren Energien stark zu vernachlässigen. Nach der internationalen Konferenz über erneuerbare Energien 2004 in Bonn versprach sie Besserung. Derzeit wird die neue Energiestrategie in Washington diskutiert.

Von Philip Banse | 08.04.2011
    Wenn es darum geht, wie Schwellen- und Entwicklungsländer in Zukunft ihre Energie gewinnen, spielt die Weltbank eine zentrale Rolle, sagt Jan Urhahn von Oxfam. Derzeit entwickelt die Weltbank eine neue Energiestrategie, die für die kommenden zehn Jahre festlegt, welche Projekte sie wie mit Darlehen, Krediten, Studien und Beratern unterstützt. Ein erster Entwurf ist noch nicht öffentlich, was man weiß, fasst Oxfam-Experte Urhahn so zusammen:

    "Die Grundziele, die dieser Entwurf der Energiestrategie entwirft, sind zunächst mal positiv. Da geht es zum einen darum, in Armut lebenden Menschen verlässliche Versorgung zu Energie bereitzustellen und zugleich einen Pfad einzuschlagen, der ein CO2-arme Energieversorgung sicher stellen soll. Wie das immer so ist, liegen die Probleme im Detail."

    Vor allem bei der Förderung von Kohlekraftwerken will die Weltbank einen radikalen Kurswechsel vollziehen: 2010 stellte die Bank noch 4,4 Milliarden Dollar für diese klimaschädliche Energieerzeugung bereit. Kohlekraftwerke sollen nach dem Entwurf nur noch in den ärmsten Ländern gefördert werden und das auch nur dann, wenn es keine klimafreundlichen Alternativen gibt. Die Weltbank wolle sich aber zwei Hintertürchen offen lassen, um Kohlekraftwerke zukünftig doch massiver fördern zu können, als es zunächst den Anschein hat, kritisiert Jan Urhahn von Oxfam. Erstes Hintertürchen: Die sogenannte CCS-Technik soll gefördert werden, eine Technik, mit der CO2 aus Abgasen herausgeholt und in der Erde gespeichert werden soll. Diese CCS-Technik ist umstritten und noch nicht marktreif - wird aber auch von der Klimaschutzorganisation WWF gut geheißen. Oxfam fürchtet dagegen, dass mit der Förderung von CCS auch neue Kohlekraftwerke begründet werden könnten.

    "Das zweite Hintertürchen ist, wenn es darum geht, bestehende Kohlekraftwerke zu modernisieren. Da müssen bestimmte Kriterien nicht mehr erfüllt werden. Beispielsweise müssen diese Kohlekraftwerke, wenn sie modernisiert werden, nicht dem neusten Stand der Technik entsprechen. Gleichzeitig findet vor dieser Modernisierung dieser Kohlekraftwerke keine Prüfung statt, ob es auch Alternativen mit erneuerbaren Energien gibt."

    Auch die Förderung von Energie aus Öl werde nicht gestoppt, klagt Knud Vöcking von der Umweltschutzorganisation Urgewald. Dabei hätten alle Ölprojekte der Vergangenheit eher mehr Probleme gemacht als gelöst:

    "Es gibt dieses Weltbank-Leuchtturmprojekt Tschad-Kamerun-Pipeline, was ganz übel in die Hose gegangen ist, wo selbst die interne Evaluation der Weltbank und eigentlich alle Experten sagen: Statt Armut dort zu lindern, gibt es jetzt dort Aids, die Finanzierung von Waffenkäufen statt Entwicklung. Da lehnt sich die Weltbank nicht zurück und sagt: Wir müssen das anders machen und aussteigen, sondern sie macht einfach weiter."

    Öl- und Kohleförderung stehen also besonders in der Kritik. Den Bau neuer Atomkraftwerke dagegen will die Weltbank nicht fördern, lobt Knud Vöcking von Urgewald. Er kritisiert jedoch, dass die Weltbank weiterhin beraten wolle, wie sie in die Atomenergie einsteigen können. Zu schwach sei auch die Förderung erneuerbarer Energien. Die Weltbank rühmt sich, dass sie zuletzt 20 Prozent mehr für Strom aus Sonne und Wasser bereitgestellt habe. Die Gesamtsumme sei aber immer noch zu niedrig kritisiert Knud Vöcking von Urgewald und fasst seine Forderungen so zusammen:

    "Die Bundesregierung sollte ganz klar sagen: keine Kernkraft, auch keine Beratung. Sie sollte sagen: Es wird Zeit, dass die Weltbank aussteigt aus fossilen Energien und das auch mit einem festen Datum. Und sie sollte sich konzentrieren auf erneuerbare Energien."

    Wird die Bundesregierung in der Weltbank darauf hinwirken, dass die Förderung von Kohle und Öl eingestellt wird? Einen kompletten Verzicht auf Förderung fossiler Energiequellen strebt das Entwicklungsministerium offenbar nicht an. Das Ministerium habe in den Diskussionen immer gefordert, dass erneuerbare Energien 80 Prozent des gesamten Weltbank-Portfolios umfassen sollten, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Ziel sei es, ein "insgesamt saubereres Portfolio" der Weltbank im Energiesektor zu erreichen. So habe die Weltbank im aktuellen Strategieentwurf wie von der Bundesregierung gefordert, festgeschrieben, dass das Weltbank-Portfolio bis 2015 zu 75 Prozent aus "sauberer Energie" bestehen soll.