Kurzer Siegestaumel

Vom tiefen Fall der Muslimbruderschaft in Ägypten

Der frühere ägyptische Präsident Mohammed Mursi
Mohammed Mursi wurde 2013 vom Militär gestürzt © picture alliance / dpa / Fernando Bizerra Jr
Von Katreen Müller · 22.12.2015
Als Mohammad Mursi im Frühsommer 2012 den Tahrir-Platz in Kairo betrat, brandete ihm unbeschreiblicher Jubel entgegen. Am nächsten Tag sollte er als erster frei gewählter Präsident seines Landes den Amtseid ablegen. Ein Muslimbruder im höchsten Amt des ägyptischen Staates. Nur ein Jahr später endete der kurze Höhenflug der Islamisten. Wie konnte nach so langer Zeit der Siegestaumel so kurz und der Fall so tief sein?
Millionen protestierten gegen die religiös verbrämte Herrschaft, am Ende schritt das Militär ein und setzte den Präsidenten ab. Er sowie die Führung der Muslimbruderschaft und Tausende anderer ihrer Anhänger wurden weggesperrt, jegliche Gegenwehr blutig unterdrückt. Der Aufstieg der Bruderschaft hatte mehr als 80 Jahre gedauert. Er war von Unterdrückung gezeichnet, von Untergrundarbeit und Gefängnis, aber auch von Arrangements mit der staatlichen Führung und von Opportunismus.
Produktion: DLF 2015